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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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aufleuchtenden Gischt, und dann sank der brennende Zeppelin, und die letzten Flammen erloschen.
    Die verbleibenden drei Zeppeline jedoch flogen unbeirrt weiter durch das Gewitter, umzuckt von Blitzen. Als das Unwetter näher kam, begann Lee um das Gas in seinem Ballon zu fürchten. Ein Blitz würde den Ballon sofort in Flammen aufgehen und abstürzen lassen, und er glaubte nicht, dass der Schamane den Sturm präzise genug steuern konnte, um das zu verhindern.
    »Passen Sie auf, Dr. Grumman«, sagte er. »Ich beachte die Zeppeline jetzt nicht weiter, sondern konzentriere mich ganz darauf, die Berge zu erreichen und dort zu landen. Ich möchte Sie deshalb bitten, sich zu setzen und festzuhalten und zum Absprung bereit zu sein, wenn ich es sage. Ich sage es Ihnen rechtzeitig, und ich werde versuchen, so weich wie möglich zu landen, aber unter solchen Umständen zu landen ist genauso Glücksache wie Sache der Geschicklichkeit.«
    »Ich vertraue Ihnen, Mr. Scoresby«, sagte der Schamane.
    Er setzte sich in eine Ecke des Korbes, und sein Dæmon hockte auf dem Korbring, die Klauen tief in dessen lederne Ummantelung geschlagen.
    Der Wind blies jetzt heftig, und die gasgefüllte Hülle schwankte und ruckte unter der Kraft der Böen. Die Leinen strafften sich knarrend, doch Lee hatte keine Angst, dass sie reißen könnten. Er warf noch einigen Ballast ab und behielt den Höhenmesser im Auge. Wenn in einem Sturm der Luft  druck sank, musste man diesen Abfall mit den Angaben des Höhenmessers verrechnen, was sich oft nur grob über den Daumen peilen ließ. Lee ging die Zahlen durch, zur Sicherheit noch ein zweites Mal, dann warf er den letzten Ballast ab. Als einzige Steuerungsmöglichkeit hatte er jetzt noch das Gasventil. Steigen konnte er nicht mehr, nur noch sinken.
    Er spähte gespannt durch die gewittrige Luft und sah vor sich vor dem dunklen Himmel die dunkle Masse der Berge aufragen. Von unten kam ein Brausen und Sausen ähnlich dem Donnern der Brandung an einer steinigen Küste, doch wusste er, dass es der Wind war, der durch das Laub der Bäume fuhr. Soweit waren sie also schon! Sie kamen schneller voran, als er gedacht hatte.
    Er durfte mit dem Landen nicht mehr allzu lange warten. Lee war eine zu stoische Natur, um sich gegen das Schicksal aufzulehnen, er pflegte lediglich die Braue zu heben und ihm unbewegt entgegenzublicken. Doch jetzt huschte unwillkürlich ein Zucken der Verzweiflung über sein Gesicht, da genau das, «was er eigentlich hätte tun müssen – nämlich weiterfliegen, bis der Sturm sich gelegt hatte –, unweigerlich dazu führen musste, dass sie abgeschossen wurden.
    Er nahm Hester hoch, steckte sie in den Aufschlag seiner Segeltuchjacke und knöpfte sie bis oben zu. Grumman saß ruhig in seiner Ecke, sein Dæmon krallte sich fest an den Korbrand, vom Wind zerzaust, der seine Federn steil aufblies.
    »Ich gehe jetzt runter, Dr. Grumman«, brüllte Lee durch den Sturm. »Stehen Sie auf, und seien Sie bereit zu springen. Halten Sie sich am Korbring fest und schwingen Sie sich über den Rand, wenn ich es sage.«
    Grumman gehorchte. Lee starrte nach unten, nach vorn, wieder nach unten und wieder nach vorn und versuchte, durch die Regenschleier etwas zu erkennen. Er musste die Augen schließen, als eine plötzliche Böe ihm dicke Tropfen ins Gesicht schleuderte wie eine Hand voll Kiesel; ihr Trommeln auf dem Ballon verstärkte noch das Heulen des Windes und das Brausen des Waldes unter ihnen, so dass Lee selbst den Donner kaum noch hörte.
    »Also gut«, schrie er. »Da haben Sie uns ja einen schönen Sturm zusammengebraut, Herr Schamane.«
    Er zog an der Schnur des Gasventils und schlang sie um einen Pflock, damit das Ventil offen blieb. Während oben für sie unsichtbar das Gas aus dem Ballon strömte, fiel die untere Hälfte des Ballons allmählich ein. Wo wenige Augenblicke zuvor noch eine prall gefüllte Kugel gewesen war, bildete sich jetzt eine Falte, und dann noch eine.
    Der Korb wurde so heftig hin und her geworfen, dass sie nicht hätten sagen können, ob sie überhaupt sanken, und die Böen kamen so plötzlich und unberechenbar, dass sie es auch nicht gemerkt hätten, wenn sie weiter hinaufgeblasen worden wären. Doch als Lee eine Minute später einen plötzlich Ruck spürte, wusste er, dass das Ankereisen sich in einem Ast verfangen hatte. Dann trieben sie weiter. Der Ast musste abgebrochen sein, doch wussten sie jetzt, dass sie dicht über dem Wald waren.
    »Noch fünfzig Fuß über den

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