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Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Titel: Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Fischer , Manfred Maurenbrecher
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auflöste, war ich aber doch überrascht. Offenbar hatte es andere Bruchstellen innerhalb der Band gegeben. Danach entstanden drei Formationen: Ed, Herbert und Henning gründeten die später so berühmte Rockband Karat, die Bläser taten sich zu einer Jazzformation zusammen. Und ich nahm Franky mit in meine Band, die dann Veronika Fischer & Band heißen sollte.

    In der DDR war die junge Musikszene überschaubar wie das Land, und wenn man sich nicht persönlich kannte, so kannte man doch die Mitschnitte anderer Bands aus dem Radio, man wusste um Klatsch und Tratsch, traf sich an den gleichen Auftrittsorten. Nachts auf den Heimfahrten von einem Konzert begegnete man sich an den Tankstellen, aß eine Brühe mit Ei oder Tatar und quatschte. Jeder wusste von allen, was sie taten und wo sie gerade waren.
    Anfang der Siebziger begann sich erst allmählich eine neue Szene zu entwickeln.
    Auf den gemeinsamen Heimfahrten nach den Muggen lernte ich Renft kennen, natürlich auch durch gemeinsame Auftritte bei Konzerten. Renft fand ich toll. Klaus Jentzsch hatte die Combo 1958 in Leipzig gegründet, der Mädchenname seiner Mutter wurde zum Bandnamen. Renft war als Band nicht so perfekt wie Panta Rhei, aber die Musiker waren Rebellen auf der Bühne, sie hatten eine Botschaft, bezogen mit ihren Liedern Position. Sie verstanden sich zwar als Sozialisten, hatten jedoch mit der ideologischen Enge der DDR nichts am Hut. Für die Staatsoberen galten sie deshalb als »nicht konform«. Ich bewunderte ihren Mut, ihre politische Haltung, die sich von unserer unterschied. Bei Panta Rhei stammten viele Texte aus der Feder von Jens Gerlach, einem Lyriker, der aus meiner Sicht staatskonform war. »Hier wie nebenan« zum Beispiel, ein Lied gegen den Vietnamkrieg – das Anliegen fand ich gut, den Song konnte ich aber nicht wirklich leiden. Die Melodieführung war sehr konstruiert, das Ganze nicht gut singbar. Ich maß Songs damals vor allem an der Musik, war noch nicht gefestigt genug für politische Aussagen. Eine gewisse Einstellung war zwar vorhanden, aber mehr als ein Grundgefühl war es nicht, keineswegs stabil.
    Jens Gerlach verstand es jedenfalls, so zu schreiben, dass Panta Rhei nicht aneckte. Von ihm stammte auch der Text unseres Hits »Blues«, die Komposition dazu schrieb Ed Swillms (später Karat). Mich zog es eher zu anderen Ufern, ich war kein politischer Rebell wie die Musiker von Renft, ich wollte gute Musik machen. Aufbruchsstimmung lag in der Luft.

Die Hochzeit von Veronika Fischer und László Kleber, links im Bild ein Freund Klebers aus Ungarn, 1973 in Berlin-Prenzlauer Berg

Ich stieß in jenen Monaten auf ein anderes Lied, das mir meinen Weg zeigte: »Wind trägt alle Worte fort« von der Dresdner Gruppe Lift. Ich liebte dieses Lied – und ich wusste, dass der Bassist Franz Bartzsch es geschrieben hatte.
    Mein Ausstieg bei Panta Rhei beunruhigte mich nicht wirklich. Ich konnte jederzeit in eine andere Gruppe eintreten, was ich für eine kurze Weile auch tat. Ich sang in der Jazzband von Theo Schumann, bis mir endgültig klar wurde, dass Jazz mein Ding nicht ist. Ich wollte mit Worten arbeiten, deutsch singen, von Gefühlen und Geschichten erzählen.
    László, der zwischendurch als Techniker bei Panta Rhei gearbeitet hatte, ermutigte mich. Durch ihn kam ich mittlerweile regelmäßig ins Ausland, häufig nach Budapest, ich lernte Neues kennen, fremde Bands, Musiker, andere Kulturen. Inspirationsquellen, die man braucht, wenn man kreativ arbeiten möchte. Und das wollte ich. Bei aller Kleinkariertheit des Machtapparats im Land – ich setzte darauf, dass man mir, wenn ich ein eigenständiges Projekt vorstellen würde, nicht sofort die Tür vor der Nase zuschlagen würde.
    Die Kulturpolitik erwartete, dass junge Musiker sich ihr eigenes Repertoire erarbeiteten. Das hieß aber nicht, dass uns die nötigen technischen Geräte oder Instrumente zur Verfügung gestellt, die Probenzeiten bezahlt oder uns mit Stipendien der Druck, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, vom Leib gehalten würden. Dafür waren wir schon selbst verantwortlich. Wenn man eine Band gründen wollte, ging alles auf eigene Rechnung, man musste selbstständig handeln. Eher schon bekam man Unterstützung, wenn sich der Erfolg bereits eingestellt hatte. Und willkommen war nur, was zur Ideologie der DDR passte, also im Sinne der Staatsführung »der Jugend etwas bot«. Künstlerischer Anspruch war gefordert und wurde teilweise auch gefördert.

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