Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
gedehnt.
»Das nehme ich an. Allerdings würde es Alexei Iwanow sicher noch mehr freuen, wenn er in meinen Schuhen steckte – oder in Ihren«, entgegnete der Mann mit dem Codenamen Moskau-Eins zynisch.
»Zweifellos«, bestätigte die Stimme. »Glücklicherweise ist sein Chef vernünftiger und umgänglicher. Also, wann können wir mit der zweiten Phase beginnen? Unsere Freunde wollen wissen, wann sie ihre militärischen Vorbereitungen intensivieren können.«
Der blonde Mann prüfte den letzten Zustandsbericht auf seinem Computerbildschirm, einen, den Wulf Renke selbst abgesandt hatte. Es war wohl besser, persönlich mit dem Forscher zu sprechen, ehe die nächsten Varianten per Kurier verschickt wurden. »Ich brauche heute Abend ein Flugzeug ab Scheremetewo-2.«
»Ich regle das.«
»Dann könnte ich morgen früh zeitig im HYDRA-Labor sein.«
Kapitel sechs
Prag
Mit seiner Reisetasche und dem Laptoprucksack über der Schulter stemmte Smith sich gegen den Strom von Streifenpolizisten und Politessen, die nach der morgendlichen Kaffeepause an die Arbeit zurückkehrten. Kalte Luft drang durch die offenen Vordertüren der Konviktská-Polizeistation und trug den süßlichen Gestank der Benzin- und Dieselabgase herein, die sich im Labyrinth der Altstadtgässchen fingen.
Kaum war Jon auf den Gehsteig getreten, bekam er das eisige Prager Winterwetter zu spüren. Er blieb stehen und hauchte in die Hände; dass seine zerrissene und durchweichte Lederjacke nicht mehr zu retten gewesen war, bereute er jetzt schon. Ehe er auf der Polizeistation den Erhalt seiner Sachen quittiert hatte, hatte er eine Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover angezogen, doch die dünne Windjacke, die er über dem Pullover trug, bot wenig Schutz gegen die beißende Kälte. Über die hohlen Hände hinweg suchten seine Augen unauffällig die unmittelbare Umgebung ab.
Dort, dachte er.
Auf der anderen Straßenseite, direkt gegenüber der Polizeihauptwache, lehnte ein großer, bulliger, bärtiger Mann lässig an seinem geparkten Taxi, einem Skoda Sedan. Unter den Matsch-und Dreckflecken, die das Taxi zierten, hatten kleinere Zusammenstöße so viele Beulen und Schrammen hinterlassen, dass man kaum sagen konnte, wo die Originalfarbe aufhörte und die Grundierung begann. Der Fahrer musterte Smith von oben bis unten,
räusperte sich einmal, spuckte auf die Straße und richtete sich langsam zu voller Größe auf. Hey, Mister!« rief er. Sein Englisch hatte einen breiten Akzent. »Taxi gefällig?«
»Vielleicht«, sagte Smith vorsichtig und überquerte die Straße. War dieser Bär von einem Mann die versprochene Verstärkung? »Wie viel nehmen Sie für eine Fahrt zum Flughafen?«
Die Frage fiel nicht weiter auf, denn Prags unabhängige Taxifahrer waren bekannt dafür, dass sie bei unachtsamen und naiven Touristen die regulären Preise verdoppelten, wenn nicht gar verdreifachten. So konnte selbst bei der kurzen Fahrt nach Ruzyne, dem einzigen internationalen Flughafen der Stadt, ein hübsches Sümmchen zusammenkommen.
Der Hüne grinste breit, wobei er eine Anzahl tabakfleckiger Zähne entblößte. »Von einem reichen Geschäftsmann? Ich würde sagen 1000 Kronen.« Dann senkte er die Stimme. »Aber für einen Gelehrten wie Sie? Einen armen Professor? Nichts. Sie brauchen mir nichts zu zahlen.«
Smith erlaubte sich, ein wenig zu entspannen. Gelehrter war das Codewort, das Klein für dieses Treffen gewählt hatte. Das bedeutete, dass es sich bei diesem raubeinigen, hemdsärmeligen Taxifahrer – allem Anschein zuwider – um den Covert-One-Mitarbeiter handelte, der den Auftrag bekommen hatte, ihn heil aus der Tschechischen Republik zu schaffen. Er nickte schnell. »Okay. Einverstanden. Fahren wir.«
Er blickte sich noch einmal um, dann setzte er sich auf die Rückbank und wartete, bis der Fahrer sich hinters Steuer geklemmt hatte. Unter dem Gewicht des Riesen ging der Skoda in die Knie.
Ehe der Fahrer den Motor anließ, drehte er sich um und schaute dem Amerikaner in die Augen. »Man hat mir gesagt, dass Sie gern unbeschadet und unbemerkt am Flughafen ankommen würden«, dröhnte er.
»In der Tat.«
»Und dass es vielleicht Menschen gibt, die das verhindern möchten. Richtig?«
Wieder nickte Smith, diesmal mit fest zusammengepressten Lippen.
Der Riese grinste breit. »Machen Sie sich keine Sorgen, Professor. Alles wird gut. Sie können sich auf Václav Masek verlassen, falls es Ärger geben sollte.« Damit zog er den Reißverschluss
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