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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Blaulicht der Peterwagen, die ohne Sirenengeheul die Friedrichstraße hinunterkamen. Er und Irina folgten Schiller zu seinem Wagen, der hinter der nächsten Ecke stand. Als sie anfuhren, schaltete Schiller sein Funkgerät auf Empfang.
    Die Polizeibeamten mußten erst die richtige Adresse ausfindig machen und vier Stockwerke durchsuchen, ehe sie die Leichen fanden. Es gab keine Zeugen im Gebäude. Möglicherweise hatte jemand aus einer gegenüberliegenden Wohnung beobachtet, wie sie das Haus verließen, aber was konnte er schon aus hundert Meter Entfernung in der Dunkelheit gesehen haben als zwei Männer und eine Frau?
    »Wir können nichts machen«, sagte Schiller. »Sie haben überall in der Wohnung Ihre Fingerabdrücke hinterlassen, aber die dürften schwer zu identifizieren sein. Ihre Freundin sagt, daß auch sie selbst in Deutschland nie aktenkundig geworden ist,  also  läßt  sich  über die Abdrücke nichts machen.«
    »Wie steht’s mit Ihnen?«
    »Ich habe die Maschinenpistole und die Magazine abgewischt und meine eigene Waffe nicht benutzt.«
    »Das meine ich nicht. Was ist mit Ihnen?«
    Peter Schiller fuhr eine Weile weiter, bevor er sagte: »Man muß einen offiziellen Bericht schreiben, wenn man von der Schußwaffe Gebrauch gemacht hat. Ich möchte nicht erklären müssen, warum ich vier Männer erschossen habe, die ich weder identifiziert noch vorher gewarnt habe. Es hätten schließlich auch vier unbeteiligte Besucher sein können, die für Greenpeace oder Mutter Teresa Geld sammeln wollten.«
    An Schillers Händen klebte Gipsstaub. Er wischte sie an seinem Hemd ab.
    »Ich möchte auch nicht erklären müssen, warum ich meinem Großvater geholfen habe. Das hier ist ein russischer Bandenkrieg, und ich will nicht, daß er in der Öffentlichkeit damit in Verbindung gebracht wird.«
    »Wenn man die Sache zurückverfolgt und auf mich stößt, weiß Federow Ihren Namen«, sagte Arkadi.
    »Ich glaube, nach dem Staatsstreich hat das Konsulat in München wichtigeres zu tun, als sich um uns zu kümmern.«
    Über Polizeifunk forderte der Einsatzleiter Krankenwagen an. Die erregte Stimme stand in krassem Gegensatz zur Stille des Tiergartens mit seiner schattigen Masse unter den morgendlichen Sternen.
    »Sie haben mich von Anfang an belogen«, sagte Schiller endlich. »Aber ich muß zugeben, daß Ihre Lügen instruktiver waren als alle anderen, die ich je gehört habe. Ich frage mich nur, was Sie sonst noch in petto haben. Ich hoffe immer noch, irgendwann die Wahrheit zu erfahren.«
    »Wenn wir zum Savignyplatz fahren, kann ich Ihnen vielleicht helfen«, sagte Arkadi.
     
    Arkadi saß auf einer Bank in einer der Lauben. Sein Rücken schmerzte. Er brauchte Aspirin oder Nikotin, aber er hatte weder Tabletten bei sich, noch riskierte er, eine Zigarette anzuzünden, da die Hecken um ihn herum unter dem langsam in Grau übergehenden Himmel noch im Dunkeln lagen. Von seinem Platz aus konnte er Schiller und Irina nicht sehen, die einen Häuserblock weiter im Wagen saßen. In der Galerie jedoch konnte er Licht erkennen, das offensichtlich die ganze Nacht über gebrannt hatte.
    In Moskau rollten jetzt unter dem gleichen Wolkendach Panzer durch die Straßen. War es ein Militärputsch? Beanspruchte die Partei ihre Rolle als Speerspitze des Volkes? Hatte man sich ernsthaft, mit beiden Händen, an die Arbeit gemacht, die Nation zu retten? So, wie die Partei Prag, Budapest und Ost-Berlin einmal gerettet hatte? Man hätte wenigstens aus der Ferne das Grollen eines Gewitters hören sollen.
    Abgesehen von den Bewohnern der Friedrichstraße schienen sämtliche Berliner die Nacht über fest geschlafen zu haben. Das deutsche Fernsehen hatte zur gewohnten Stunde seine Augen geschlossen. Arkadi vermutete, daß die Drahtzieher des Staatsstreichs wenigstens tausend der führenden Reformer in Haft genommen, das sowjetische Fernsehen und die Rundfunkstationen besetzt sowie Flughäfen und Telefonleitungen gesperrt hatten. Er zweifelte nicht daran, daß Oberstaatsanwalt Rodionow die Notwendigkeit eines Staatsstreichs bedauerte, aber wie jeder Russe wußte, wurden harte, unliebsame Aufgaben am besten möglichst schnell erledigt. Was Arkadi nicht verstand, war, warum Gubenko und Max es so eilig hatten, nach Moskau zurückzukehren. Wie konnte ein Flugzeug aus dem Ausland überhaupt landen, wenn die Flughäfen geschlossen waren? Es wäre eine gute Zeit, Radio Liberty zu hören. Er fragte sich, was Stas wohl zu sagen hatte.
    Ein leichter

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