Das Letzte Plädoyer: Roman
Danny. »Und das würde auch erklären, warum er bereit war, die Schuld auf sich zu nehmen, obwohl du einen direkten Befehl missachtet hast.«
»Ich habe vor dem Kriegsgericht die Wahrheit gesagt«, wiederholte Big Al. »Sie haben Nick trotzdem die Streifen genommen und ihn acht Jahre hinter Gitter geschickt, weil er in Ausübung seiner Pflicht nachlässig und rücksichtslos gewesen sein soll. Glaubst du, es würde auch nur ein Tag vergehen, an dem ich nicht daran denke, welches Opfer er für mich gebracht hatte? Aber einer Sache bin ich mir sicher: Er würde wollen, dass du seinen Platz einnimmst.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
»Lies weiter, Dannyboy, lies weiter.«
»An dieser ganzen Sache stimmt etwas nicht«, erklärte Ray Pascoe.
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte der Direktor. »Sie wissen so gut wie ich, wie oft es vorkommt, dass sich ein Lebenslänglicher umbringt, wenn sein Berufungsantrag abgelehnt wird.«
»Ja aber doch nicht Cartwright. Der hatte viel zu viel, wofür es sich zu leben lohnte.«
»Wir haben keine Ahnung, was in seinem Kopf vor sich ging«, erwiderte der Direktor. »Vergessen Sie nicht, dass er seine Zelle kurz und klein schlug und in Isolationshaft saß. Er hat sich auch geweigert, seine Verlobte oder sein Kind zu sehen, wenn sie zu Besuch kamen – wollte nicht einmal ihre Briefe öffnen.«
»Das stimmt. Aber kann es wirklich reiner Zufall sein, dass das nur wenige Tage nach Leachs Drohung, ihn fertigzumachen, passiert ist?«
»Sie haben in Ihrem letzten Bericht geschrieben, dass es seit dem Bibliotheksbuchvorfall keinen Kontakt zwischen den beiden gab.«
»Und genau das bereitet mir Kummer«, sagte Pascoe. »Wenn man jemanden umbringen will, ist das Letzte, was man will, in dessen Nähe gesehen zu werden.«
»Der Arzt hat bestätigt, dass Cartwright an einem gebrochenen Genick starb.«
»Leach ist durchaus fähig, einem Menschen das Genick zu brechen.«
»Nur weil er ein Bibliotheksbuch nicht zurückgegeben hat?«
»Und einen Monat lang in Isolationshaft saß«, ergänzte Pascoe.
»Was ist mit der Kassette, von der Sie gesprochen haben?«
Pascoe schüttelte den Kopf. »Da bin ich noch nicht weiter«, räumte er ein. »Ist nur so ein Bauchgefühl …«
»Wenn Sie erwarten, dass ich eine Ermittlung einleite, Ray, dann sollten Sie mehr zu bieten haben als ein Bauchgefühl.«
»Wenige Minuten bevor die Leiche gefunden wurde, rempelte mich Leach absichtlich an.«
»Ja und?«, fragte der Direktor.
»Er trug brandneue Laufschuhe.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Mir fiel auf, dass er seine blauen Gefängnisturnschuhe trug, als das Spiel begann. Wie kommt es, dass er brandneue Adidas-Laufschuhe trug, als das Spiel endete? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»So sehr ich Ihre Beobachtungsgabe schätze, Ray, das reicht mir als Beweis nicht aus, um eine Ermittlung in die Wege zu leiten.«
»Seine Haare waren nass.«
»Ray«, sagte der Direktor. »Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder akzeptieren wir den Befund des Arztes und bestätigen unseren Oberen im Innenministerium, dass es Selbstmord war, oder wir rufen die Polizei und bitten sie, die Ermittlungen aufzunehmen. Für die zweite Möglichkeit benötige ich etwas mehr als nasse Haare und neue Laufschuhe.«
»Aber wenn Leach –«
»Die erste Frage, die man uns stellen wird, lautet, warum wir Leach nicht an dem Tag in ein anderes Gefängnis verlegen ließen, als wir von seiner Drohung gegenüber Cartwright erfuhren.«
Es klopfte sacht an die Tür.
»Herein!«, rief der Direktor.
»Tut mir leid, wenn ich störe«, entschuldigte sich seine Sekretärin, »aber ich dachte mir, dass Sie das hier sofort sehen wollen.« Sie reichte ihm ein Blatt liniertes Gefängnispapier.
Er las die Notiz zweimal, bevor er sie Ray Pascoe reichte.
»
Das
nenne ich einen Beweis«, sagte der Direktor.
Payne führte einen Kunden durch ein Penthouse in Mayfair, als sein Handy klingelte. Normalerweise drückte er den Anrufer gleich weg, wenn er mit einem potentiellen Käufer unterwegs war, aber als der Name
Spencer
auf dem Display erschien, entschuldigte er sich und ging in einen Nebenraum, um das Gespräch anzunehmen.
»Gute Nachrichten«, sagte Craig. »Cartwright ist tot.«
»Tot?«
»Er hat Selbstmord begangen – man fand ihn aufgeknüpft in der Dusche.«
»Woher weißt du das?«
»Steht auf Seite 17 des
Evening Standard
. Er hat sogar einen Abschiedsbrief hinterlassen. Das ist das Ende unserer
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