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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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in ihm aus. Er kam sich vor wie ein Dirigent. »Was soll mit ihm sein«, entgegnete er fast gelangweilt. »Ich werde ihn weiter unter meinen Fittichen halten. Er ist mir eine große Hilfe und hat es bei mir besser als im Waisenhaus.«
    Nun war es Marie, die nichts sagte.
    »Du glaubst doch nicht, dass du ihn mit dir nehmen kannst?«, ergänzte Calzabigi mit gespieltem Erstaunen. »Selbst wenn ich dir dies im Wissen deiner gegenseitigen Zuneigung ermöglichen wollen würde. Der König hat ihn der Wohlfahrt entrissen und in meine Obhut gegeben. Er würde es nicht gestatten, wenn du ihn mit dir nehmen würdest wie ein Kleinod. Erinnere dich, wie es dir erging, bevor du zu mir kamst. Und die hundert Louidor, die ich dir versprach: Sie würden euch beiden kaum ein paar Wochen genügen. Also, wenn du wirklich gehen willst, so gehe – aber allein.«
    Er fühlte sich schlecht, doch auch wenn er Charles als Pfand gebrauchte, war das, was er gesagt hatte, letztlich die Wahrheit. Marie war noch jung und hatte schon einmal mehr schlecht als recht für sich sorgen können. Und auch wenn ihr Herz an Charles hing, wäre es unvernünftig gewesen, ihn ihr zu überlassen. Die Liebe trieb einen manchmal dazu, unvernünftige Dinge zu tun. Marie kauerte nun neben ihm auf der Bank. Ihr Rücken war gebogen, als wenn eine tonnenschwere Last auf ihren Schultern ruhte.
    »Aber sei versichert, dass ich mich um ihn kümmere wie um einen Sohn«, beteuerte er. »Sobald er die Schrift beherrscht, könnte er dir schreiben und du ihm. Und selbstverständlich dürftest du ihn jederzeit besuchen.«
    Er berührte mit seiner Hand leicht ihre Schulter. Auch wenn seine Worte bei Marie nicht die erhoffte Wirkung hatten und sie immer noch neben ihm kauerte, so beruhigte seine Erklärung doch das eigene Gewissen. Er atmete tief durch.
    »Schau, wie breit die Spree jetzt ist«, sagte er und deutete auf die nun deutlich weiter entfernten Ufer.
    Marie blickte kurz auf und nickte gedankenverloren.
    »Ich sage dem Schiffer lieber Bescheid, dass er umdrehen soll. Bevor der Unterbaum schließt und wir nicht mehr zurück nach Berlin kommen«, erklärte Calzabigi und erhob sich, um auf wackligen Beinen zum Schiffer zu gelangen.
    Auf halbem Weg drehte er sich zu Marie um. Sie saß immer noch unbewegt auf ihrem Platz, schaute nun jedoch angestrengt auf ein Boot am Ufer, das gerade ablegte. Darauf standen neben vielen Menschen mehrere Fuhrwerke samt Pferden. Bei näherem Hinsehen erkannte Calzabigi zu beiden Seiten des Ufers jeweils einen Anleger. Sein Blick nach vorn und hinten bestätigte seinen Verdacht, dass es hier weit und breit keine Brücke gab. Offenbar setzte man an dieser Stelle aus Mangel an Brücken gegen Bezahlung mit einer Fähre über.
    Kurz fragte er sich, was an der Szenerie ihre Aufmerksamkeit erweckt haben mochte, dann erinnerte ihn die tiefstehende Sonne an sein Vorhaben, den Schiffer zum Beidrehen zu bewegen.
    Je schneller sie diesem Fluss entkamen, umso besser.

55
    N EW Y ORK C ITY
    Nun stand er genau vor dem Eingang zum Empire State Building. Das Smartphone in seiner Hand zeigte eine Reihe von verfügbaren WLAN-Netzen in der Nähe an, doch Gonzales interessierte nur das, welches mit dem Begriff »Troja« begann. Rasch notierte er in seinem Notizblock die dahinter folgende Reihe aus Ziffern und Zahlen. Er schaute auf seine Uhr und drückte die Start -Taste des Timers. Dieser war auf fünfzehn Minuten eingestellt.
    Mit eiligen Schritten setzte Gonzales seinen Weg fort. Nachdem er sicher war, dass ihm niemand folgte, stieg er einige Blocks weiter in den dort vor einer halben Stunde geparkten Cadilliac Escalade. Er öffnete den Laptop und wählte sich auf den Webseiten der Polizei ein. Ein Blick auf sein Handgelenk zeigte ihm, dass er noch dreizehn Minuten und sechsunddreißig Sekunden hatte. Solange war das soeben von seinem Kontaktmann generierte und ihm als SSID eines WLAN-Netzes mitgeteilte Passwort noch gültig. Er schrieb es von seinem Notizblock ab, kontrollierte es noch einmal, dann erhielt er freien Zugang zum Intranet der Polizei. Von einer anderen Seite seines Notizbuches übertrug er in das Suchfeld ein Aktenzeichen, dann öffnete sich die elektronische Akte zum Ermittlungsverfahren wegen des Anschlags auf Carter Fields. Mit geübtem Blick browste er durch die eingescannten Dokumente, bis er an den Fotos einer Überwachungskamera hängen blieb. Sie stammten vom Bahnsteig der Metro, keine hundert Meter entfernt vom Tatort, und zeigten

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