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Das Reich der Dunkelheit

Das Reich der Dunkelheit

Titel: Das Reich der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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jetzt wieder die alte, geheimnisvolle Welt, die wir in den letzten Monaten nach und nach entdeckt haben.
    Nach dem detaillierten Plan, den Hinkebein gezeichnet hat, bewegen wir uns vorsichtig weiter. Feuchtigkeit, Stille und Staub sind unsere Begleiter, aber wir lassen uns dadurch nicht abschrecken. Das Echo ist unser unsichtbarer Freund.
    Wir gelangen in den großen Thronsaal. Hinkebein gibt uns ein Zeichen. Wir sollen stehen bleiben, damit er sich orientieren kann. Geduldig warten wir, bis er zwischen Wandteppichen, Säulen, Schilden und Lanzen einen Weg gefunden hat.
    „Ich glaube, ich habe eine interessante Entdeckung gemacht“, sagt er plötzlich. „Mal sehen, was das ist.“
    Wir folgen ihm schweigend. Er bewegt sich jetzt langsamer und äußerst vorsichtig weiter, achtet auf die kleinsten Details, berührt mit den Fingerspitzen die Wände, die immer dunkler werden. Hin und wieder hebt er den Blick, um sich die Decke genauer anzusehen. Der Korridor wird immer breiter und höher.
    „Möglicherweise stoßen wir hier auf etwas Neues“, sagt er. „Wie wir gesehen haben, gibt es hier viele noch unentdeckte Räume, wie zum Beispiel den Gerichtssaal. Erinnert ihr euch?“
    „Klar erinnern wir uns“, flüstert Metáfora. „Aber ich glaube, dass dieser Palast nicht viel anders ist als alle anderen.“
    Hinkebein bleibt abrupt stehen und legt ein Ohr an die Mauer. Dann klopft er mit den Fingerknöcheln und der Taschenlampe auf die Steine.
    „Merkwürdig … Hier stimmt etwas nicht.“
    „Was denn, Hinkebein?“, frage ich. „Was stimmt nicht?“
    „Diese Mauer steht nicht in einer Linie mit den anderen. So als hätte man sie diagonal angelegt, um den Weg zu versperren … Kapier ich nicht.“
    „Vielleicht ist es ja eine tragende Wand“, überlegt Metáfora. „Ich nehme an, die Architekten im Mittelalter waren nicht gerade Perfektionisten.“
    „Da ist was dran, aber viele unter ihnen waren ganz hervorragende Baumeister. Bestimmt gibt es für diese Mauer eine Erklärung, da bin ich mir ganz sicher. Sie ist sehr dick … Dicker als die anderen. So als markiere sie eine Grenze, einen Übergang …“
    „Willst du damit sagen, dass der Palast hier zu Ende ist?“, frage ich.
    Hinkebein wiegt den Kopf hin und her, so als wäre er mit der Realität nicht einverstanden.
    „Das glaube ich nicht“, antwortet er schließlich. „Ich bin mir nicht sicher, aber es muss dafür einen anderen Grund geben. Bestimmt ist da etwas auf der anderen Seite. Aber wenn wir den Eingang nicht finden …“
    „Meinst du, es gibt irgendeine Tür?“
    „Das weiß ich nicht. Diese Art Mauer ist völlig neu für mich. Nein, ich glaube nicht, dass es eine Tür gibt. Es handelt sich vermutlich um eine Schutzmauer.“
    „Aber es muss doch eine Möglichkeit geben, auf die andere Seite zu gelangen“, sagt Metáfora.
    „Klar, wenn du deinen Körper entmaterialisierst und dich in ein Gespenst verwandelst“, lache ich. „Versuch’s doch – mal sehen, was passiert! Wird bestimmt lustig, dich als Gespenst zu sehen …“
    „Mit so was scherzt man nicht“, weist sie mich zurecht.
    „Werd nicht gleich böse, das war doch nur ein Witz“, versuche ich, sie zu besänftigen. „Entschuldige.“
    Sie hat sich über mich geärgert und gibt keine Antwort. Inzwischen weiß ich ja, dass sie empfindlich ist, aber ich kann immer noch nicht damit umgehen.
    „Am besten, wir tasten uns die Mauer entlang“, schlage ich vor, „dann werden wir ja sehen, wo sie hinführt.“
    Hinkebein nickt und geht los. Wir folgen ihm. Nach ein paar Metern kommen wir nicht mehr weiter. Eine hohe Mauer versperrt uns den Weg.
    „Also, Leute, ich glaube, es ist besser, wir machen für heute Schluss“, sagt Hinkebein. „Wir haben schon viel geschafft.“
    „Bist du sicher, dass wir hier nicht weiterkommen?“, frage ich ihn.
    „Ich bin mir überhaupt nicht sicher, Arturo“, antwortet er in gereiztem Ton. „Ich sage nur, dass wir heute weit gekommen sind und Schluss machen sollten. Ich muss in meinen Büchern nachschlagen, um mehr über diese Art von Transversalmauern herauszufinden. Im Augenblick sehe ich keine andere Möglichkeit … Los, Leute, Abmarsch!“
    ***
    I CH SITZE IN meinem Zimmer und lasse mir den heutigen Tag noch einmal durch den Kopf gehen. Das mit der Mauer ist sehr seltsam. Es erinnert mich an etwas, das ich fast schon vergessen hatte. Ich schalte meinen Computer ein, um mir noch einmal die Münze anzuschauen, die wir im Garten der Schule

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