Das Land am Feuerfluss - Roman
konnte, außer bei ihm zu bleiben und auf Hilfe zu warten. Daher legte sie sich neben die beiden, den Arm beschützend über Max’ Bauchgegend gelegt in der Hoffnung, dass er ihre Anwesenheit spürte und daraus Trost und Kraft bezog.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, verblasste der Mond und der lange Schatten der Windmühle war quer über die Lichtung gekrochen. Molly war zurückgekehrt, und die beiden Stuten dösten unter den Bäumen, während Brandy winselte und Max das Gesicht leckte.
Sie wurde vollends wach und richtete sich auf. Max atmete nicht mehr.
Während der Hund jaulend an Max herumschnüffelte, suchte sie hektisch nach einem Pulsschlag. Doch da war nichts. Max’ Haut war kalt und bleich wie Marmor im Mondschein, seine Augen starrten leer in den nächtlichen Himmel. Er war von ihr gegangen.
Tränenüberströmt nahm sie Max in die Arme und drückte ihn an ihr Herz. »O Max, mein Liebster«, flüsterte sie an seiner leblosen Wange und wiegte sich vor und zurück. »Es wäre so schön gewesen –«
Die Trauer war zu tief für Worte. Sie drückte Max an sich und hoffte inbrünstig, dass er wusste, wie sehr sie ihn geliebt hatte.
Danny hatte die Augen aufgeschlagen und festgestellt, dass die Nacht hereingebrochen war – aber es war eine eigenartige Dunkelheit, denn sie war durchsetzt mit Rot und angefüllt mit dichtem, erstickendem Rauch. Wo bin ich, und wie bin ich da hingekommen?, fragte er sich im ersten Moment – dann fiel es ihm wieder ein.
Sofort richtete er sich auf, ein wenig gebeutelt zwar, aber noch an einem Stück. Der Rauch raubte ihm die Sicht, und er musste husten. Da erst wurde ihm klar, dass er in großen Schwierigkeiten steckte.
»Hilfe!«, schrie er. »Zu Hilfe! Ich bin hier!« Seine Stimme klang dünn, der Rauch erstickte sie, aber er rief weiter in der Hoffnung, John Miller werde ihn hören.
Aber er erhielt keine Antwort.
Vor Angst zitternd kauerte sich Danny zwischen die Felsbrocken unter dem Kliff. Er hatte keine Ahnung, wie lange er dort gelegen hatte oder wie nah das Feuer sein mochte. Der Soldat könnte inzwischen meilenweit entfernt sein. Er musste von dem Feuer wegkommen – musste seinen Weg nach Hause finden –, aber der Rauch war so dicht, dass er nicht weiter als ein paar Schritte sehen konnte.
»Hilfe! Hilfe!«, schrie er. »Ich bin hier drüben an den Felsen.«
Der Rauch wogte und rollte wie ein großes graues Meer, und als Danny ängstlich hineinspähte, sah er etwas, was langsam Form annahm.
Es war die Silhouette eines Mannes – einer hohen Gestalt mit breitkrempigem Schlapphut und langem Armeemantel. Seine Gesichtszüge waren vom Rauch verhüllt, aber seine Stimme war tief und beruhigend. Er hielt auf Danny zu. »Alles in Ordnung, mein Kleiner. Ich bin hier. Du bist jetzt in Sicherheit.«
Dannys Herz pochte. »Daddy? Daddy, bist du das wirklich?«
15
D ie Wassertanks waren leer, daher hatte Ben sie ans nächste Bohrloch geschickt, damit sie wieder aufgefüllt wurden. Es dauerte fast zwei Stunden, bis sie wieder da waren, und in der Zeit gab es vier weitere Verletzte, die zurück nach Morgan’s Reach gefahren werden mussten.
Ben konnte die Arbeitskräfte eigentlich nicht entbehren. Mehrere Hundert Freiwillige bekämpften das Feuer im Süden und noch viel mehr waren drüben in Carey Downs damit beschäftigt. Doch als die Dunkelheit hereinbrach und die Flammen unvermindert aufloderten, hatte er nicht das Gefühl, große Fortschritte zu machen.
Er und die Männer an seiner Seite waren von Wasser und Schweiß durchtränkt, die Gesichter von Rauch und Asche geschwärzt; die angespannten Muskeln schmerzten, wenn sie über den verkohlten Waldboden stapften und das Feuer zurückdrängten.
Der Graben war fertig, obwohl er inzwischen wahrscheinlich nicht mehr nötig war. Die Männer, die ihn gegraben hatten, waren abgestellt worden, die Bäume zu fällen, die noch immer in Flammen standen. Ben hatte die jüngeren als Läufer eingesetzt, die den anderen dringend benötigtes Trinkwasser brachten, wenn sie gerade nicht gebraucht wurden, um Verletzte ins Krankenhaus zu bringen. Alle waren erschöpft, obwohl Ben dafür gesorgt hatte, dass Jung und Alt regelmäßig Pausen einlegten und etwas tranken und aßen, bevor sie ins Schlachtgetümmel zurückkehrten.
Er blinzelte den Schweiß aus den Augen und spähte durch den dichten Rauch auf einen Konvoi aus Lastwagen, der ins Tal fuhr. »Endlich!«,
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