Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
gehöre ich nicht zu denen, die an Ammenmärchen glauben, aber man weiß ja nie. Seht nur, was diesem Janos Slynt widerfahren ist. Von der Königin zum Lord von Harrenhal ernannt und von ihrem Bruder verbannt. Nun wird er zur Mauer verfrachtet, heißt es. Ich hoffe nur, dass schon
bald ein annehmbarer Gefangenenaustausch vereinbart werden kann. Bestimmt will Wylis nicht den Rest des Krieges herumsitzen. Mein Sohn ist ein tapferer Ritter und stark wie ein Mastiff.«
Als sich die Audienz ihrem Ende näherte, waren Brans Schultern vom Sitzen im Stuhl längst steif geworden. Und später, beim Abendessen, verkündete ein Horn die Ankunft eines weiteren Gastes. Lady Donella Hornwald zog keinen Rattenschwanz von Rittern und Vasallen hinter sich her, lediglich sechs erschöpfte Männer mit dem Elchkopf auf ihrer staubigen orangefarbenen Tracht. »Die Schicksalsschläge, die Ihr habt erleiden müssen, haben uns zutiefst erschüttert, Mylady«, sagte Bran, als sie ihm zur Begrüßung gegenübertrat. Lord Hornwald war in der Schlacht am Grünen Arm gefallen, ihr einziger Sohn war im Wisperwald getötet worden. »Winterfell wird ihrer gedenken.«
»Das ist sehr tröstlich.« Bleich und ausgemergelt stand sie vor ihm, jede Falte ihres Gesichts von Trauer gezeichnet. »Leider bin ich sehr müde, Mylord. Wenn ich mich zurückziehen dürfte …«
»Aber gewiss doch«, antwortete Ser Rodrik. »Morgen bleibt uns noch genug Zeit, um uns zu unterhalten.«
Am nächsten Tag drehte sich das Gespräch überwiegend um Getreide, Gemüse und Pökelfleisch. Nachdem die Maester der Citadel den Beginn des Herbstes verkündet hatten, begannen weise Männer, von jeder Ernte einen Teil zurückzulegen … allerdings bedurfte der Umfang dieser Vorräte offensichtlich weitschweifigen Geredes. Lady Hornwald wollte ein Fünftel ihrer Erträge einlagern. Auf Maester Luwins Vorschlag willigte sie ein, diesen Anteil auf ein Viertel zu erhöhen.
»Boltons Bastard zieht seine Männer bei Grauenstein zusammen«, warnte sie. »Ich hoffe, er will sie nach Süden führen, um dort zu seinem Vater bei den Zwillingen zu stoßen, aber als ich ihn nach seinen Absichten fragen ließ, erklärte er
mir, kein Bolton ließe sich von einer Frau ausfragen. Als sei er ein ehelicher Sohn und habe das Recht, diesen Namen zu tragen.«
»Soweit ich weiß, hat Lord Bolton ihn niemals anerkannt«, sagte Ser Rodrik. »Doch muss ich gestehen, ich kenne ihn gar nicht.«
»Nur wenige kennen ihn«, erwiderte sie. »Er hat bis vor zwei Jahren bei seiner Mutter gelebt, dann starb der junge Domeric und ließ Bolton ohne Erben zurück. Damals hat Lord Bolton seinen Bastard nach Grauenstein geholt. Man muss dem Jungen Verstand zubilligen, und er hat einen Diener, der beinahe so grausam ist wie er selbst. Stinker nennen sie den Mann. Es heißt, er würde niemals baden. Sie jagen zusammen, der Bastard und dieser Stinker, und nicht nur Wild. Die Geschichten, die ich über sie gehört habe, vermag ich kaum zu glauben, nicht einmal über einen Bolton. Und da nun mein Hoher Gemahl und mein lieber Sohn zu den Göttern heimgekehrt sind, wirft dieser Bastard gierige Blicke auf mein Land.«
Bran hätte der Lady gern hundert Mann zur Verteidigung ihrer Rechte zugestanden, Ser Rodrik sagte indes nur: »Mag er hungrige Blicke werfen; sollte er jedoch darüber hinaus etwas wagen, wird er härteste Vergeltung spüren, das verspreche ich Euch. Um Eure Sicherheit braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, Mylady … und in einiger Zeit, wenn Eure Trauer vorüber ist, werdet Ihr Euch vielleicht mit dem Gedanken an eine neue Heirat befassen.«
»Kinder werde ich in meinem Alter keinem Mann mehr gebären, und meine Schönheit ist auch lange dahin«, erwiderte sie mit müdem Lächeln, »und dennoch schleichen mir die Männer nach, wie sie es nie taten, als ich noch eine Jungfrau war.«
»Diese Freier sind Euch unangenehm?«, fragte Luwin.
»Sollte Seine Gnaden es befehlen, werde ich wieder in den Stand der Ehe treten«, gab Lady Hornwald darauf zurück,
»aber Mors Krähenfresser ist ein betrunkener Rohling und noch dazu älter als mein Vater. Und für meinen edlen Vetter von Manderly wird die Größe meines Betts nicht ausreichen, und um unter ihm zu liegen, bin ich gewiss zu klein und zerbrechlich.«
Bran wusste, dass Männer auf Frauen schliefen, wenn sie das Bett teilten. Unter Lord Manderly zu schlafen musste ungefähr so sein, wie unter einem gestürzten Pferd zu liegen, jedenfalls stellte er es
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