Das letzte Treffen
Haraldur schadenfroh. »Du
solltest wohl besser auf dem Laufenden sein, was deine Klienten angeht.«
Arroganter Sesselfurzer!
Ich lege einfach auf. Rufe im
Frauenhaus an.
»Ja, das stimmt,
Baldvin hat uns die Schlüssel vom Haus zukommen lassen«, sagt
Fanney. »Wir wollen Sigurjóna und die Kinder heute Abend nach
Hause bringen.«
»Ich habe wenig
Hoffnung, dass Baldvin sein Versprechen lange einhält«, sage
ich. »Du musst dafür sorgen, dass die Schlösser des Hauses
ausgetauscht werden.«
»Ich werde es Sigurjóna
sagen.«
»Richte ihr auch aus,
ich melde mich in ein paar Tagen bei ihr.«
Auf dem Weg nach Hause höre
ich Kanal 2 im Radio. Jetzt kommt ein Interview mit Pfarrer David.
Er ist sowohl gekränkt
als auch wütend. Und kann es nicht verheimlichen.
»Es ist äußerst
schmerzvoll, von seinen langjährigen Mitarbeitern einen Dolchstoß
in den Rücken zu bekommen«, sagt er. »Ich habe mir immer
die größte Mühe gegeben, Gott und der Gemeinde zu dienen,
und die Reaktionen, die ich von meinen Gemeindemitgliedern in den letzten
Tagen bekommen habe, zeigen mir, dass die Leute wollen, dass ich diese
Arbeit fortführe. Es kommt daher für mich überhaupt nicht
in Frage, diesem heimtückischen Angriff nachzugeben.«
»Aber es ist nicht nur
die Mehrheit des Pfarrgemeinderats, die möchte, dass du gehst«,
sagt der Nachrichtengeier. »Der Küster und der Organist haben
beide die Forderung unterstützt, dich innerhalb der Kirche zu
versetzen. Ist das nicht ein Zeichen, dass du in der Gemeinde keinen Rückhalt
mehr hast?«
»Überhaupt nicht«,
antwortet Pfarrer David aufgebracht.
»Ich muss natürlich
die Äußerung meines Küsters unter den Vorzeichen lesen,
dass Ásgrímur der Vater von Hlédís ist. Sie
ist die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates und hat dieses gemeine Komplott
organisiert; er unterstützt einfach nur seine Tochter. Meine
Zusammenarbeit mit dem Küster war immer äußerst
zufriedenstellend, und ebenso habe ich immer gut mit dem Organisten
arbeiten können. Es verletzt mich wirklich sehr, wenn sie beide sich
auf dieses unterste Niveau begeben und sich auf diese Art missbrauchen
lassen, nur um mich aus dem Amt zu treiben. Aber ich bin ja weder der
Erste, noch werde ich der Letzte sein, der hinterrücks verraten wird.
›Wer heute Abend noch dein Freund ist, rafft dich morgen früh
dahin‹, sagte einst unser Hymnendichter von Saurbaer.«
»Aber ist es denn nicht
eindeutig, dass du dort nicht länger arbeiten kannst, nach diesem
Beschluss der Mehrheit des Pfarrgemeinderates und der Erklärungen
deiner engsten Mitarbeiter?«
»Nein, ganz und gar
nicht. Hier handelt es sich vor allem um ein Komplott, das die Vorsitzende
des Pfarrgemeinderates geschmiedet hat. Es ist mir natürlich nicht
entgangen, wie begeistert Hlédís von Pfarrer Robert ist,
meinem jungen und gutaussehenden Kollegen. Mir wurde vor einigen Monaten
klar, dass sie ihn nach besten Kräften protegieren will, aber man
darf solchen Gefühlen nicht blind nachgeben und die Gemeindearbeit
auf den Kopf stellen.«
»Was willst du damit
andeuten?«
»Ich möchte dich
einfach darauf hinweisen, dass es dieses Komplott mir gegenüber nur
gibt, weil Hlédís meint, Pfarrer Robert sollte mein Amt
übernehmen. Sie hat mich schon letztes Jahr Weihnachten gefragt, ob
es nicht langsam an der Zeit sei, mich nach einem langen Arbeitsleben in
der Kirche zurückzuziehen, aber ich habe ihr geantwortet, dass meine
Kräfte nach wie vor die gleichen sind und ich damit genauso
interessiert und fähig bin wie in meinen jüngeren Jahren, dem
Herrn zu dienen. Ich dachte, Hlédís hätte sich mit
dieser Auskunft abgefunden, aber stattdessen hat sie begonnen, hinter den
Kulissen daran zu arbeiten, mich fortzujagen, um diese Stelle für
ihren Günstling zu schaffen. Es wäre ein wirklich großer
Schock für die isländische Staatskirche, wenn solche Intrigen
durchkämen. Ich glaube nicht, dass der Bischof an diesem schmutzigen
Spiel teilnimmt.«
Hmm. Das hat er gar nicht
schlecht gemacht.
Ich koche mir einen
extrastarken Espresso, bevor ich mich in meinem Chefsessel niederlasse.
Schlürfe das schwarze Getränk aus einer kleinen japanischen
Tasse. Und denke über das Opfer auf der Midnesheidi nach. Donald
Garber.
Mir fehlt immer noch eine
Erklärung, warum ihm seine Kronjuwelen abgeschnitten
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