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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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wenn wir fertig sind, kannst du uns besuchen kommen.«
    Thanksgiving, Weihnachten und Neujahr kamen und gingen, und noch immer hielten Arden und seine Mutter das Haus nicht für gut genug, um mich einzuladen. Arbeiter kamen in unser Haus, malten, tapezierten, entfernten alten Lack und strichen, polierten, brachten das ganze Haus wieder auf Vordermann. Wir hatten viele, unzählige Räume. Das Häuschen von Billie und Arden hatte nur fünf.
    »Arden«, fragte ich schließlich eines Tages, »warum dauert es so lange, bis euer Haus fertig ist? Mir ist es egal, ob es schön ist oder nicht.«
    Er hatte die Angewohnheit, meine Hand zu halten und mit seiner eigenen zu vergleichen, was die Größe anging; es war eine Möglichkeit, meinem Blick auszuweichen. Seine Finger waren doppelt so lang. Aber wenn es auch ein schönes Gefühl war, so wollte ich doch, daß er meinen Blick erwiderte und ehrlich mit mir war. Aber seine Antwort klang ausweichend. »Ich habe irgendwo nocheinen Vater. Er ging fort, als…als–«
    Er stotterte, stammelte, errötete, rutschte mit den Füßen hin und her, und es schien so, als wäre er von panischer Angst erfüllt. »Es ist wegen Mammi…«
    »Sie mag mich nicht wirklich.«
    »Aber natürlich mag sie dich!«
    Er zog mich vorwärts, als wollte er mich in sein Haus schleifen, ganz gleich ob seine Mutter es guthieß oder nicht. »Es ist nicht leicht, darüber zu reden, Audrina. Vor allem, weil sie mich gebeten hat, dir nichts davon zu erzählen. Ich habe von Anfang an gesagt, wir müßten ehrlich sein, aber sie wollte nicht auf mich hören, obwohl es uns eine Menge Schmach und Ärger erspart hätte. Ich habe gesehen, wie du sie anschaust, dann mich, und dich fragst, was, zum Teufel, hier vorgeht. Ich weiß, dein Vater will nicht, daß ich einen Platz in deinem Leben einnehme, also frage ich dich nicht, warum ich nicht nach Whitefern eingeladen werde. Aber laß es uns jetzt hinter uns bringen. Es wird Zeit, daß du es erfährst.«
    Es schien so, als hätte ich mein ganzes Leben in nur einem einzigen Gebäude verbracht. Noch nie war ich in einem anderen Haus gewesen–einem ohne Geister der Vergangenheit. Die kleinen Zimmer des Häuschens konnten nicht so düster und furchterregend sein wie unsere riesigen Räume, und genausowenig konnten sie erfüllt sein von der verblassenden Pracht verfallener Antiquitäten.
    Zum erstenmal in meinem Leben sollte ich ein kleines, gemütliches, normales Haus sehen.
    Als wir ankamen, schwebte Rauch zum Himmel. Möwen flogen hm und her, ließen den Tag trübe und düster erscheinen. Abrupt blieb ich stehen, als Arden mich durch die Tür ziehen wollte. »Ehe wir hineingehen, mußt du mir eine Frage beantworten. Wie lange kennen wir uns schon?
    Ich habe es schon einmal gefragt, aber du hast mir keine offene Antwort gegeben. Diesmal möchte ich eine ehrliche Antwort.«
    Obwohl ich eine so einfache Frage stellte, er schlug die Augen nieder. »Wenn ich zurückdenke, kann ich mich an keine Zeit erinnern, in der ich dich noch nicht kannte. Vielleicht habe ich schon von dir geträumt, ehe ich dich wirklich kennengelernt habe. Als ich dich im Wald sah, versteckt hinter Büschen und Bäumen, da war es, als wäre ein Traum wahr geworden–das ist der erste Tag, an dem ich dich wirklich gekannt habe. Aber ich bin schon damit geboren worden, dich zu kennen.«
    Seine Worte waren Trost für mich, als wir nun die Tür öffneten und Hand in Hand ins Haus traten, die Blicke ineinander versenkt.
    Diesmal saß Billie nicht am Fenster. Ich sah sie auch nicht in diesem Zimmer, als ich eintrat. Arden flüsterte: »Ich glaube, Mammi möchte diesen Tag ewig hinausschieben. Also vertrau mir, wie ich dir vertraue. Es wird schon alles gut werden.«
    Das war alles, was er sagte, um mich vorzubereiten. Später habe ich mich oft gefragt, warum er nicht mehr, viel mehr sagte.

Billie
    Arden warf die Tür hinter uns zu. Laut. Sehr laut. Eine Warnung, ein Signal für Billie? Ein paar tote Blätter waren mit uns hereingeweht. Schnell bückte ich mich, um sie aufzuheben. Als ich sie in der Hand hatte, richtete ich mich auf, um mich neugierig umzusehen. Das Wohnzimmer war sehr hübsch. Ein Sofa und zwei gemütliche Sessel waren mit hellem Chintz bezogen. Im Vergleich mit unseren riesigen Zimmern wirkte dieses sehr klein. Die Decke war kaum zweieinhalb Meter hoch, und ich fühlte mich fast eingesperrt, bedrückt. Trotzdem strahlte das Zimmer eine Gemütlichkeit aus, die zu Hause fehlte, die es dort auch

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