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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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frustrierend und manchmal zutiefst beängstigend.
    Deshalb zögerte Tammy einen Moment, bevor sie die Frage herausbrachte: »Du meinst doch nicht etwa, Berenger soll Vittoria heiraten?«
    In Rolands sanften Augen spiegelte sich Schmerz, aber auch ein uraltes Wissen, dessen letzte Bedeutung sich Tammy noch entzog.
    »Tamara, ich liebe dich«, sagte er. »Und Berenger liebt Maureen ebenso. Es zerreißt mir das Herz, so etwas sagen zu müssen, aber du bist nicht mit den Traditionen unseres Volkes aufgewachsen. Du verstehst sie und hast gelernt, sie zu lieben und anzunehmen, aber du bist nicht mit Geschichten von niedergemetzelten Verwandten aufgewachsen, von Märtyrern, die für unseren Glauben gestorben sind. Im Languedoc hören wir so etwas als Gutenachtgeschichte. Wir sind mit den Legenden überunsere ketzerischen Ahnen groß geworden, die stolz in den Feuertod gingen, die für ihren Glauben an die Liebe zwischen Jesus und Magdalena litten und starben und die alles wagten, um die Lehre des Weges der Liebe lebendig zu erhalten.«
    Tammy protestierte. »Das kenne ich doch alles! Aber ich verstehe nicht, was es mit unserem aktuellen Problem zu tun hat.«
    Roland fuhr in seiner geduldigen Art fort: »Berenger wurde im Languedoc im Sinne unserer Tradition erzogen. Und was ist das Herzstück dieser Tradition? Wie haben Berenger und Maureen einander kennengelernt? Was haben sie gemeinsam?«
    Langsam dämmerte es Tammy. »Die Prophezeiungen.«
    »Genau. Die Prophezeiung der Verheißenen und die Prophezeiung des Dichterfürsten haben unser Volk zweitausend Jahre lang geleitet. Wir haben nach ihnen gelebt und unsere Anführer ausgewählt, und sie haben uns nie enttäuscht. Als Berenger noch ein Knabe war, wurde er Tag für Tag von seinem Großvater daran erinnert, dass er der goldene Fürst der Prophezeiung sei. Das hat ihn sein Leben lang verfolgt. Er lebt mit der Angst, sein Schicksal nicht zu erfüllen, sein Volk zu enttäuschen und zu versagen. Und nun kommt zu allem Überfluss noch die Verantwortung für ein Kind hinzu, das aus derselben Prophezeiung geboren ist. Und da ist noch etwas, das du nicht weißt …«
    Tammy lauschte gebannt, doch in diesem Moment begann ihr Handy zu piepsen. Sie rief die SMS ab, die gerade eingetroffen war, und las sie Roland vor.
    »Petra schickt uns eine Botschaft von Destino. Wir alle sollen uns morgen um neun Uhr in den Uffizien treffen. Es geht um eine Lektion über Botticelli. Was hat das zu bedeuten?«
    Tammy und Roland waren so vertieft in ihr Gespräch, dass sie die junge Frau nicht bemerkten, die nicht weit von ihnen entfernt saß und offenbar in ihr Reisetagebuch schrieb. Sie sahen nicht, dass die Frau jedes ihrer Worte notierte – und auch nicht, dass von ihrer rechten Hand Blut auf die Seite des Tagebuchs tropfte.

    »Geht es Ihnen nicht gut, Meister?«, fragte Petra leise, als sie Destinos Zimmer betrat, in dem er mit geschlossenen Augen auf seinem schlichten Bett saß. Destino schaltete nie das elektrische Licht ein; er bevorzugte Kerzen und Öllampen und bestand auf einem kargen, einfachen Leben, auch wenn wohlhabende Ordensmitglieder mehr als bereit waren, ihm jede Annehmlichkeit zukommen zu lassen. Aber Destino brauchte fast nichts. Ein Teil der Buße, die er sich vor vielen Jahren selbst auferlegt hatte, bestand darin, ein Leben in Entsagung zu führen, und er hielt sich an dieses Gelübde.
    Weil Destino nach dem Gebet manchmal einschlief, schaute Petra jede Nacht nach ihm und überzeugte sich, dass die Kerzen und die Öllampen nicht mehr brannten.
    »Komm herein, mein Kind«, sagte Destino. »Und mach dir nicht so viele Sorgen. Ich wusste, dass es so kommen würde, und ich begrüße es voller Freude.«
    Petra lächelte ihren Meister im Halbdunkel an. Natürlich hatte er es bereits gewusst. »Was genau heißen Sie willkommen, Meister? Das Kind? Diesen zweiten Dichter?«
    Langsam öffnete Destino die Augen. »Ich heiße die Gelegenheit willkommen. Die Prüfung. Die Lehre, die wir aus alldem ziehen werden.«
    »Aber Vittoria …«
    »Vittoria spielt nur eine Rolle. Die Rolle des Feindes … die Rolle der Versucherin.«
    Petra verstand. »›Weiche von mir, Satan.‹«
    Destino nickte. »›Satan‹ bedeutet wörtlich ›Gegner‹, wie du weißt, und so gesehen ist Vittoria nun Berengers persönlicher Satan. Aber halte Vittoria nicht für böse. Sie ist fehlgeleitet, und ihre Absichten sind verworfen; dennoch haben ihre Taten einen Wert für uns. Kein Held hat jemals den

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