Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
miteinander verbunden, wo auch immer sie sein mochten; nichts konnte die beiden Teile voneinander trennen. Aber dass sie beide leibhaftig hier waren, Hand in Hand, erschien ihm zutiefst richtig zu sein.
Er verbeugte sich tief. Das ziemte sich so: Sie war eine hochgestellte Dame, eine Nachfahrin der Paladine, und er war ein Bauernsohn.
Sie zog ihn hoch. Ihre Augen wurden ein wenig größer, als er sich aufrichtete. Er widerstand dem Drang sich zu ducken, um kleiner zu erscheinen. Er war gewachsen, Gott helfe ihm; sie war eine große Frau, aber ihr Kopf reichte ihm nur noch gerade bis zur Schulter.
Es kostete ihn seine ganze Willenskraft, sie loszulassen. Sie war abgezehrt, ihr Blick war verhärmt, Haare und Kleider waren vom Salzwasser ganz steif geworden. Trotzdem war sie das wunderschönste Wesen, das er jemals gesehen hatte.
Sie schien ihn bereits vergessen zu haben. Ihr Blick ruhte nicht mehr auf ihm, sondern war zu den Männern hinter ihm gewandert. Sie begrüßte alle mit Namen und nahm ihre Ehrerbietung mit einem leichten Anflug von Ungeduld entgegen. »Nein, nicht, hört auf damit. Wir sind alle Freunde hier.« »Wie Ihr wünscht, Comtesse«, sagte Mauritius. »Seid Ihr kräftig genug zu reisen? Ich würde Euch nicht darum bitten, aber dies ist kein guter Platz zum Übernachten. Östlich von hier liegt eine Stadt, es ist nur eine Stunde zu reiten. Wir haben Schlafplätze und ein Bad bestellt oder was Euer Herz sonst noch begehren mag.«
»Ein Bad?«, sagte sie schwach.
Gereint biss sich auf die Lippe. Er musste sich das Lachen verkneifen — das war typisch Averil.
Als sie aufgesessen war, nahm Gereint den Platz direkt hinter ihr ein, wie er es immer getan hatte, bevor sie getrennt wurden. Ihre übrigen Begleiter saßen so gut auf, wie sie konnten — einige ohne jedes Geschick, schließlich waren sie Seeleute und keine Reiter. Aber sie schafften es einigermaßen.
Gereint verlor sie nicht aus den Augen, nicht einmal als es dunkel wurde und die Straße im fahlen Mondlicht kaum auszumachen war. Nie wieder, dachte er. Egal, was er tun musste oder wie er es tun musste, er würde sich nie wieder von ihr trennen lassen.
Für Averil war der Ritt ein verschwommenes Durcheinander von Wind, Sternen und Dunkelheit und Gereints Wärme dicht hinter ihr. Sie war fast am Ende ihrer Kräfte, aber so lange er da war, konnte sie weiterreiten. Das Dorf war so nah, wie Mauritius es versprochen hatte. Es war klein und sehr alt, voller kleiner dunkler Menschen, die aussahen, als wären sie Kinder des Wildvolks. Sie hießen sie herzlich willkommen und gaben ihr alles, was der Ritter ihr versprühen hatte.
Sie hatte gedacht, sie könnte den Sturm, den Untergang des Schiffes und den Tod ihrer Zofe und all ihrer Wachen niemals vergessen, aber nachdem sie gebadet und gegessen hatte und ins Bett gefallen war, glitt die Erinnerung davon. Da war nichts außer Gereint, der nahe ihrer Tür schlief, und ein kleiner flüchtiger Gedanke: War da nicht etwas Merkwürdiges mit seiner Cotte? Blau stand ihm wirklich gut. Aber sollte sie nicht … ? Der Rest des Gedankens verlor sich im Schlaf, aber beim Aufwachen dachte sie ihn zu Ende. »Sollte sie nicht grün sein?«
Sie erhielt keine Antwort auf die Frage. Sie lag in einem merkwürdig geformten Raum: Das Haus war rund und die Zimmerwände verliefen wie Radspeichen vom inneren Kreis der Halle nach außen.
Averil erhob sich. Ihre Gastgeberin, eine Witwe, die sowohl gescheit als auch betucht war, hatte ihr passende Kleider zurechtgelegt. Es waren schmucklose Kleider für einfache Menschen; Averil war froh, wieder so schlicht gekleidet zu sein, in einem sauberen Leinenhemd, einem dunkelgrünen Gewand und bequemen, zweckmäßigen Schuhen, die nicht nur schön aussahen. Sie löste ihre Zöpfe, kämmte sich das Haar, um es erneut zu flechten.
Die Knappen schliefen noch in der Halle, eingehüllt in ihre tiefblauen Umhänge. Gereints strohblonden Haarschopf konnte sie kaum übersehen: Er lag direkt zu ihren Füßen.
Sie hockte sich neben ihn, faltete die Hände im Schoß und wartete darauf, dass er erwachte. Es dauerte nicht lange. Unter Averils scharfer Beobachtung begann er, sich zu regen und die Stirn zu runzeln. Nach ein paar Atemzügen öffneten sich seine Augen.
Bei ihrem Anblick bekamen sie einen warmen Glanz. Sie spürte diese Wärme in ihrem Körper, sie schien von den Knien zum Brustbein hochzusteigen. Bei den Heiligen, wenn irgendein Sohn der Paladine das mit ihr machen könnte,
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