Das Leben ist ein Baumarkt
Stunden später bin ich wieder im Außenbereich, um einem Kunden eine Palette Pflanzsteine aufzuladen. Dabei bekomme ich einen Streit zwischen zwei Männern mit. »Ja, bist du so blöd oder tust du nur so?«, brüllt der eine den anderen an, woraufhin dieser erwidert: »Ja, wer von uns ist denn hier der Depp? Das bist ja wohl du.«
»Na, das will ich mir doch mal aus der Nähe ansehen«, denke ich und verlade im Rekordtempo die Palette mit den Pflanzsteinen. Kaum bin ich bei den beiden Streithähnen angekommen, wird mir auch sofort klar, worum es geht. Um die reservierte Palette mit den Gehwegplatten. Zwischenzeitlich hat nämlich offenbar ein anderer Kunde genau solche Platten gekauft und lädt diese nun auf seinen Anhänger. Das Dumme daran ist nur, dass er sich ausgerechnet an der Palette bedient, die der Kunde Schneider vorhin telefonisch bei mir reserviert hat.
»Ja, kannst du nicht lesen?«, fragt er den vermeintlichen Plattendieb. »Da steht mein Name drauf.«
Das scheint diesen jedoch ziemlich kaltzulassen. Stattdessen stellt er nur eine kurze Gegenfrage: »Hast du die überhaupt schon bezahlt?«
»Nein, aber das mach ich gleich. Und reserviert ist reserviert. Das sind meine Platten«, meint Schneider.
Als er dann auch noch anfängt, die Platten wieder vom Anhänger des anderen Kunden abzuladen, und dieser ihn warnt: »Wenn du nicht gleich deine Griffel aus meinem Hänger nimmst, dann scheppert’s«, beschließe ich, doch lieber mal einzuschreiten.
»Was ist denn los?«, frage ich, und Schneider beginnt sofort zu schimpfen: »Der Depp hier lädt einfach meine Platten auf, die ich reserviert habe. Der ist doch nicht ganz sauber.«
»Gut, aber warum die Aufregung?«, frage ich. »Es sind doch nun wirklich genug Platten für beide da.« Dabei deute ich auf die restlichen rund 30 Paletten.
»Ja, aber ich habe die doch extra reserviert«, meint der Kunde Schneider, und ich frage ihn: »Haben Sie die denn auch schon bezahlt?«
»Ich komm ja nicht dazu«, schnaubt er. »Aber da steht doch mein Name drauf.«
»Wenn das das einzige Problem ist, kann ich ganz schnell helfen«, denke ich, reiße den Reservierungszettel von der Palette herunter und klebe ihn auf eine von den anderen 30. »So, das ist jetzt die reservierte Palette. Das mit der anderen war ein Irrtum. Und wenn Sie jetzt reingehen und die Platten bezahlen, dann hebe ich sie Ihnen sogar noch mit dem Stapler auf den Lkw.«
Irgendwie scheine ich ihn damit etwas überfordert zu haben. Denn es dauert einige Sekunden, bis er seine Sinne wieder beisammen hat und dann antwortet: »Na, das ist doch mal ein Wort. So machen wir das.«
Während Schneider sich an der Kasse anstellt, um die Gehwegplatten zu bezahlen, kommt der Plattendieb auf mich zu und sagt: »Der hat sie doch nicht alle. Regt sich voll auf wegen den paar Platten. Dabei habt ihr ja noch ’nen Haufen davon.«
»Genau, wir haben noch ’nen Haufen davon. Wenn das aber die letzten gewesen wären, dann wären Sie der Letzte, der mit diesen Platten vom Hof gefahren wäre. Denn was ich gar nicht leiden kann, ist, wenn mir jemand etwas von reservierter Ware wegnimmt und ich dann dastehe wie der letzte Depp. Und das nur, weil jemand nicht lesen kann oder es ihm einfach scheißegal ist.«
Der Balkon
Wenn jemand ganz genau nach speziellen Dingen fragt, dann sollte man eigentlich meinen, dass er weiß, was er damit vorhat. Ganz anders verhält es sich allerdings bei dem Kunden, der gerade vor mir steht und mich nach Winkeln und Dübeln fragt. Stutzig werde ich eigentlich erst in dem Moment, als er auch noch einen wirklich guten Kleber empfohlen haben möchte. »Wofür soll der Kleber denn sein?«, forsche ich nach.
»Ja, wissen Sie, ich baue mir gerade einen Balkon …«, antwortet er.
»Ah ja, aber was hat der Kleber damit zu tun?«
Hätte ich geahnt, was er mir jetzt für eine Geschichte ins Ohr drückt, hätte ich wahrscheinlich gar nicht erst nachgefragt.
»Den Kleber brauche ich eigentlich nur zur Sicherheit«, erklärt er. »Ich baue ja einen Balkon an mein Haus. Da schraube ich mit den Winkeln und den Dübeln ein paar Balken als Träger an die Hauswand. Und damit die dann auch wirklich hundertprozentig halten, wäre es nicht schlecht, wenn Sie da einen guten Kleber hätten, mit dem ich die Stirnseiten der Balken noch zusätzlich ankleben könnte, damit sie auch wirklich fest sitzen.«
»Nur damit ich das richtig verstehe«, frage ich nach. »Sie machen erst ein paar Querbalken
Weitere Kostenlose Bücher