Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
so ist, haben wir ja zumindest eins gemeinsam«, entgegnete die Russin trocken. Dann wandte sie sich wieder an Smith. »Am Telefon sagten Sie, Sie glauben, dass die Krankheit sich momentan außerhalb Russlands ausbreitet.«
Er nickte düster. »Ohne weitere Informationen über den ersten Ausbruch hier kann ich das nicht mit absoluter Sicherheit sagen, doch die Symptome scheinen dieselben zu sein. Und falls es sich um dieselbe unbekannte Krankheit handelt, führt die vom Kreml verhängte Nachrichtensperre letztlich dazu, dass Menschen sterben.«
»Dummköpfe! Idioten!«, fluchte Dr. Wedenskaja giftig. Sie schob ihren halbvollen Teller beiseite und zündete sich eine neue Zigarette an, offenbar versuchte sie, etwas Zeit zu schinden, um ihre Fassung wiederzugewinnen. »Dieses unsinnige Täuschungsmanöver ist kriminell! Als die Regierung beschlossen hat, diese seltsamen Todesfälle geheim zu halten, habe ich sie vor den Folgen gewarnt. Und meine Kollegen ebenso.«
Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Sobald wir den Zusammenhang zwischen den ersten vier Fällen erkannt hatten, hätte man uns erlauben müssen, uns mit den internationalen Gesundheitsbehörden zu beraten.« Sie ließ die schmalen Schultern hängen. »Und ich hätte etwas sagen oder tun sollen, um vor der Gefahr zu warnen. Doch dann, als die Wochen verstrichen, ohne dass noch jemand erkrankte, gestattete ich es mir zu hoffen, dass
meine anfängliche Angst vor einer größeren Epidemie übertrieben gewesen war.«
»Hat es hier in Moskau keine neuen Fälle gegeben?«, fragte Fiona.
Die russische Forscherin schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Keinen einzigen.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Smith überrascht.
»Völlig sicher, Jonathan«, antwortete Dr. Wedenskaja. »Es stimmt zwar, dass die Regierung uns verboten hat, der Außenwelt von diesem Ausbruch zu berichten, doch wir sind explizit dazu aufgefordert worden, unsere Forschungen fortzusetzen. Der Kreml ist nach wie vor sehr daran interessiert, mehr über diese Krankheit zu erfahren: woher sie kommt, wie sie übertragen wird, auf welche Weise sie ihre Opfer tötet und ob es eine Möglichkeit gibt, ihr grausames und erbarmungsloses Fortschreiten aufzuhalten.«
»Aber Valentin Petrenko hat mir berichtet, dass man ihn angewiesen hat, die Untersuchung dieser ersten vier Todesfälle einzustellen«, sagte Smith stirnrunzelnd.
»Ja, das ist richtig«, bestätigte Dr. Wedenskaja. »Die Forscherteams in den Krankenhäusern sind zurückgepfiffen worden, wahrscheinlich um den Informationsfluss besser kontrollieren zu können. Stattdessen wird die Erforschung dieser Krankheit in anderen Einrichtungen auf höherer Ebene vorangetrieben, meiner BIO-ZGM-Abteilung am Institut beispielsweise.«
»Auch in den Laboren von Bioaparat?«, fragte Smith leise, womit er die Ansammlung von schwer bewachten Forschungszentren meinte, die angeblich das Zentrum des streng geheimen russischen Biowaffenprogramms bildeten. Falls die Russen, wie Klein und Präsident Castilla vermuteten, tatsächlich diese seltsame Krankheit als Waffe einsetzen wollten, mussten die Wissenschaftler und Techniker von Bioaparat in irgendeiner Weise beteiligt sein.
Ernst schüttelte die grauhaarige Frau den Kopf. »Ich weiß nicht,
was hinter dem Stacheldraht in Jekaterinburg, Kirow, Sergijew Posad oder Strishi vorgeht.« Sie kniff die Lippen zusammen. »So weit reicht meine sicherheitsdienstliche Freigabe nicht.«
Smith nickte zustimmend. Mit nachdenklich gerunzelter Stirn versuchte er vergeblich, die neuen Informationen in das Puzzle einzufügen. Wenn diese neue Krankheit eine von den Russen hergestellte Waffe war und wenn sie bereits gegen wichtige Leute im Westen und in anderen Ländern eingesetzt wurde, warum bestand der Kreml dann darauf, dass die eigenen zivilen Forscher die Sache weiterverfolgten?
Eine kurze, unbehagliche Stille trat ein.
»Ich habe die kopierten Befunde dabei, um die Sie mich gebeten haben«, sagte Dr. Wedenskaja schließlich zu Smith. Sie klopfte auf den schweren Wintermantel, der neben ihr auf der Bank lag. »Sie sind hier, versteckt in einem Stapel alter Medizinjournale. Sie bekommen sie, wenn wir draußen sind. Hier gibt es zu viele Zuschauer.«
»Ich bin Ihnen ehrlich dankbar, Elena«, sagte Smith aufrichtig und schaute sie von der Seite an. »Aber was ist mit den Blut- und Gewebeproben der Opfer? Gibt es irgendeinen Weg, wie Sie so etwas zu uns herausschmuggeln könnten?«
»Das ist völlig unmöglich«,
Weitere Kostenlose Bücher