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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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hatte.
    »Meine Herren, mein Name ist Johann Anton von Calzabigi, und mir ist die General-Direktion über die Königlich Preußische Lotterie anvertraut«, begann Calzabigi in bestem Französisch. »Es ist mir eine Ehre, Sie alle an diesem für dieses Land so wunderbaren Tag hier im Herzen der Königlich Preußischen Lotterie begrüßen zu dürfen. Vive le roi! « Er reckte die linke Faust in die Höhe.
    »Vive le roi!« , schallte es ihm aus den Kehlen der Anwesenden entgegen.
    Calzabigi hielt die Ausgabe der Berlinischen Nachrichten in die Höhe. »Ich denke, Sie alle haben gesehen, wie prominent die Lotterie heute zu unser aller Vorteil proklamiert worden ist. Dem Königlich Preußischem Hofdrucker Monsieur Georg Jakob Decker sei mein aufrichtiger Dank entgegengebracht, und falls es Ihnen unbekannt ist, darf ich verkünden, dass auch Monsieur Decker ein Lottokontor besitzt und deswegen heute hier ist!«
    Calzabigi machte drei Schritte nach vorn und reichte einem elegant gekleideten Herrn die Hand. Den anderen Kontorbesitzern sollte es Mut machen, dass sie die Zeitung auf ihrer Seite hatten. Es war ein kluger Schachzug von ihm gewesen, dem Herausgeber der wichtigsten Zeitung ein Lottokontor zu überlassen. So hatte er es bereits in Brüssel gemacht. Die Pacht, die er ihm erlassen hatte, worüber natürlich Geheimhaltung vereinbart worden war, würde er durch die große Aufmerksamkeit, die die Zeitung der Lotterie verschaffte, hundertfach wieder einnehmen. Calzabigi kamen die königlichen Reiter vom Morgen in den Sinn. Es kam nur auf den Ruf an, dachte er.
    Er blickte zur Tür und bedeutete den dort wartenden Lakaien, die vorbereiten Materialien hereinzubringen. Auf großen Leinwänden hatte er aufgeschrieben, was er nun erklären würde. Nachdem die Diener sie gebracht hatten, zeigte Calzabigi mit dem ihm gereichten Stock auf die Abbildung eines großen Glücksrades. Er erläuterte, dass die Königliche Hoftischlerei bereits den Auftrag erhalten habe, es anhand dieser Zeichnung nachzubauen. In die Trommel des Rades, so führte er weiter aus, würden neunzig Kapseln von gleicher Größe, Gestalt und Gewicht hineingelegt. Jede der Kapseln würde wiederum einen kleinen Zettel enthalten mit einer Nummer von eins bis neunzig. Fünf der Kapseln werde ein Waisenknabe am Tag der Ziehung dem Glücksrade entnehmen: die fünf Glückszahlen.
    »Wie aber«, fragte er in den Raum, »kann man nun gewinnen in der Königlich Preußischen Lotterie?«
    Er wollte nicht abwarten, bis sich jemand meldete, sondern gleich selbst die Antwort geben. Doch kurz stockte er. In den Augen einiger der zukünftigen Losverkäufer glaubte er Unverständnis zu erkennen. Dabei kamen die komplizierten Regeln erst noch.
    Vielleicht würde die Zeichnung ihnen Klarheit bringen. Er ging zu der Leinwand hinüber, auf der er aufgemalt hatte, auf welche fünf verschiedenen Arten man in der Lotterie setzen konnte.
    »Die einfachste und risikoloseste Möglichkeit ist das Setzen auf eine einzige Nummer, die man in Italien estratto semplice nennt«, erläuterte er. Absichtlich sprach er mit langsamer Stimme.
    Aber immer noch blickte er in verwunderte Gesichter. So schwer zu verstehen war das nun auch nicht, dachte er. Sollten die von ihnen ausgewählten Kollekteure vielleicht ein wenig schwer von Begriff sein?
    »Befindet sich diese so ausgewählte Nummer unter den fünf gezogenen Gewinnzahlen, so zahlen wir den fünfzehnfachen Einsatz aus.«
    Calzabigi schaute erneut prüfend in die Runde. Einige Kollekteure begannen nun miteinander zu tuscheln.
    »Der Einsatz für den estratto semplice beträgt sechs Groschen aufwärts, alle anderen Setzarten, die ich Ihnen sogleich vorstellen werde, kann man bereits ab einem Groschen spielen!«
    Dies war eine gute Nachricht für die Kollekteure, denn es bedeutete, dass nicht nur Wohlhabende, sondern so ziemlich jeder in der Lotterie mitspielen konnte. Dennoch konnte Calzabigi keine Begeisterung in den Gesichtern ausmachen.
    »Mit einer einzigen Nummer kann man aber auch auf einen bestimmten Zug setzen, den sogenannten estratto determinato «, fuhr er fort. »In diesem Fall muss die genannte Zahl nicht nur unter den fünf Gewinnzahlen sein, nein, man muss auch korrekt vorhergesagt haben, an welcher Stelle sie gezogen wird. Tritt dies ein, zahlen wir dem Glücklichen seinen Einsatz fünfundsiebzigfach aus.«
    Immer weniger der anwesenden Männer schienen ihm nun zuzuhören. Hilfesuchend schaute er nach den Lakaien, die

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