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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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fühle sich wohl genug für einen Rundgang durch den Garten. Dabei neckte sie den Herrn Pfarrer und mich. Mich, weil ich mich weigerte, sie ohne Stütze gehen zu lassen, und ihn, weil er ständig um sie herumschwirrte und einmal unnötige Schals anbot und im n ächsten M o ment wieder auf ebenso überflüssigem Schatten b e stand.
    An jenem Tag und an den folgenden wirkte M i chael Mompellion wie neugeboren. Einer, der wie er überzeugt gewesen war, dass Elinor an die Pest ve r loren war und sie dann von einem ganz normalen Fieber wieder genesen vorfand … Für das Wunder, das er empfand, bedurfte es keiner großen Phantasie, denn ich fühlte genauso. Sein von Sorgen zerfurchtes Gesicht glättete sich, um die Augen tauchten wieder Lachfalten auf. Er hatte den federnden Schritt der Jugend und widmete sich seinen Pflichten mit neuer Energie.
    Elinor saß gerade in der frischen Luft auf einer Bank in der Südecke des Gartens – ein wundersch ö ner Ort der Muße, ganz von ihren Lieblingsrosen umrankt. Ich hatte ihr einen Becher Brühe gebracht, und sie hatte mich zu einer Plauderei bei sich beha l ten, wie sie es schon seit langem nicht mehr getan hatte. Dabei ging es um Belanglosigkeiten, wie zum Beispiel die Frage, ob man die Irisbüschel wieder einmal teilen sollte.
    Mister Mompellion sah uns dort sitzen und kam rasch aus dem Stallhof herüber. Er war gerade vom Hof der Gordons zurückgekehrt, wo er sich um Di n ge gekümmert hatte, die seit Urith Gordons Tod u n gelöst geblieben waren. Da die Gordons lediglich Pächter gewesen waren und John Gordon in seinem Anfall sämtliche Rinder getötet hatte, gab es bezü g lich des Besitzes nur wenig Schwierigkeiten. Trot z dem war den Nachbarn bei all den Kreuzen, die Go r don gebaut hatte, nicht wohl gewesen. Sie hatten nicht gewusst, wie man damit umgehen sollte. Der Herr Pfarrer hatte es für nötig gehalten, sie mit allem Respekt unter Gebeten zu verbrennen, und hatte sich höchstpersönlich darum gekümmert.
    An diesem Tag war es sehr warm. Als der Herr Pfarrer neben Elinor auf der Gartenbank Platz nahm, wedelte sie ihm spielerisch mit den Händen vor dem Gesicht herum.
    »Mister Mompellion, du riechst höchst intensiv nach Rauch und Pferdeschweiß! Lass dir von Anna ein bisschen Waschwasser aufwärmen!«
    »Gut«, sagte er, wobei er wieder lächelnd auf die Beine sprang. Ich entfernte mich, um ihren Wunsch zu erfüllen. Während ich mich ins Pfarrhaus zurüc k zog, hörte ich, wie er sich angeregt mit Elinor unte r hielt. Als ich dann bald darauf eine Waschschüssel mit einigen Lappen hinaustrug, gestikulierte er au s ladend.
    »Keine Ahnung, warum mir das nicht schon früher eingefallen ist«, sagte er. »Wie ich aber so dastand und ein Gebet über diese Feuerkreuze sprach, e r kannte ich es so klar, als hätte mir Gott selbst die Wahrheit ins Herz gesenkt!«
    »Beten wir, dass dem so ist«, sagte Elinor aufg e regt.
    Dann stand sie auf, und beide spazierten, Seite an Seite, den Gartenpfad entlang und ließen mich dort stehen. Sie vergaßen mich einfach! Nach einem A u genblick stellte ich die Sachen auf die Bank und b e gab mich nach drinnen zu meiner Arbeit. Egal, was sie so gefesselt hat, dachte ich, während ich einen Putzlumpen in einen Eimer warf, ich würde es erfa h ren, wann sie es für richtig hielten. Aber noch wä h rend ich mit aller Macht den Sandsteinboden schrubbte, hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund, als hätte ich auf eine im Kern saure Frucht gebissen.
     
    Der nächste Tag war ein Sonntag, und ich erfuhr mit allen anderen im Dorf, was Gott angeblich M i chael Mompellion gezeigt hatte.
    »Um unser Leben zu retten, meine Freunde, mü s sen wir, so glaube ich, hier einen großen Brand en t zünden. Wir müssen uns von unseren weltlichen G ü tern trennen – von allem, was unsere Hände berührt und was wir am Körper getragen haben, von allem, was unser Atem gestreift hat. Lasst uns diese Dinge hierher bringen und anschließend unsere Häuser scheuern, wie e s den Hebräern zum Zeichen des Fe s tes ihrer Errettung vor Pharao geboten worden ist. Danach wollen wir uns heute Abend hier versa m meln und Gott unsere Güter mit unseren Gebeten zu unserer Errettung opfern.«
    Ich sah die fragenden Gesichter ringsum im Stei n bruch, sah, wie sie den Kopf schüttelten. Die Me n schen hatten bereits so viel verloren, dass ihnen ein weiteres Opfer schal aufstieß. Ich dagegen dachte an den jungen George Viccars und wie er sich auf se i nem Totenbett

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