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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Möglichkeit, dass ich mit den Zeugen spreche?«
    Mostewoj hob seine Augenbrauen und faltete seine erstaunlich glatte Stirn. »Wir sind ein zivilisiertes Land, und Ermittlungen obliegen den dafür zuständigen staatlichen Behörden.« Er schniefte, zog das Taschentuch aus der Hosentasche und schnäuzte sich. Theo erkannte einen schmalen roten Kratzer am Kinn.
    Mit dem Ton des Bedauerns fügte der Oberst hinzu: »Ich muss« – ein Blick nach oben – »Sie darauf hinweisen, dass Sie in Russland keine Ermittlungen führen dürfen. Aber das wissen Sie ja.«
    »Gibt es denn eine Möglichkeit, dass ich mit Zeugen des Unfalls spreche? Wissen Sie, meine Vorgesetzten« – Mostewoj lächelte verständnisvoll – »wollen sichergehen in diesem Fall.«
    »Was unterscheidet diesen Fall von anderen? Jedes Jahr kommen ausländische Touristen in Russland zu Schaden. Gewiss weniger als in vielen anderen Ländern, in die es die Menschen zieht, aber wo viele Leutesind, gibt es Krankheiten, Verletzungen, Unfälle und, leider, leider, auch tragische Vorfälle wie diesen.«
    »Herr Scheffer war ein, wie soll ich sagen, wichtiges Mitglied unserer Wirtschaftsdelegation …«
    »Also, wir haben bei unseren Außenwirtschaftsfachleuten natürlich Erkundigungen eingeholt, wenn Ausländer in … Vorfälle bei uns verwickelt sind, dann arbeiten wir noch gründlicher als sonst … also, den Herrn Scheffer kannte kaum einer von denen.«
    »Das verwundert mich nicht. Er hat im Hintergrund gewirkt. Er war so etwas wie der Stratege. Früher standen solche Leute auf dem Feldherrnhügel wie Kutusow« – Mostewoj lächelte wissend – »und kämpften nicht aktiv mit, sondern leiteten die Schlacht.« Während er es sagte, verspürte Theo ein wenig Stolz. Aus dem Stegreif, nicht schlecht. Und doch hätte er sich besser vorbereiten müssen. Oder besser darauf geeicht werden müssen, was ihn erwartete. Der Stolz wich einer Beklemmung angesichts der Aussicht, dass ihn dieser Oberst Mostewoj aufs Glatteis führen könnte. Er hätte sich richtig einarbeiten sollen in diesen Schlamassel. Konzentrier dich, der Typ ist hellwach. Und wenn der Polizist ist, bin ich Hollywoodschauspieler. Der Mann ist vom FSB , keine Frage. Inlandsgeheimdienst.
    »Ein Stratege also«, sagte der Oberst und zog die Augenbrauen hoch, als würde ihn die Antwort beeindrucken. »Ein Stratege.« Er beugte sich nach vorn, nur ein wenig, wie um das zu unterstreichen, was er nun sagen würde. »Wir haben uns natürlich auch hier und da ein wenig umgesehen und festgestellt, dass dieser Herr Scheffer ein besonderer … Stratege war.« Er wiegte seinen Kopf mit halb geschlossenen Augen. »Eine Stratege also.« Das sagte er mehr zu sich selbst. Er schniefte und schaute besonders traurig, dann stöhnte er leise, als wollte er seinen Gesprächspartner auf die Last hinweisen, die ihm jemand auf die Schultern gelegt hatte. »Unserer Regierung ist natürlichdaran gelegen, dass die hervorragenden Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern nicht … beeinträchtigt werden.« Er schaute Theo in die Augen. »Wenn irgendwelche … Kleinigkeiten, unwichtige Dinge stören könnten, so übersehen wir die ganz gern. Wir Russen haben ein weites Herz.« Er lächelte freundlich, viel zu freundlich.
    Wenn irgendjemand ein weites Herz hatte, dann zählte Mostewoj gewiss nicht dazu, trotz seiner traurigen Augen. Theo erkannte den Profi in seinem Gegenüber, der ihm mit gesetzten Worten mitgeteilt hatte, er könne die Leiche von diesem verdammten Spion mitnehmen, und wenn der BND die Sache auf sich beruhen ließ, dann würden auch die Russen die Klappe halten. Aber was konnten sie verraten? Dass Scheffer ein Spion war? Na und.
    »Ich bin ein großer Freund Ihres Landes«, sagte Theo. Er kam sich albern vor, aber manchmal ist die Wahrheit eben albern. »Ich habe keine Zweifel, dass alles so geschehen ist, wie Ihre Behörden es erklären.«
    Über Mostewojs Gesicht huschte ein Lächeln. Er war voller Verständnis, gerade jetzt. »Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Regierung diesen Unfall sehr bedauert. Wir setzen alles daran, den Schuldigen zu finden und hart zu bestrafen.«
    »Schließlich haben Sie Zeugen«, sagte Theo.
    Mostewoj begriff sofort. »Keiner hat sich das Kennzeichen gemerkt. Das ist ärgerlich, aber auch verständlich. Wenn man sieht, wie ein Mensch umgefahren wird, dann ist man … geschockt.«
    Theo nickte.
    Mostewoj, tief betrübt: »Es wird also schwer, was uns nicht daran hindert, es zu

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