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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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halte Euch nicht für einen Feigling, immerhin habt Ihr Euch gerade zu Eurem ersten Flug durchgerungen. Ich leide übrigens auch unter einer Phobie – Demophobie. Wenn ich in einer Menschenmenge feststecke, so Schulter an Schulter, dann wird mir schwarz vor Augen und ich falle in Ohnmacht. Cassi muss mich jedes Jahr gewaltsam mit auf den Markt schleppen, wenn es um die Einkäufe für den Tag der Herrin geht.“
    Cristof schlug die Augen auf. „Ich mag auch keine Menschenmassen.“
    „Es wird schon nicht so schlimm. Ich hake unsere Sicherheitsleinen zusammen, wir werfen sie über das Geländer vom Steg hier und hangeln uns daran herunter. Denkt dran: Bei all dem Ondium, das Ihr mit Euch rumschleppt, kann Euch nichts passieren. Ihr schwebt weiter, auch wenn Ihr loslasst. Wir lassen uns zum nächsten Steg runter, ich hole die Leinen ein, und Ihr sucht nach dem Lochkartendingsbums. Wenn es nicht da ist, versuchen wir es einen Steg weiter.“
    „Lade. Die Lochkarten werden in eine Lade gefüttert.“
    „Sieht die hier so aus wie die bei der Maschine in der Uni?“
    „Das weiß ich nicht.“ Cristof seufzte, die Anspannung war ihm eindeutig anzusehen. Vorsichtig streckte Taya die Hand aus, um ihm aufmunternd die Schulter zu tätscheln.
    Es war schon seltsam: Alister hatte ihr das warme Gefühl gegeben, bewundert zu werden, gebraucht hatte er sie nicht. Er hatte ihr eine Menge Komplimente gemacht, aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie ihm etwas bieten könnte, das er bei niemandem sonst fand.
    Cristof dagegen hatte sie nie beeindrucken wollen. Er hatte stets eingestanden, dass sie Dinge beherrschte, zu denen er nicht imstande war. Er trat ganz einfach beiseite und ließ sie ihre Arbeit tun.
    Er versuchte gar nicht erst, den perfekten Alleskönner zu spielen, das gefiel Taya. Er war ständig auf der Hut und schnell beleidigt, sein Humor neigte zum Sarkasmus, und eigentlich hübsch konnte man den Mann auch nicht gerade nennen – aber er vertraute ihr, und das war ungeheuer viel wert.
    „Trotzdem – ich sollte lieber ganz vorsichtig fliegen“, dachte sie mit einem Blick in sein schmales, besorgtes Gesicht. „Uns beiden wehen momentan jede Menge ungünstige Luftströme um die Nase.“
    „Die Lade muss direkt mit der Maschine verbunden sein.“ Cristof spähte durch das Metallgitter zu ihren Füßen. „Ich wette, es gibt eine Ebene, vielleicht sogar mehr als eine, mit einem Steg quer durch den Raum bis zur Maschine. Da ist dann auch die Lade, da werden die Lochkarten eingeführt.“
    „Dann steigen wir so lange von einer Ebene zur nächsten ab, bis wir den querlaufenden Steg entdecken, und dabei hoffen wir, dass er sich nicht auf der gegenüberliegenden Seite des Berges befindet, wo wir ihn nicht sehen können.“
    Cristof drehte sich um und riskierte einen zweiten Blick in den von geschäftigem Drehen und Stampfen gefüllten Abgrund.
    „Augenscheinlich“, sagte er nach einer Weile, „wäre Fliegen die effizienteste Lösung.“ Sie sah förmlich, wie er sich innerlich auf das Unvermeidliche einrichtete. „Wie lange braucht man wohl, um einmal um die Maschine herumzufliegen?“
    „Keine Ahnung.“ Sie suchte mit Blicken den Horizont ab, beugte sich über das Geländer, versuchte, die Entfernung bis zum Boden abzuschätzen. „Man müsste Spiralen fliegen. Fünfzehn Minuten? Zwanzig? Hängt ganz davon ab, wie nah dieser Steg ist und wie die Luftströme mitspielen.“
    „Ginge es gemeinsam? Könntest du mich hinunterleiten?“
    „Hier?“ Sie richtete sich auf, überrascht, dass er das vorschlug. „Nein. Zu zweit fliegen, wenn einem das Terrain vertraut ist, das geht. Aber in unbekanntem Luftraum, so nah bei all diesen Maschinenteilen und Kabeln? Da muss ich aufpassen, was ich mache, da kann ich nicht gleichzeitig Euch steuern, das würde mich viel zu sehr ablenken. Was haltet Ihr von folgender Idee: Ich fliege erst einmal allein hinunter, und wenn ich diese Lade finde, dann komme ich wieder hoch und wir besprechen gemeinsam, wie wir weiter vorgehen.“
    „Ich soll dich allein da runter fliegen lassen? Auf keinen Fall! Immerhin könnte da unten ein Mörder lauern.“
    „Sobald ich jemanden sehe, komme ich sofort zu Euch zurück.“
    „Diese Ermittlungen sind meine Arbeit, nicht deine.“
    „Während wir hier herumstehen und uns streiten, lässt vielleicht gerade jemand das mechanische Herz durch die Große Maschine laufen.“
    Cristofs Lippen zuckten. Er zog die Schultern hoch und wandte sich

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