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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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erster Linie, um sie zu schützen, erklärte er: »Ein Unfall.«
    »Das war es«, nickte sie schwach.
    »Ich glaube, das ist uns allen klar«, sagte Major Geschenko mit einer Spur angespannter Gereiztheit. »Eine allergische Reaktion.«
    Du glaubst ihr? dachte Lars erstaunt. Ein Mann in deinem Beruf? Oder soll nur ich es nicht wissen?
    Nein, Freund, sagte er sich, dir kann man nichts vormachen. Du bist ein Profi. Und selbst ich kann einen Unfall von dem unterscheiden, was Wirklichkeit ist. Das war Wirklichkeit. Sie hat einen Versuch unternommen, und dann bekam sie Angst, weil das auch ihr Ende gewesen wäre. Sie muß es begriffen haben, als sie sah, wie die Droge zu wirken begann, als sie die Heftigkeit der somatischen Reaktion erkannte. Sie ist nur einfach nicht erwachsen, dachte er. Sie sah nichts voraus.
    Aber warum? fragte er sich. Angst, daß ich sie verdrängen könnte? Oder eine ganz andere Angst?
    Eine viel vernünftigere.
    Er sagte zu Lilo: »Es ist die Waffe.«
    »Ja.« Sie nickte starr.
    »Sie dachten, es würde kommen«, fuhr er fort. »Durch uns, wie sie es sich erhofft hatten.«
    »Es wäre zuviel«, sagte Lilo.
    Er begriff.
    »Die alte Zeit, vor den Protokollen«, meinte er. »Als es keine Vereinbarung gab. Keinen Schwindel. Als alles noch echt war.«
    »Es kam zurück«, flüsterte Lilo. »Ich spürte es sofort, als ich Sie sah. Gemeinsam würden wir es tun, und es würde getan werden, und niemand konnte das mehr ändern. Wir in unserem erweiterten Bewußtsein, wohin sie nicht können, selbst mit Mescalin-Psilocybin-Psilocyb mexicana-Stropharia cubensis-d-lyserg-säurediäthylamid, alles zusammen; sie können uns nicht folgen. Und das wissen sie.«
    Major Geschenko, der zornig geworden war, sagte laut, fast schreiend zu ihr: »Die Satelliten! Drei! Hören Sie mich? Und es wird einen vierten und fünften geben, und das ist unser Ende!«
    »Schon gut«, erwiderte sie gefaßt, »ich höre. Sie haben zweifellos recht.«
    Major Geschenko sagte mit bitterer, höhnischer Wut zu Lars: »Zweifellos.« Er starrte Lars prüfend an, um seine Reaktion zu ermessen.
    Lars entgegnete mühsam: »Sie werden sich über mich oder meine Haltung nie Sorgen machen müssen. Sie ist vom Gefühl her im Irrtum. Ich sehe das deutlich – weshalb Sie sie stets so streng unter Beobachtung gehalten haben. Ich verstehe vollkommen. Von jetzt an möchte ich Doktor Todt ...«
    »Er wird in einigen Minuten hier sein«, versicherte ihm Major Geschenko. »Und er wird ständig in Ihrer Nähe sein, so daß nicht einmal entfernt für sie die Möglichkeit besteht, einen psychotischen Coup zu unternehmen, um sich gegen eingebildete Angriffe zu verteidigen. Und wenn Sie wünschen, kann zusätzlich noch einer unserer Stabsärzte ...«
    »Todt genügt«, sagte Lars und setzte sich auf.
    »Hoffentlich haben Sie recht«, seufzte Major Geschenko. Es klang, als habe er schwere Bedenken. »Jedenfalls richten wir uns in dieser Frage nach Ihren Wünschen.« Zu Lilo sagte er: »Sie könnten vor Gericht gestellt werden, wissen Sie das?«
    Sie schwieg.
    »Ich möchte das Risiko eingehen«, erklärte Lars. »Ich möchte weiter mit ihr arbeiten. Im Grunde haben wir noch gar nicht angefangen. Wir sollten es sofort tun. Ich glaube, die Situation verlangt es.«
    Lilo Toptschew zündete sich wortlos, mit zitternden Händen, wieder die Zigarre an. Ohne ihn zu beachten, den Blick starr auf das Streichholz gerichtet, paffte sie grauen Rauch.
    Er wußte in diesem Augenblick, daß er ihr lange, lange Zeit nicht trauen würde. Daß er sie nicht einmal verstehen konnte.
    »Sagen Sie«, wandte er sich an Geschenko. »Haben Sie die Autorität, zu verlangen, daß sie die Zigarre ausmacht? Ich kann da nur sehr schwer atmen.«
    Zwei KWB-Beamte in Zivil traten sofort auf Lilo zu.
    Sie ließ die brennende Zigarre trotzig auf den Boden fallen.
    »Sie hebt sie nie auf«, sagte Lars, als alle sie anstarrten. »Da können Sie ewig warten.«
    Ein KWB-Mann bückte sich, hob die Zigarre auf und drückte sie in einem Aschenbecher aus.
    »Aber ich werde mit Ihnen arbeiten«, sagte Lars zu Lilo. »Verstehen Sie mich?« Er beobachtete sie scharf, versuchte zu erraten, was sie dachte und empfand, aber er sah nichts. Selbst die Profis rings um ihn schienen keine Vorboten wahrzunehmen. Sie hat sich uns entzogen, dachte er. Wir werden eben auf dieser schlechten Grundlage weitermachen müssen. Und sie hält unser aller Leben in diesen kindlichen Händen.
    Mein Gott, dachte er, was für ein

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