Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
Vom Netzwerk:
Schauspieler, Sänger, Maler, Autoren, Leute von überall
auf der Welt. Einmal war Franza spätnachts zu ihm gekommen nach einem langen
Tag, nach einer anstrengenden Observierung, da hatten sie alle zusammengesessen
in Ports Wohnung, redeten und lachten in verschiedensten Sprachen
durcheinander, Russisch, Englisch, Spanisch, was auch immer. Obwohl Port sie
wie selbstverständlich begrüßt und eingeführt hatte, blieb in Franza das Gefühl
einer großen Fremde, einer großen Unwirklichkeit, was sie traurig machte, weil
es ihr zeigte, was sie ohnedies ahnte, nämlich, dass sie in verschiedenen
Welten lebten. Seine Fenster im fünften Stock waren erleuchtet, das konnte sie
von der Straße aus gut sehen. Er schlief also noch nicht, aber war er alleine?
Franza nahm das Handy aus ihrer Tasche, drückte seine Nummer, sofort meldete er
sich.
    »Ich habe eine Kaffeemaschine gekauft«, sagte sie. »Kann
ich sie in deiner Küche aufstellen?«
    Es war still in der Leitung, sie spürte seine Überraschung
und ein Zögern. »Jetzt?«, fragte er dann. »Jetzt«, sagte sie.
    Wieder Stille. Ich sterbe, dachte sie. Mein Gott. Mach,
dass ich sterbe.
    »Ja«, sagte er. »Mach.«
    Als sie hochkam, lehnte er in der offenen Wohnungstür. Sie
schaute ihn nicht an, ging an ihm vorbei in die Küche, hörte, wie er die Tür
schloss und hinterherkam. Sie packte die Kaffeemaschine aus, steckte sie ein,
ließ Wasser durchlaufen, einmal, noch einmal, dann Filtertüte hinein,
Kaffeepulver, es duftete schon, ehe das heiße Wasser lief. Sie wünschte ihn
sich herbei, merkte aber, dass er wartete, abwartete. »Was ist?«, fragte er.
»Um diese Zeit?« Sie holte tief Luft, schloss die Augen, spürte ihn, da war er
noch gar nicht bei ihr. Dann war er da, umfing sie von hinten, sie kroch in
seine Nähe, seine Wärme, drehte sich zu ihm um, fühlte sich endlich getröstet
auf wundersame Weise.
    »Was machst du?«, fragte er. »Was tust du denn?«, während
sie endlich weinte, in sein nasses Haar hinein, in seine Schulterkuhle, die
nach Nacht roch, nach Versinken, Sichfallenlassen, und als sie endlich
versunken war, kamen das schlechte Gewissen und die Angst.
    Der Kaffee war durchgelaufen, und sie zwang sich fort von
Ports Schulter. Sie spürte so deutlich wie nie zuvor, irgendwann würde sie
zerbrochen sein, Knochen an Knochen zerfallen, ihre Haut ein Häufchen Zartheit,
irgendwo an einem Wasser, das sie liebte, verschwunden und fort, und endlich machten
sie Liebe, sie fickten nicht mehr, sie fickten schon lange nicht mehr. Das war
ihr jetzt klar, zum ersten Mal war es ihr klar, und es überraschte nicht nur,
es schmerzte auch, weil es Max hinausstieß, endgültig, und weil sie nicht
wusste, wo er landen würde, auf einer Wiese, weich, oder auf dem Beton der
Straße.
    Später auf der dunklen Terrasse ein Croissant, das über
den Tag trocken geworden war, und wieder Kaffee, in den sie allerdings Wodka
schütteten, so trank selbst Port ihn ganz gern.
    Marie war auch im Dunkeln gewesen, aber allein und dem
Tode nah. Moribund würde Borger es nennen, »Moribund, wie wir Lateiner sagen«. Ihre Gedanken schweiften ab, und sie nahm
sich vor, Borger zu fragen, ob er schon einmal darüber nachgedacht hatte,
schwul zu sein, weil er mit Frauen irgendwie nie klargekommen war. »Glaubst du,
dass Borger schwul ist?«, fragte sie Port und erinnerte sich in derselben
Sekunde, dass Port Borger gar nicht kannte, und spürte eine neue Leichtigkeit
in sich aufsteigen und musste lachen. »Wer?«, fragte Port. »Borger? Wer soll
das sein?«
    Franza lachte weiter, der Wodka schlug ein wenig an,
außerdem stellte sie sich Borger vor mit einem Mann, Krawatten-Borger mit einem
Mann im Bett, nein, das ging nicht, das ging wirklich nicht, diese Vorstellung
war absolut absurd, irgendwie aber auch nicht.
    Sie winkte ab. »Ach, niemand, nicht wichtig.«
    »Warum grinst du dann so?«, fragte Port. »Jetzt sag schon.
Was?«
    »Dein Regisseur«, sagte sie. »Trägt der Krawatten?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Mein Regisseur!«,
sagte er. »Mein Regisseur ist nicht mein Regisseur.
Und ja. Manchmal. Warum?«
    »Nur so«, sagte sie. »Nur so.« Und grinste immer noch.
Also doch. Ob man ihn verkuppeln konnte? Mit Krawatten-Borger? Der flog doch,
wie sie neuerdings wusste, auf Kunst und Künstler. Zwei Fliegen mit einer
Klappe. Borger war aus der Singlemisere geholt und der Regisseur würde kein
Auge mehr auf Port werfen.
    »Also, Hexe«, sagte Port und warf ein Kissen nach ihr,
»was hat

Weitere Kostenlose Bücher