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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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vollkommen gleichgültig ist. Angelo, ich kann keine Gedichte über eine Frau schreiben, die mich nicht inspiriert.«
    Angelo war ein glänzender Kopf, aber er war jung und noch nie verliebt gewesen. Lorenzo fuhr fort: »Ich kann nur über jemanden schreiben, der mich inspiriert. Wenn es mir schon Schmerzen bereitet, dass ich heiraten soll, so wird es Colombina noch viel mehr wehtun. Also habe ich ein Gedicht auf sie gemacht, damit sie stets meine wahren Gefühle kennt, egal was mit uns geschieht. Ich werde es ihr vorlesen, um die schreckliche Neuigkeit zu mildern. Willst du mal einen Blick darauf werfen und mir sagen, was du davon hältst?«
    »Natürlich«, sagte Angelo bereitwillig. Dann las er Lorenzos jüngstes Gedicht. Er schwieg einen Moment, während Lorenzo vor Ungewissheit litt.
    »Es gefällt dir nicht?«
    »Oh doch, Lorenzo, es ist überwältigend. Wunderschön. Ich habe nur gerade gedacht: Wenn du im Unglück so schön schreibst … dann hat Gott offensichtlich genau gewusst, was er tat, als er dir eine widerwärtige Frau geschickt hat!«

    Die Medici veranstalteten zu Ehren der Hochzeit von Lorenzo und Clarice Orsini prachtvolle Festspiele, die so denkwürdig sein sollten, dass die Florentiner noch in hundert Jahren davon sprechen. Lorenzo wollte natürlich nichts damit zu tun haben. Er fühlte sich elend wegen seiner arrangierten Ehe, und es war meine Bruderpflicht, ihn von dem dunklen Loch wegzuziehen, in das er zu fallen drohte. Wir überlegten, wie wir auf verborgene Weise unsere Ketzereien in das Turnier einbringen konnten, um unseren Spaß zu haben.
    Es sollte einen Tjost und mehrere Wettkämpfe geben, in denen die jungen Florentiner Adeligen sich beweisen konnten, genau wie zu Zeiten der Ritter. Jeder Reiter sollte bestimmte Farben, eineStandarte und den Gunstbeweis einer schönen Florentinerin tragen. Und es sollte eine Königin der Schönheit geben, die in einer aufwendigen Robe auf dem Thron sitzt und als Göttin Venus über das Turnier waltet. Natürlich erwählten wir Colombina zu unserer Königin – wen sonst? Niemand in Florenz hätte etwas gegen ihre unvergleichliche Schönheit sagen können. Nur Simonetta konnte ihr das Wasser reichen, und sie war noch zu neu in der Stadt und eine Fremde dazu. Außerdem gehörte sie nicht zu Lorenzos Kreis.
    Mir und den Lehrlingen in Verrocchios Atelier wurde aufgetragen, die Standarte zu entwerfen, die Lorenzo beim Tjost tragen sollte. Deshalb fertigte ich eine Skizze von Colombina an, unserem Modell der Venus, und zeichnete noch eine Taube dazu, als Anspielung auf den Namen, mit dem wir sie alle riefen. Lorenzo und ich legten fest, dass wir als letzten Akt unserer Ketzerei das Motto des Ordens auf Französisch verwenden wollten: »Le temps revient.«
    Und so saß Colombina auf dem Thron und setzte Lorenzo die Blumenkrone aus Veilchen auf, das Symbol ihrer Familie seit alter Zeit, und band die Bänder mit ihren ausgewählten Farben an seine Rüstung. Er kämpfte unter einer Standarte mit ihrem Bild und dem alten Motto des Ordens und bezeugte damit auf seine Art, dass das, was Gott zusammengefügt hat, der Mensch nicht trennen darf. Es war eine gewagte öffentliche Erklärung, da Colombina ja nun mit Niccolò Ardinghelli verheiratet war. Deshalb wurde alles nach Art der Troubadoure gemacht: Wir betonten die höfische Liebe und das Ideal der unerreichbaren Schönheit.
    Und damit wurde Lorenzos junge Braut in Florenz willkommen geheißen.
     
    Euer ergebener
    Alessandro di Filipepi, genannt »Botticelli«
     
    Aus den geheimen Memoiren des Sandro Botticelli

Kapitel zwanzig
    Florenz
    Juni 1469
     
    C larice Orsini war in Rom durch einen Stellvertreter mit Lorenzo de’ Medici verheiratet worden. Der Vertreter der Medici-Partei hatte an Lorenzos Stelle das Ehegelübde gesprochen, wozu er einem Dokument mit dem Medici-Siegel zufolge ermächtigt war. Die Papiere wurden unterzeichnet und von einem päpstlichen Gesandten beglaubigt, und die Ehe wurde für rechtmäßig erklärt. Es war eine sehr saubere Transaktion. Sodann wurde Clarice mit der aufwendigen Entourage einer Prinzessin von Rom nach Florenz gebracht. Giuliano de’ Medici gehörte zu ihrer Eskorte und gab sich alle Mühe, die nervöse Braut zu beruhigen und auf dem langen Ritt nach Norden freundliche Konversation zu machen.
    Es war keine leichte Aufgabe. Clarice Orsini de’ Medici, seine neue Schwester, war schon unter normalen Umständen nicht sehr gesprächig und im Moment stumm vor Angst. Da

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