Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
Vom Netzwerk:
sie. »Den Mord an Propst Nikolaus hat Diether nicht begangen, also darf er dafür auch nicht als Sündenbock herhalten. Wie können wir erreichen, dass der Rat uns deswegen anhört, dass er Hans anhört und die anderen Zeugen, die wir vielleicht zusammenbringen? Wir brauchen einen Plan, der so sicher ist wie das Amen nach dem Rosenkranz. Ich stand schon einmal um Diethers willen vor dem Rat und habe mich dort nicht nur zur Närrin gemacht, sondern wäre um ein Haar am Pranger gelandet.«
    Gretlin, Hans und der Großvater schwiegen. Lentz hingegen erhob sich in seiner vertrauten gemächlichen Weise und nestelte an den Falten seiner Kutte. »Vor allem deswegen bin ich gekommen«, sagte er. »Magda, ich bringe dir eine Nachricht von einem Ordensbruder oder doch von einem Mann, der bald ein Ordensbruder sein wird. Er heißt Thomas, und du bist ihm schon begegnet – am ersten Tag, als wir auf dem Olden Markt Halt machten und nicht wussten, wohin wir uns wenden sollten. Erinnerst du dich?«
    Magda schlug das Herz. Mit zusammengepressten Lippen nickte sie.
    »Was ihn mit Diether verbindet, weiß ich nicht«, fuhr Lentz fort. »Doch er ist jetzt bei ihm und sorgt dafür, dass ihm kein Leid geschieht. Mir hat er gesagt, ich solle dir keine Fragen stellen, nur dich daran erinnern, dass du ein Papier bei dir trägst, das er dir einmal gegeben hat. Erinnerst du dich auch an dieses Papier?«
    Martha presste die Lippen noch fester aufeinander und nickte noch einmal.
    Lentz sah sie fest an. »Es ist der letzte Ausweg, lässt Thomas dir sagen. Du sollst ihn jetzt gehen und alles tun, wie ihr es damals besprochen habt.«

30
    Sie hatte den Fetzen wegwerfen wollen, doch etwas in ihr hatte sich dagegen gewehrt. In ihrem Kleiderkasten, so hatte sie gedacht, unter ihren Hemden, würde er nie einem Menschen in die Hände fallen. Als sie jetzt vor dem Kasten kniete, um ihn hervorzuholen, kam ihr Diethers Hemd in den Sinn, das der Großvater unter den seinen gefunden hatte. Sie hatte es völlig vergessen und wollte auch in diesem Augenblick nicht darüber nachdenken. Noch weniger nachdenken wollte sie über den Mann, der ihr das Stück Papier gegeben hatte. All ihre Gedanken, all ihre Kräfte mussten darauf konzentriert sein, Diether zu retten.
    Sie zog den Zettel heraus und faltete ihn auf. Die Übrigen warteten dicht beieinander an der Tür. Als Lentz einen Schritt vortrat, wies Magda ihn mit einer Geste zurück. Was immer darauf stand, sie wollte allein sein, wenn sie es las.
    Die vier Zeilen in geübter Handschrift bildeten eine Adresse, wie bedeutende Männer sie am oberen Rand über ihre Briefe setzten:
    Clewin Alvensleben
Gewandschneider
Spandau
Breite Straße, bei Sankt Matthäus
    »Und?«, fragte Lentz erwartungsvoll. »Hilft es uns weiter?«
    »Es ist eine Adresse in Spandau.« Noch während sie sprach, fasste sie ihren Entschluss: »Ich muss dorthin. Kann mir jemand sagen, wie weit ich zu gehen habe?«
    »Zu Fuß? Gut und gern zwei Stunden, fürchte ich«, antwortete Hans.
    »Aber jetzt kannst du nicht gehen!«, rief Lentz. »Es ist mitten in der Nacht, du müsstest Gott danken, wenn du auch nur lebend ankämst.«
    »Lasst mich gehen«, erbot sich Hans, »oder wenigstens Euch begleiten.«
    Magda schüttelte den Kopf. »Dies muss ich allein tun. Und es muss so schnell wie möglich sein.« Ihre Vernunft aber sagte ihr, dass es keinen Sinn hatte, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Wenn sie bei Nacht und Nebel einer Bande von Wegelagerern zum Opfer fiel, war Diether verloren.
    »Passt auf, was haltet Ihr davon?«, rief der unermüdliche Hans. »Sobald die Sonne aufgeht, laufe ich hinüber zu Petter und bitte ihn, uns sein Fuhrwerk zu leihen. Als Bäcker steht er in aller Herrgottsfrühe auf, und wenn er hört, dass er damit Diether helfen kann, wird er Feuer und Flamme sein. Und mit Petters Zweispänner seid Ihr im Handumdrehen in Spandau.«
    »Wenn du glaubst, dein Bekannter ist einverstanden, dann ist das ein guter Gedanke«, stimmte Lentz ihm zu. »Jetzt aber sollten wir alle versuchen, ein paar Stunden zu schlafen, um bei Kräften zu bleiben.«
    Natürlich fand Magda in den Stunden bis zum Morgengrauen keinen Schlaf. Hellwach starrte sie hinauf in den Dachstuhl des Hauses und dachte über ihren Traum nach. Lentz hatte sein Gelübde geleistet, er trug Habit und Tonsur, aber er hatte sie nicht verlassen, und in dieser Nacht hatte sie begriffen, dass er es auch nicht tun würde. Es war nicht Lentz, den die Mutter ihr im

Weitere Kostenlose Bücher