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Das Karpatenschloß

Das Karpatenschloß

Titel: Das Karpatenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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fort.
    »Gesagt hab’ ich es wohl ... ganz sicher, und wahrhaf-
    tig ... wenn es sich nur darum handelt, es zu wiederholen.«
    »Es handelt sich darum, es zu tun.«
    »Es zu tun?«
    — 71 —
    »Ja, und statt es Ihnen zuzutrauen, begnügen wir uns da-
    mit, Sie darum zu ersuchen«, fügte Meister Koltz hinzu.
    »Ja, Ihr begreift, meine Freunde ... natürlich ... ein der-
    artiger Vorschlag ...«
    »Nun also, da Ihr zögert, Doktor«, ließ sich der Wirt
    vernehmen, »so ersuchen wir Euch darum nicht, sondern
    trauen es Euch einfach nicht zu.«
    »Ihr traut es mir nicht zu?«
    »Ja, Doktor!«
    »Ihr geht gleich zu weit, Jonas«, mischte sich da der Biró
    ein. »Man darf so etwas von Patak nicht behaupten. Wir
    wissen, daß er ein Mann von Wort ist; was er gesagt hat, daß
    er tun werde, das wird er auch tun, und wär’s auch nur um
    dem Dorf, nein, dem ganzen Land einen wichtigen Dienst
    zu erweisen.«
    »Es ist also euer Ernst? Ihr wollt, daß ich zum Schloß
    gehe?« rief der Doktor, dessen kupferiges Gesicht ganz blaß
    wurde.
    »Davon werdet Ihr nun nicht loskommen«, erklärte
    Meister Koltz entschieden.
    »Ich bitte Euch aber, bester Freund, ich bitte Euch, das
    wollen wir uns doch erst überlegen!«
    »Überlegt ist schon alles«, ließ Jonas sich vernehmen.
    »Seid einmal gerecht. Wozu würde es nützen, wenn ich
    nun wirklich dorthin ginge, und was könnte ich bestenfalls
    finden? Einige wackere Leute, die in der Burg ein Unter-
    kommen gesucht haben und die keinen Menschen belästi-
    gen.«
    — 72 —
    »Desto besser«, meinte Magister Hermod, »wenn da so
    wackere Leute sind, habt Ihr ja gar nichts zu fürchten, und fin-
    det vielmehr Gelegenheit, ihnen Eure Dienste anzubieten.«
    »Wenn sie mich brauchen«, erwiderte Doktor Patak, »wer-
    den sie mich rufen lassen, dann werd’ ich, das könnt Ihr mir
    glauben, keinen Augenblick zögern, mich zum Schloß zu
    begeben. Ohne gerufen worden zu sein, laufe ich aber nicht
    nach auswärts, und für nichts und wieder nichts mache ich
    auch keine Besuche.«
    »Nun, Eure Mühe wird natürlich bezahlt werden«, versi-
    cherte Meister Koltz, »ohne daß Ihr aufs Honorar zu warten
    braucht.«
    »Wer soll mich denn bezahlen?«
    »Ich ... wir alle ... soviel Ihr fordert!« antworteten die
    meisten Stammgäste Jonas’.
    Trotz seiner fortwährenden Prahlereien war der gute
    Doktor offenbar genau derselbe Hasenfuß wie die übrigen
    Bewohner von Werst. Nachdem er sich so oft als Freigeist
    aufgespielt und die Legenden des Landes bespöttelt hatte,
    brachte es ihn jetzt in schwere Verlegenheit, das an ihn ge-
    richtete Gesuch abzuschlagen. Doch selbst wenn man ihn
    freiwillig honorierte, war die Aufgabe, zum Karpatenschloß
    zu gehen, gar nicht nach seinem Sinn. Er suchte also durch
    alle erdenklichen Gründe nachzuweisen, daß dieser Ver-
    such keinen Zweck haben könne, daß das ganze Dorf sich
    der Lächerlichkeit aussetze, wenn er losgeschickt würde, die
    Burg zu durchsuchen. Seine Beweise brannten ihm jedoch
    sozusagen von der Pfanne.
    — 73 —
    »Hört mal, Doktor«, wandte Magister Hermod dagegen
    ein, »mir scheint, Ihr habt dabei doch gar nichts zu riskie-

ren, Ihr glaubt ja sowieso nicht an Geister .«
    »Nein, daran glaube ich nicht.«
    »Nun also, sind es keine Geister, die dort im Schloß ihr
    Wesen treiben, so sind es menschliche Geschöpfe, die sich
    dort befinden, und Ihr könnt bei dieser Gelegenheit be-
    quem Bekanntschaft mit ihnen machen.«
    Dieser Einwand des Lehrers entbehrte ja nicht der Logik,
    und es war gewiß nicht leicht, ihn zu widerlegen.
    »Zugegeben, Hermod«, antwortete der Doktor, »ich
    könnte aber auf der Burg zurückgehalten werden.«
    »Das wäre doch ein Beweis, daß Ihr gut aufgenommen
    würdet«, versetzte Jonas.
    »Sicher; doch wenn meine Anwesenheit nun länger dau-
    erte und wenn dann jemand im Dorf meine Hilfe brauchte.«
    »Keine Angst! Uns geht es allen ausgezeichnet«, versi-
    cherte Meister Koltz, »und seit Euer letzter Patient das Billet
    nach jener Welt gelöst hat, gibt es in Werst keinen einzigen
    Kranken.«
    »Nun heraus mit der Sprache«, drängte der Gastwirt,
    »wollt Ihr gehen oder nicht?«
    »Meine Güte, nein!« gab der Doktor zur Antwort. »Aus
    Furcht weigere ich mich wahrlich nicht. Ihr wißt ja, daß ich
    an Hexereien überhaupt nicht glaube. Nein, die ganze Ge-
    schichte erscheint mir aber äußerst dumm und, das wieder-
    hole ich Euch, einfach lächerlich. Weil da aus einem Turm-
    schornstein etwas

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