Das Leben meiner Mutter (German Edition)
nichts zu klagen hatten, verschwand das anfängliche Mißtrauen. Im übrigen kaufte der Händler auch schlachtreife, sogenannte »Menzkühe«, die nicht mehr gebärfähig waren, und bezahlte zufriedenstellende Preise. Er legte stets die bare Summe hin und war nicht kleinlich. Wenn auch die großen Bauern kein gutes Haar an den bekannten »Schlesingerkühen« ließen und höhnisch über den Händler schimpften, die kleinen Leute gewöhnten sich mit der Zeit an ihn und mochten ihn gern. Jeder rühmte seine noble, großzügige Geschäftspraxis, und wo immer er hinkam, man schenkte ihm Vertrauen.
Das wußte der Maxl schon lange.
»Mag’s sein, wie’s will!« sagte nach dem langen Disput der Schmalzer-Franz und klopfte auf den glatten Hals der prustenden, schwerfällig dahintrottenden Kuh, deren volles Euter bei jedem Schritt hin- und herschlenkerte, »ihr Geld ist sie wert, die Kuh, Maxl. Da hast du einen guten Fang gemacht.«
Es war stockdunkel, und der feine, durchdringende Regen rauschte unablässig hernieder. Der Maxl schwieg und lächelte in einem fort glücklich vor sich hin.
Das war vier Tage vor der Abreise der Voshanks. Patschnaß kamen die zwei Männer zu Hause an, und während der Franzl die Kuh in den Stall führte, lief der Maxl in die Stube, wo Mutter und Geschwister beisammensaßen. Hell lachte er auf und schrie übermütig: »Zwei Küh’ haben wir jetzt! Herrgott! Herrgott, so was hätt’ ich nie geglaubt!« Er sah das erschreckte Gesicht seiner Mutter nicht, er hörte kaum, was die anderen sagten.
»Schaut euch das Prachtstück an«, rief er, und alle folgten ihm in den Stall, wo der Schmalzer-Franz der eben angeketteten neuen Kuh zu saufen gab und Häcksel in den Barren warf. Das Pferd und die alte Kuh waren aufgewacht und trippelten unruhig im Stroh herum. Durch das Geplapper der Staunenden erschreckt, fing das Roß zu wiehern an, und die Kuh brummte mürrisch. Futterneidisch begann sie zu fressen. Die neue Kuh glotzte die vielen Menschen an, die sie betasteten und streichelten, zeigte keinen Appetit und muhte laut auf. Wie aufgepumpt sah ihr schwer nach unten sackender, schwarzweiß scheckiger Leib aus. Der Schmalzer-Franz gab wiederum sein bestes Lob ab, und nach vielem Wundern und Schwatzen gingen alle in die Stube zurück.
Dort erzählte der Maxl zum erstenmal von seiner bevorstehenden Heirat. So überrascht waren alle davon, daß sie ihn eine Weile mit offenen Mäulern und Augen wortlos anstarrten. Er aber redete und redete, zwischenhinein lachte er, und auf seinen Zügen lag ein Schimmer von verhaltenem Triumph.
»Die Heimrath-Resl? … Ja, ist denn das ganz gewiß?« fragte endlich die Stellmacherin ungläubig.
»Ja, Mutter! Verlaß dich drauf! … Mit der alten Heimrathin bin ich schon einig!« antwortete der Maxl siegessicher und fing an, die Resl zu rühmen. Der Reihe nach zählte er ihre Vorzüge auf: was sie für einen Batzen Geld mitbekomme und was für eine ansehnliche Aussteuer, was sie für eine fleißige, verträgliche Person sei, und – meinte er nicht ohne Stolz – sie stelle doch als Geschäftsfrau »was vor«.
»Hm, Maxl, Glück hast du wirklich, das muß man sagen. Da kann man dir nur gratulieren«, sagte die Kathl, und es klebte eine weiche Traurigkeit an ihren Worten.
Die Stasl und der Voshank sahen betroffen geradeaus und schienen nachzudenken.
»Beim Heimrath hat jede das Arbeiten gelernt«, brummte der Lorenz. Da endlich räusperte sich die Stasl und sagte ein wenig spitz: »Das trifft sich ja gut, daß wir fortgehn, Maxl … Fein hast du das ausgerechnet!«
Es klang ein wenig nach geheimem Neid und wieder entfachtem Argwohn. Der Maxl schaute sie offen an, ganz ungereizt und antwortete: »Früher oder später, Stasl, wär’ ja doch alles so gekommen.« Eine kurze, stockende Pause trat ein. Nach und nach fingen alle wieder zu reden an. Endlich ging man zu Bett.
»Du!« raunte die Stasl ihrem Mann zu, als sie in der elterlichen Ehekammer standen, »er ist doch ein falscher Tropf, der Maxl! Ich wett’, die andern, die Kathl und der Lorenz, kriegen viel mehr als wir, wenn sie einmal heiraten. Von uns hat er sich am billigsten losgekauft. Drum hat er’s auch so eilig gehabt.«
»Hm«, machte der Voshank, »hm, kann man nichts machen.« Sie löschten die Kerze aus, legten sich hin, bald darauf schnarchte er sägend. Die Stasl starrte lange verärgert zur dunklen Decke empor, und manchmal knirschte sie. Mag sein, daß sie sogar ihrem ewig stumpfen Mann
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