Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
Vom Netzwerk:
Das da ist der Eingang für die Herrschaft, fürs Gesinde gibt’s eine Hintertür.«
    Magda folgte ihr durch ein Tor in den Hof, wo sie die Kannen vor einem ebenfalls gemauerten Küchenhaus abstellte. Es war wunderbar still hier, fernab vom Lärm der Stadt, als stünde der weitläufige, ummauerte Hof unter besonderem Schutz. »Jetzt muss ich wieder nach vorn«, sagte sie beherzt zu ihrer Begleiterin. »Ich sehe gewiss wie Gesinde aus – aber ich habe den Herrn zu sprechen.«
    »Den Herrn Clewin? Was bildest du dir denn ein, wer du bist, Krautkopf?«
    Leiser Hufschlag durchbrach die Stille, und als Magda den Kopf wandte, sah sie, wie jemand ein Pferd über den Hof führte. Von dem Reiter waren lediglich die Beine auszumachen, doch das Tier war unverkennbar. Ein hochbeiniger Grauschimmel, der tänzerisch seine Schritte setzte und gegen die Hand, die ihn zu halten versuchte, seinen Kopf aufwarf. »Ach, meiner Treu!«, stieß Clara mit einem Seufzer heraus. »Irgendwann tritt der Hidalgo uns noch die Stalltür ein, wenn die Dame Quitzow weiter darauf besteht, ihn zu reiten.« Dann schlug sie sich die Hand vor den Mund. »Ich hab kein Wort gesagt, verstanden?«
    Die Frau mit dem Schimmel aber musste etwas vernommen haben. »Oh, guten Morgen, Clara!«, rief sie zu der Magd hinüber. »Ob du mir wohl die Stalltür öffnen könntest? Hidalgo steht heute nicht der Sinn nach einem Galopp, scheint mir. Es liegt wohl am Wetter – ich denke, er mag keinen Wind.«
    »Der ist mal selbst wie der Wind gelaufen«, brummte die Angesprochene Magda zu und ging, um der Dame zu helfen. Magda hatte die Stimme beim ersten Wort erkannt. Sie gehörte Afra von Parstein.
    »Lasst doch den Knecht das Pferd einstellen«, sagte Clara, während sie die Stalltür entriegelte. »Dafür ist er schließlich da.«
    »Oh ja, natürlich, aber ich möchte es gern selbst tun«, erwiderte Afra von Parstein liebenswürdig. »Hidalgo ist es gewohnt, von seinem Reiter versorgt zu werden, er soll wenigstens zuweilen etwas bekommen, das ihm die alten Zeiten zurückbringt.«
    Magda überlegte nicht lange. »Guten Morgen!«, rief sie in hartem, festen Ton. »Ihr habt gesagt, ich solle es Euch wissen lassen, wenn ich Eure Hilfe brauche. Nun, hier bin ich, und ich brauche sie jetzt.«
    Afra von Parstein zögerte genauso wenig wie Magda. Ohne Umschweife überließ sie den Schimmel dem Knecht, kam hinüber und nahm Magda am Arm. »Ich bin froh, dass Ihr gekommen seid, Magda.«
    »Ich muss den Herrn Clewin sprechen. Es ist dringend.«
    Die blonde Elfe, die heute ein Seidenkleid in zartestem Rosenton trug, stellte keine Fragen. »Kommt mit.«
    Magda hatte sich an diesem Morgen mit äußerster Sorgfalt angekleidet, doch als sie hinter Afra von Parstein das Haus betrat, kam sie sich schäbig wie eine Bettlerin vor. Wer war dieser Mann, eine Art Fürst der Bürger von Spandau? Schon in der Halle hingen dicke, in leuchtender Farbkraft geknüpfte Wandteppiche, die Szenen der Genesis – die Einschiffung der Arche Noah – zeigten. Was für unglaubliche, exotische Geschöpfe waren da zu sehen! Kurz wünschte Magda, sie hätte kein sorgenschweres Herz, sondern dürfte wie ein Kind davor stehen bleiben und die prächtigen Tiere bestaunen.
    Afra von Parstein schickte einen Hausdiener, der seine Hilfe anbot, ohne viel Federlesens seines Weges. Stattdessen öffnete sie selbst eine Tür und rief mit gedämpfter Stimme in den Raum: »Herr Clewin? Ich bin wieder zurück! Hidalgo schien nicht in Stimmung, und ich mochte ihn nicht schinden.«
    »Ich danke Euch, Afra. Möchtet Ihr meinen flüchtigen roten Genueser mit mir teilen, oder zieht es Euch schon wieder zurück in Euer Heim?« Die Stimme, die aus dem Raum drang, war dunkel, ein wenig schwer von Wehmut und auffällig schön.
    »Ich habe Euch jemanden mitgebracht«, antwortete Afra. »Magda aus Bernau ist hier, Herr Clewin.«
    Kurze Zeit herrschte Schweigen, dann sagte der Mann: »Ihr seid ein so gutes Kind, Afra, der Herr möge Euch segnen und hüten.«
    »Mein Verdienst ist es nicht. Sie ist aus freien Stücken gekommen, um Euch zu sprechen.«
    Gleich darauf durchmaßen Schritte den Raum, und die Tür wurde aufgezogen. Der Mann, der sich im Rahmen zeigte, war schlank und recht groß. Er trug keine Kappe, und schlohweißes Haar fiel ihm in die Stirn. Als er den Kopf wandte, sah Magda, dass der Rest des Haars noch schwarz, wenngleich von Silber durchzogen war. Seine Cotta wirkte schwer und kostbar, wies jedoch keinerlei

Weitere Kostenlose Bücher