Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Gardein
Vom Netzwerk:
auserwählten Menschen zeigte. Matu legte sein zerrissenes Hemd ab und seine Hemdbrust kam zum Vorschein, die ihm die Mutter genäht hatte. Das Hemd war mit blauweißen Rauten verziert und bewies seine Verehrung für die Große Mutter, denn die Rauten waren das Symbol für die Augen der Eule. Matu war berührt durch die Erinnerung an seine Sippe. Er zeigte der Großen Mutter seine geschmückte Brust und bat so still um ihren Schutz und ihre Hilfe bei der Befreiung von Atles und den Freunden. Er senkte seine Lider, wie Ekuos es tat, um die Große Mutter nicht mit seinen Blicken zu beschmutzen.
    Sie warteten, bis die Finsternis sie blind machte. In der Dunkelheit des Waldes klang jedes Geräusch gefährlich. Was verbarg sich hinter einem tiefen Seufzer? Oder war es ein Stöhnen? Wie konnte etwas von einem Blatt fallen, das man nicht sehen konnte und wo er dennoch das Gefühl hatte, von etwas berührt worden zu sein? Fiel ein Blatt wie von selbst zu Boden, atmete es weiter, dass man den Atem am Bein spüren konnte? Unterhalten Bäume sich, bevor es Nacht wird? Wenn unter einem Strauch ein Leuchtpunkt glühte, war es ein Tier oder nur ein fliegendes Auge? Matu hörte auf, sich Fragen zu stellen, die er niemals würde beantworten können. Er wollte seine Augen nicht mehr öffnen, erst wieder zu Tagesbeginn, wenn sein müder Kopf frisch war wie die Quelle, die er zu finden hoffte. Die Pferde sollten heiliges Wasser trinken. Einmal hatte sich ein weiser Mann über ihn gebeugt und ihn direkt angeschaut.
    »Klug ist jener, der am Ende sein Ziel erreicht, nicht der, der zu Beginn allen davonläuft«, hatte der weise Mann gesagt. Matu wiederholte diese Worte leise und Amadas, der in einiger Entfernung hoch über dem Flussufer hockte, wunderte sich.
    »Wenn der Sonnengott am Himmel die Nacht verfolgt und der Mondgöttin nachjagt, warum erreicht er sie nie, wenn er doch der Mächtigste aller Mächtigen ist?« Matu schlug sich auf den Mund. Wer sprach da aus ihm? Was erlaubte er sich für Fragen zu stellen.
    Ekuos hatte sich umgewandt und war an die äußeren Äste eines Baumes gegangen, wohin das nun erschienene Mondlicht ihn lenkte. Von dort aus fixierte er Matu.
    »Ohne die letzte Frage zu stellen, können wir leben. Wenn wir Menschen alles wissen, werden wir sterben. Wähle das, was du bevorzugen würdest. Nicht für dich, Matu, für die anderen in deinem Dorf. Beantwortest du die Frage aller Fragen, wirst du damit deine Sippe töten. Ist es das, was du anstreben möchtest? Wirst du den goldenen Apfel pflücken, um die Antwort zu bekommen?« Amanda hatte scharf gesprochen und sie sah dabei Ekuos an.
    Matu musste sich rechtfertigen. »Niemand ist so klug, die letzte Frage beantworten zu können«, sagte er.
    Für Ekuos war genug gesprochen worden. Er dachte an Glenn und dessen Leute, die sich über solche Fragen schon lange keine Gedanken mehr machten. Sie würden jeden goldenen Apfel pflücken, wenn sie dadurch neue Salzadern in den Bergen finden würden. Er machte sich Sorgen um Amanda, denn ihr Leben war von allen hier das gefährdetste, wenn sie im Land des Glenn ankam. Und Ekuos wusste, diese Sorge durfte er als Seher nicht haben, denn Amanda war lediglich seine Begleiterin, nicht mehr. Noch einmal setzte er sich über das auferlegte Schweigen hinweg. Er sprach leise, denn er wollte nicht unverschämt klingen.
    »Klug sind nicht nur die Weisen. Klug ist auch jener, der sein Vieh an der flachsten Stelle durch den Fluss führt, auch wenn er die Furt Tag und Nacht suchen muss. Wir sind nicht klug, wenn wir nicht hören und sehen, was um uns herum geschieht. Wir lernen zu hören. Wir hören die Stimmen, die uns lehren, das zu tun, was zu tun richtig ist. Das Licht lehrt uns zu sehen, was zu sehen notwendig ist. Der Mensch isst, wenn er es für richtig hält. Wir essen, wenn es notwendig ist. Wir sprechen, wenn es etwas zu sagen gibt. Lernen wir also, was unumgänglich ist. Matu wird mit Amadas voranreiten und das Boot mit Amanda und Ekuos im Auge behalten.« Ekuos trat aus dem Wald hinaus und suchte sich eine Anhöhe, von der aus er den hoffentlich erscheinenden Tag kommen sehen konnte. Ich werde, dachte Ekuos, alles in meinem Kopf festhalten, wie ich es früher als Hirte tun musste. Sprich mit ihnen also nicht über Dinge, die sie nur verwirren müssen. Die Menschen sind sanft, wenn sie aber etwas nicht verstehen, können sie sehr hart werden. Halte den Mund, wenn du sprichst, hatte eine weise Frau ihm geraten. Die, die dich

Weitere Kostenlose Bücher