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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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einer römischen Heiligen gewidmet, die im zweiten Jahrhundert gemartert worden war. Maureen faszinierten die Geschichten der Frauen im frühen Christentum: Meist gab es unter der offiziellen Legende ganze Schichten wertvollen Wissens zu entdecken, wenn man nur lange und tief genug grub. Der Fall der heiligen Felicitas schien besonders tragisch zu sein. Diese arme Mutter hatte ihre sieben Söhne an die römische Christenverfolgung verloren, bevor sie selbst hingerichtet worden war. Maureen wollte unbedingt mehr über die Heilige lesen, um sämtliche Einzelheiten zu erfahren.
    In der Zeit der Renaissance war die Santa Felicita mit Kunstwerken von Meistern wie Neri di Bicci geschmückt gewesen; Pontormos »Kreuzabnahme Christi« wurde als eines der bedeutendsten Werke des Frühmanierismus angesehen. Maureen fand es unglaublich, dass so viele bedeutende Kunstwerke Italiens in den Florentiner Kirchen für jedermann zugänglich waren; die Entfernungen zwischen ihnen betrugen jeweils nur wenige Hundert Meter. Jede Kirche, die man betrat, war wie ein kleines Museum von Weltrang.
    Die Santa Felicita bildete da keine Ausnahme. Die Werke Pontormos schmückten eine Kapelle des großen Brunelleschi, des genialen Baumeisters, dem Florenz auch die majestätische Kuppel seines Doms verdankte. Um das Kapellenfenster herum war auf einem Fresko die beliebte Verkündigungsszene dargestellt. Das herausragende Werk jedoch war ein Fresko, das eine ganze Wand bedeckte, die bewegende Darstellung der Kreuzabnahme Jesu. Pontormos Darstellung war jedoch eigentümlich. Die Farben waren leuchtend und dynamisch, die dargestellten Frauen waren in dunkles Blau und helles Rosa gehüllt. Sie waren langgliedrig und zeigten eine anmutige Körperhaltung, typisch für den Stil des Frühmanierismus, und sämtliche Figuren schienenin einem seltsam anmutigen Ballett der Trauer miteinander zu verschmelzen. Maria Magdalena im rosa Schleier beugte sich vor und hielt die Hand Jesu, während eine andere Figur, vielleicht ein Engel, ihn unter den Schultern gefasst hielt. Die Muttergottes schien vor Schmerz einer Ohnmacht nahe. Auch die heilige Veronika war auf dem Gemälde zu sehen. Mit dem Rücken zum Betrachter schien sie der Gottesmutter eine Hand entgegenzustrecken, während sie in der anderen das legendäre Schweißtuch hielt.
    Es war ein großartiges, erhabenes Kunstwerk, doch verglichen mit Botticelli nicht sehr bewegend. Tammy und Maureen schlenderten ein wenig in der Kirche umher, folgten dem Mittelschiff und bewunderten die übrigen Kunstwerke und die Architektur des Gotteshauses. Tammy ging voran und blieb vor einem großen Gemälde an der rechten Wand stehen. Auf ihrem Gesicht zeigte sich blankes Entsetzen.
    »Was ist?«, fragte Maureen, als sie ebenfalls vor das Bildnis trat.
    »Maureen, darf ich dir die heilige Felicitas vorstellen?«
    Das Bild war majestätisch, tragisch und schrecklich. Wie ein Phönix erhob sich Felicitas aus den Leibern ihrer toten Söhne, die mit verdrehten Gliedern und teilweise enthauptet in ihrem eigenen Blut lagen. Mitten in diesem grässlichen Blutbad kniete Felicitas und streckte die Arme zum Himmel. Ihre Haltung drückte eher Trotz als Trauer aus. Auf einem ihrer Knie ruhte die Leiche des jüngsten Sohnes, ein engelsgleicher goldhaariger Knabe.
    Maureen verursachte das Bild Übelkeit. Tammy war zu Tode erschrocken. Doch keine konnte den Blick abwenden.
    »Wunderschön, nicht wahr?« Beide fuhren zusammen, als sie die Stimme mit dem britischen Akzent vernahmen. Sie drehten sich um. Vor ihnen stand die junge Kunststudentin aus den Uffizien. Maureen fiel auf, dass sie immer noch Lederhandschuhe trug, trotz der Hitze. Verlegen schaute das Mädchen einen Moment auf seine Hände und sagte schlicht: »Ekzem.« Dann stelltesie sich vor. »Ich arbeite als Freiwillige für die Bruderschaft der Heiligen Erscheinungen. Die Florentiner Mitglieder dieses Ordens halten hier ihre Versammlungen ab. Felicitas ist eine unserer Schutzheiligen. Sie war keine Seherin, hörte die Stimme Gottes aber deutlich genug, um ihm ihre Kinder zum Opfer darzubringen. Kennen Sie die Legende?«
    »Nur dass ihre sieben Söhne vor ihren Augen hingerichtet wurden.«
    Felicity erzählte mit Feuereifer die Geschichte der Felicitas. Detailliert berichtete sie, wie die Heilige ihre Kinder zum Sterben ermutigt, ja angefeuert hatte, und schloss mit einem Zitat des Kirchenlehrers Augustinus:
     
    »Wundervoll ist dieser Anblick vor den Augen unseres Glaubens: Eine

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