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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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Lorbeerkranz errungen, ohne sich zuvor einem starken und gefährlichen Feind zu stellen.Wenn Berenger diese Sache durchsteht und die wahre Lektion dahinter entdeckt, wird er diesen Kranz verdienen. Dann wird er ein würdiger Nachfolger Lorenzos sein.«
    »Und wenn er es nicht durchsteht?«
    Destinos Augen, farblos und wässerig vom Alter, umwölkten sich, während ihm ein tiefer Seufzer entfuhr. »Dann muss ich noch viele Generationen lang am Leben bleiben. So lange, bis der Prinz gefunden ist, der sich der Prophezeiung würdig erweist.«

    Berenger hatte Maureen vom Flughafen Edinburgh angerufen und mitgeteilt, er werde unverzüglich den Privatjet von Sinclair Oil nehmen und nach Florenz zurückkehren. Sein Bruder Alexander saß inzwischen in Untersuchungshaft. Da sein Vergehen anscheinend die nationale Sicherheit bedrohte, wurde er festgehalten, ohne mit einem Anwalt zu sprechen oder Kaution stellen zu dürfen. Berenger wusste immer noch nicht genau, was Alexander eigentlich verbrochen hatte, doch der Richter hatte ihm gesagt, er dürfe erst nach Ablauf von drei Tagen mit seinem Bruder sprechen. Es hatte deshalb keinen Sinn, in Schottland zu bleiben und tatenlos abzuwarten, zumal er seine Beziehung mit Maureen wieder ins Lot bringen musste.
    Nun saß er ihr auf dem Balkon ihres Zimmers gegenüber, die schimmernde Kuppel des Doms im Rücken, und legte sein Geständnis ab.
    »Ich habe dich angelogen.«
    »Ich weiß.«
    Berenger nickte und schaute ihr tief in die Augen. Er wusste, er wäre nicht fähig gewesen, seiner Liebsten ins Gesicht zu lügen. Dazu waren sie einander zu nah, zu eng verbunden. Maureen würde mit ihren durchdringenden grünen Augen geradewegs in seine Seele schauen, und genau das wünschte sich Berenger. Als er daheim in Schottland weilte, war es ihm bewusst geworden.Er wollte nie mehr etwas vor ihr verheimlichen. Sie sollten eins werden – so sehr, dass sich nichts und niemand zwischen sie drängen konnte. Berenger war nach Florenz geeilt, um Maureen um Verzeihung zu bitten.
    Aber das wollte sie nicht. Auch Maureen war im Laufe der letzten Tage etwas bewusst geworden: Als sie heute mit Destino auf dem Balkon saß, hatte sie Berenger schmerzlich vermisst. Er gehörte zu dieser gefährlichen Reise, die sie gemeinsam angetreten hatten. Wenn er nicht bei ihr war, hatte Maureen das Gefühl, als ob ihr ein Bein fehlte. Immer wieder hatte sie im Libro Rosso die Abschnitte über die Beziehung der Zwillingsseelen gelesen, jener Menschen, die aus demselben Stoff gemacht und füreinander geschaffen sind. Es war die wunderbarste Lehre des Ordens, und dank der Liebe, die Berenger ihr schenkte, hatte Maureen die Wahrheit darin erkannt. Sie wusste in ihrem tiefsten Inneren, dass Berenger ihr Seelenzwilling war. Ihre Schicksale waren ebenso verwoben wie ihre Körper und ihre Seelen. Und nachdem Maureen dies als Wahrheit erkannt hatte – wie konnte sie ihn da verlassen? Es ging nicht. Es wäre eine Schmähung der kostbaren Liebe gewesen, die Gott ihnen beiden geschenkt hatte.
    »Maureen, du hast mich die Bedeutung von Liebe gelehrt. Du hast mich von einem Mann, der bloß existiert hat, in einen Menschen verwandelt, der wahrhaft lebt . Was mit Vittoria passiert ist, tut mir leid … mehr, als ich sagen kann. Und ich muss dir gestehen, dass ihr Sohn möglicherweise mein Kind ist .«
    »Ich weiß«, sagte Maureen, ging ins Zimmer und nahm einen Umschlag von der Frisierkommode. »Vittoria hat heute das hier für mich hinterlegen lassen.«
    Berenger öffnete den Umschlag und holte drei großformatige Aufnahmen heraus, auf denen ein hübscher kleiner Junge von knapp zwei Jahren zu sehen war. Berenger schnappte erschrocken nach Luft, als er die Fotos nacheinander betrachtete. Der Junge – lange, dunkle Locken und blaugrüne Augen – war eine kleinere Ausgabe von Berenger Sinclair.
    »Du hast ihn noch nicht gesehen«, erriet Maureen, als sie seine heftige Reaktion bemerkte.
    »Nein«, erwiderte Berenger mit erstickter Stimme, immer noch gefesselt von den Fotos.
    »Was wirst du jetzt tun?«
    Einen Moment lang war er wie betäubt. Dantes Fotos hatten seinen zuvor gefassten Entschluss ins Wanken gebracht. Nichts hätte ihn auf den Schock vorbereiten können, diese vollkommene, kleinere Version seiner selbst zu sehen. Beim Betrachten der Aufnahmen hatte Berenger so etwas wie Trauer gespürt, denn in diesem Augenblick begriff er, dass sein Leben sich unwiderruflich verändert hatte. Er hatte keine Macht mehr darüber.

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