Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Gardein
Vom Netzwerk:
Der Rat der weisen Frauen und Männer hatte es ihm bereits gesagt, dass er sich vom kommenden Tag auch an diesem Ort Ekuos der Seher nennen durfte. Ekuos der Hirte musste zurückbleiben.
    Der Tempel wurde durch hohe Fackeln erleuchtet und goldene Schalen glänzten im Licht. Ekuos starrte auf die Hand Palmiras. Sie war im Haus gewesen, als er es betrat. Wie es ihr gelungen war, in den Tempel zu gelangen, darüber erfuhr er nichts. Hatte er bisher nicht genug getan? Die Feinde waren nicht mehr und er musste seinen Bruder und die Freunde ins Dorf zurückbringen. Trotzdem war ihm, als sei seine Mission eine andere und noch lange nicht zu Ende. Was sollte er tun, wenn sie am Boden liegenblieb und nie mehr aufstehen würde? Er dachte an Amanda, die sicher von ihrem Platz aus das Ufer einsehen konnte und die Leute des Glenn beobachtete. Palmira würde, wenn es denn so nicht gewollt war, von sich aus nicht in das Salz hinabsteigen. Aber woran zweifelte er? Hatte er nicht vorher noch an Palmiras Leben, an ihr Weiterleben gedacht, war er nicht vollständig davon überzeugt gewesen? Er schaute auf ihre schmale, ein wenig ovale Hand mit den sehr schlanken, allerdings nicht übermäßig langen Fingern. Sie wirkten wie tot. Lag es daran, dass sie kaum Zeichen trugen? Die meisten Hände, die er gesehen hatte, trugen Wundnarben, tiefe Kerben von der schweren Arbeit, zumindest aber starke Falten. Palmiras Hand zeigte nichts davon. Fast makellos lag sie auf den runden Flusskieseln, die zu ihrer Heilung unter ihren Arm gelegt worden waren. Man hatte sie heraufgebracht, damit ihr das frühe Licht des kommenden Tages heilend helfen konnte. Ekuos hatte erfahren, dass die weise Frau Palmira von ihren Fesseln befreit hatte. Aber man konnte an Palmiras Handgelenken keinerlei Spuren entdecken. Nur ihre Hände sah er, denn ihr gesamter Körper war zugedeckt worden.

     
    Ekuos sprach mit sich. Er kniete nieder und befreite die Liegende von den Fliegen, die sich auf ihrem Arm niederlassen wollten. Dabei sprach er mit sich selbst. Ekuos hörte seine Stimme, aber nicht seine Worte. Er bekam das Gefühl, er war das nicht, der aus ihm sprach. Vielleicht setzte Ekuos gar keine Wörter aneinander, sondern sprach einen Liedtext oder etwas Vergleichbares zu seiner eigenen Beruhigung? Ekuos hätte fragen können, aber er sah ja, wie schwer es Palmira fiel zu atmen. Er hätte sie in dieser Lage berühren müssen. In seiner Nähe standen Körbe mit Äpfeln, den Früchten des Lebens.
      Er durchschnitt mit einem Messer die Apfelhälften in noch kleinere Teile und legte sie auf ihre Stirn. So befreite er den Körper von der Anwesenheit der Schmerzen, mit denen die Feinde Palmira bedeckt hatten. Als Sinnbild der Unsterblichkeit würde er Palmira im Leben lassen. Ekuos schälte das Kernhaus aus dem Fleisch und legte es Palmira auf die Hand. Er entfernte das auf ihr liegende Tuch. Nun lag sie da, ein fußlanges Unterkleid war zu sehen und ein fast ebenso langer Mantel. Umhüllt von Stoff blieben nur die unbedeckten Hände zu sehen. Auf ihr Gesicht legte er nun wieder ein helles Tuch. Ekuos schaute auf ihre Schuhe. Es war kein Schuhwerk, wie es im Land gefertigt wurde. Palmira stammte aus keinem reichen Haus, das hatte Ekuos gewusst. Nun sah er sich fragend um, weil sie Schuhe aus einer Gegend trug, die er nicht kannte. Die weise Frau gab ihm zu verstehen, dass er sich an ihre Seite zu begeben hatte. Was der Glenn mit Palmira gemacht hatte, das durfte nicht ohne Strafe bleiben. Ekuos erhob sich.
    »Nichts ist, wie es scheint. Wir alle hier warten auf ein Zeichen. Einer der Weisen sagte, es wird so sein, dass wir an einem großen Meer beheimatet sein werden. Diese Sippen, die viel besaßen, die von Tellern aßen, die Händler von weither lieferten, die Wein aus fernen Landen tranken und sich mit fremden Stoffen kleideten, auch sie werden wieder arm sein.«
    Ekuos erinnerte sich an diese Worte seines weisen Ratgebers und Lehrers, der sich die Entwicklung der Menschen nur ungern angesehen hatte und häufig gegen sie wetterte.
    Eine der weisen Frauen führte ihn an den goldenen Kessel, der das Licht des frühen Morgens auffing.
    »Die reichen Herren fahren in ihren Wagen einfach an den Kranken und Alten vorbei und lassen sie, vom hoch geworfenen Schmutz ihrer Räder verunstaltet, hinter sich. Sie lachen nur deshalb darüber, weil sie seinen Fluch fürchten. Palmira war ausgewählt worden und Atto hieß ihr Beschützer, auch wenn er kein wirklicher Kämpfer war.

Weitere Kostenlose Bücher