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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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gehen wir hin!«, ereiferten sich mehrere, die schon kräftig dem Wein zugesprochen hatten. »Der soll uns Berliner mal kennenlernen, dem zeigen wir, was eine Harke ist, dem Papstjünger!«
    »Kriegstreiber!«
    »Leuteschinder!«
    »Nieder mit Nikolaus, dem Propst von Bernau!«
    Vom Geschrei verängstigt, verkroch Gretlin sich in Diethers Armbeuge. »Du brauchst keine Angst zu haben, meine Goldene«, sagte er und senkte flüchtig die Lippen auf ihren Scheitel. Dann hob er die Stimme, sodass man ihn bis in den letzten Winkel der Schänke hören konnte. »Ja, das ist er, der Propst von Bernau – der Mann, der hier in Brandenburg als Vertreter des Papstes agiert. Das, was deiner Familie angetan worden ist, hat er zu verantworten, und er würde liebend gern dasselbe auch uns zufügen: unsere Häuser niederbrennen, unsere Lager plündern und jedem, den er erwischt, den Hals durchschneiden.«
    Gretlin entfuhr ein heiserer Laut.
    Diether schloss seinen Arm noch fester um sie. Es tat ihm im Herzen weh, die Angst seiner Liebsten zu vergrößern, doch um der Wirkung willen war es unumgänglich. »Ja, Nikolaus von Bernau ist unser Feind, aber du musst dich nicht fürchten, meine Kleine. Du bist doch hier unter Freunden. All diese prächtigen Männer stehen auf deiner Seite, und einer von ihnen, dein Diether, würde alles tun, um das Leid, das du durch diesen Mann erfahren hast, zu rächen.«
    Ein Jubel brach los, wie Diether ihn noch selten in der Rippe erlebt hatte. Der Boden schien zu beben, der Tisch wackelte, und die Schüsseln und Becher vollführten einen klirrenden Tanz.
    »Ich bin dabei!«, johlte Alban Kürschner.
    »Auf mich kannst du zählen!«, folgte das Echo von etlichen anderen.
    Petter aber hob das nächstbeste mit Wein gefüllte Gefäß und rief mit donnernder Stimme: »Auf unsere Gretlin! Darauf, dass dieses süße Krümchen fortan angstfrei leben und ihrem Diether eine unbeschwerte Braut sein kann! Zu den Bechern, Kumpane – nieder mit Propst Nikolaus, dem Weiberschreck!«
    Mehrere Gefäße gingen angesichts der Heftigkeit des Anstoßens zu Bruch. Der Wirt Caspar ließ seine Töchter gelassen neue heranschaffen, wohlwissend, dass Petter für die Zeche aufkommen würde. Der schenkte als Erstem Diether nach und verpasste seiner Schulter denselben anerkennenden Klaps, den vorhin Hans erhalten hatte. »Bist schon ein Pfundskerlchen, Diether. Eine Schande, dass ich einen wie dich nicht bei mir in der Backstube habe, da ginge das Brezeln wie im Flug von der Hand. Und bei uns zweien würde so manches Pröpstchen und Päpstchen in der Rührschüssel landen, oder etwa nicht?«
    »Und ob!« Diethers Becher klirrte gegen seinen.
    »Lasst doch Vorsicht walten, nehmt die Münder nicht so voll!«, jammerte der Schuhmacher Jecklin, der eine Unke vor dem Herrn war. »Ihr habt ja Recht. An der Art, wie’s in der Kirche zugeht, muss sich was ändern. Ihr aber wollt das Gewicht Gottes mit irdischen Kräften bewegen, und das wird euch das Rückgrat brechen.«
    »Ach, Jecklin, Jungchen.« Petter lachte, hob den kleinen Mann in die Höhe und setzte ihn mitten auf den Tisch in eine Weinpfütze. »So ist’s um meine irdischen Kräfte bestellt, und so blüht’s auch dem Propst von Bernau, denn der ist kein Gott. Höchstens ein Göttchen.«
    Vor Lachen prustete Diether seinen Wein über den Tisch.
    »Ja, ja, nehmt nur den Mund nicht zu voll«, ahmte Petter den Schuhmacher nach. »Also am Sonntag zur Messe, auf dem Neuen Markt?«
    »Am Sonntag, zur Messe!«, jubelte Diether. »Auf dem Neuen Markt.«

21
    Er war Student gewesen. Er hatte die Welt bereist. Paris, Montpellier, Bologna. All die Namen, die Farbe, der Zauber. In seinem Arm zwischen Farnen zu liegen und seine Geschichten zu hören, war, wie selbst auf Reisen zu gehen, sich Flügel wachsen zu lassen, die sogar stämmige Brandenburger Mädchen trugen, eine andere zu werden, eine Schöne, Schwebende, Grazile, und doch noch immer Magda aus Bernau zu sein.
    Magda aus Bernau, die mit dem struppigen Rosshaar und den Krautstampferbeinen, denn keine andere liebte er.
    »Hast du mich noch lieb?«, fragte sie ihn zwischen Geschichten über einen Schimmelhengst aus Andalusien und einen buckligen Händler in Genua, der Früchte verkaufte, die wie Säbel geformt waren und wie Feuer brannten.
    Er unterbrach die Erzählung, legte den Kopf zurück und stöhnte. »Ja, ich hab dich lieb, mein Mädchen aus Bernau, ich hab dich ohne Sinn und Verstand und ganz verloren und verboten

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