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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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großartiges Highland-Frühstück darauf arrangieren, und das Beste daran war, sie konnte es fix und fertig machen und hatte einen frühen Feierabend.
    Der war für Amy seit einiger Zeit sehr wichtig.
    John, ihr siebzehnjähriger Sohn, machte Schwierigkeiten. Ohne Schulabschluss und sträflich faul drohte er auf die schiefe Bahn zu geraten. Alle Ausbildungsversuche hatte er abgebrochen, wollte weder beim Bauern, noch beim Müller, weder beim Ranger oder im Pub arbeiten und lungerte den ganzen Tag zu Hause herum. Zwei Mal hatte sie ihn dabei ertappt, wie er ihre kleine Spardose ausräumte, und hatte er kein Geld, fuhr er per Anhalter nach Barcaldine und blieb tagelang verschwunden. Einmal hatte man ihn in Glasgow als Sprayer erwischt und eingesperrt, und sie musste persönlich hinfahren, um ihn aus der Jugendstrafanstalt zu holen und seine Strafe zu bezahlen. Ein anderes Mal hatte er in einer Disco bei Creagan randaliert, und nur weil Sergeant Marloff für ihn gebürgt hatte, kam er straffrei davon. Und jetzt, sie spürte es genau, braute sich wieder irgendetwas zusammen.
    Amy wusste, sie musste John strenger beaufsichtigen, um ihn vor sich selbst zu schützen, doch mit ihrer Arbeit bei der Ärztin war das so gut wie unmöglich. Auf ihren Lohn aber war sie angewiesen. Und gerade jetzt, wo er wieder so eine unruhige Phase hatte, war sie für jede Stunde dankbar, die sie zu Hause verbringen konnte.
    Aber wie sollte sie einen Sohn zu einem rechtschaffenen Mann erziehen, wenn sein eigener Vater so ein schlechtes Vorbild abgab? War er als Saisonarbeiter unterwegs, hatte sie John einigermaßen in der Hand, kam der Vater aber ohne Arbeit nach Hause, lungerte im Pub herum oder tüftelte mit anderen Arbeitslosen dumme Aktionen aus, dann hatte sie keine Gewalt über den Sohn. Dann wollte er wie der Vater sein, frei, gewalttätig, mutig und demonstrativ gegen alles und jeden und vor allem ohne jeglichen Respekt vor der eigenen Mutter.

Kapitel 20
    Seit jenem Tag, als er Lena zum ersten Mal gesehen hatte, ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er sah sie, nur mit Hemd und Höschen bekleidet, durch das Autofenster klettern, sah sie weinend an ihrem Gartentisch sitzen und dann, vor zwei Tagen, in Leggins und T-Shirt im Wald bei der Arbeit als Ärztin. Und er sah sie Hand in Hand mit einem Mann durch die Hügel laufen. Trotz seiner Bemühungen, sich selbst davon zu überzeugen, dass er wunderbar allein leben konnte und die Nähe einer Frau nicht brauchte, lag er nachts oft lange wach und sehnte sich nach ihr.
    In den vielen einsamen Jahren, in denen er mit seinem Leben zufrieden war, hatte er immer Möglichkeiten gefunden, gegen Gefühle, die mit Sehnsucht verbunden waren, anzukämpfen. Seine Arbeit in den Highlands, seine Tiere, das einsame Haus hatten ihm genügt. Warum raubten ihm jetzt Gedanken den Schlaf, die vollkommen unnötig waren? Und was hatte Lena Mackingtosh bewegt, ihn zum Abendessen einzuladen? War es ein Scherz, der einer Laune entsprang, die nichts zu bedeuten hatte?
    Oder war es mehr? Wusste sie nicht, dass eine Einladung zum Abendessen beinahe einer Aufforderung gleichkam, die Nacht miteinander zu verbringen? Und vor allem, wie würde sie sich entscheiden, ihn auf Schloss Archestown zu begleiten?
    Patrick McDoneral stand in seinem Schlafzimmer und überlegte, was er anziehen sollte. Er hätte seine leichte Reitkleidung bevorzugt, um mit Lady nach Broadfield zu reiten, aber der Landfunk für das östliche Benderloch, den er regelmäßig abhören musste, hatte Gewitter angekündigt, und das schwüle Wetter, das seit dem Mittag heraufgezogen war, bestätigte die Meldungen. Er musste mit Unwettereinsätzen rechnen, da war es besser, er zog die Uniform an und fuhr mit dem Geländewagen.
    Er sah aus dem Fenster. Ein erster Wind war aufgekommen. Die Laubbäume bewegten sich, und die raschelnden Blätter spiegelten seine innere Unruhe. Doch er wollte sich nicht eingestehen, dass die ungewohnte Unterbrechung seiner Einsamkeit die Ursache dafür war und nicht das angesagte Gewitter.
    Er schloss die Fensterläden im Haus, kontrollierte die Stalltüren, beruhigte die Hunde und das Pferd, die auf den abendlichen Ausritt hofften, und verschloss die Haustür. Wenn er pünktlich sein wollte, musste er jetzt los.
    Lena ahnte nichts von dem beginnenden Unwetter. Sie sah nur den Staub der Straße, der aufgewirbelt wurde, und spürte einen leichten Wind, der die Äste in Bewegung setzte. Sie hatte den Tisch im Garten gedeckt. So ein

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