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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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aufrief, die, auf ihren Lagern sitzend, das ganze Gespräch mit angehört hatten und es mit unbezwinglichem Lachen begleiteten. Nein, zwei Pfund für die Nacht, mein lieber Herr, verstehen Sie recht, für die Nacht!
    – Für jede Nacht? Und folglich, wenn die Fahrt einen Monat dauert, sechzig Pfund? Nun wissen Sie, Herr, das bezahle ich auf keinen Fall. Auf den Scherz falle ich nicht hinein, antwortete Thompson wütend, während er sich wieder ausstreckte.
    – Dann, mein Herr, erklärte Baker mit unerschütterlichem Phlegma, dann bleibt mir nichts übrig, als Sie von hier auszuweisen.«
    Thompson sah seinen Gegner an und erkannte, daß dieser nicht spaßte, und Baker streckte schon die Arme nach ihm aus.
    Von den Zuschauern eine Hilfe zu erwarten, daran war nicht zu denken. Rein entzückt von dieser unerwarteten Revanche, verdrehten die sich vor Lachen.
    Thompson zog es vor, klein beizugeben, statt es auf einen Kampf ankommen zu lassen, dessen Ausgang nicht zweifelhaft war. Er erhob sich ohne ein weitres Wort und ging auf die hinausführende Leitertreppe zu. Ehe er aber die erste Leitersprosse erstieg, glaubte er noch einmal protestieren zu müssen.
    »Ich weiche der Gewalt, sagte er mit Würde, protestiere aber feierlichst gegen die mir angetane Behandlung. Jedenfalls mußte ich vorher darauf aufmerksam gemacht werden, daß ich für meine vierzig Pfund nicht einmal ruhig schlafen könnte.
    – Die Sache ist doch aber sehr einfach, erwiderte Baker, der wie aus den Wolken gefallen schien, nein, Ihre vierzig Pfund geben Ihnen nicht das Recht, auf den Matratzen der Gesellschaft zu schlafen, ebensowenig wie an der Tafel der Gesellschaft aus den Gläsern zu trinken und aus den Schüsseln zu essen. Überfahrt, meine ich, ist doch nicht gleichbedeutend mit Matratzen, Lehnstühlen, Claret und Beefsteak! Wenn Sie solche Dinge haben wollen, müssen sie bezahlt werden, und die sind gerade jetzt überaus teuer!«
    Baker streckte sich darauf ohne Umstände auf der eroberten Matratze aus, während Thompson blindlings die Sprossen der Leitertreppe hinaufkletterte.
    Der Unglückliche hatte eingesehen, wie hier die Sachen lagen.
    Daß er schlecht schlief, ist wohl einleuchtend. Er verbrachte die ganze Nacht auf dem Deck, um ein Mittel zu suchen, sich dem ihm drohenden Schicksal zu entziehen. Trotz seines erfinderischen Geistes entdeckte er keines; er hatte sich dummerweise in einer Sackgasse fangen lassen.
    Allmählich beruhigte sich Thompson einigermaßen bei dem Gedanken, es wäre doch wenig wahrscheinlich, daß Baker seine Drohungen wirklich wahr machen werde. Es handelte sich hier, meinte er, nur um einen Scherz, der zwar recht unangenehm, aber doch nur ein Scherz wäre, wie sich das bald genug zeigen würde.
    Diese optimistischen Gedanken waren immerhin nicht imstande, Thompson Ruhe genug zu gewähren, um Schlaf zu finden. Bis zum Morgen ging er, alle Aussichten, die er hatte, sein Leben und seine Kasse zu retten, überlegend, auf dem Deck hin und her, wo die nächtliche Wache sich von Zeit zu Zeit ablöste.
    Während Thompson ärgerlich umherlief, lagen die übrigen Passagiere der »Santa-Maria« in tiefem Schlafe. Das Wetter blieb ziemlich gut, trotz der Trockenheit des Ostwindes, der die Segel des Fahrzeugs aufblähte, das dabei recht schnell dahinglitt. Als der Tag graute, lag São-Thiago schon zwanzig Meilen im Süden.
    In der frühen Morgenstunde kam das Schiff nahe an der Insel Maio vorüber, doch außer Thompson war niemand da, das wüste Land zu betrachten.
    Anders war es vier Stunden später, als man, doch nicht so nahe, längs der Insel Boavista hinsegelte. Jetzt hatten sich an Bord der »Santa-Maria« alle erhoben und das Oberdeck war so gedrängt voll, daß noch viele aus Mangel an Platz auf dem untern Deck bleiben mußten.
    Aller Augen richteten sich auf die Stadt Rabil, vor der jetzt deutlich verschiedene vor Anker liegende Schiffe zu erkennen waren. Boavista versank dann allmählich am Horizonte, als die Glocke zum Frühstück rief.
    Baker, der für die Rückreise gewählte Chef, ordnete jetzt alles nach eignem Gutdünken. An Bord der »Santa-Maria« sollte die Verpflegung ganz so gehalten werden wie an Bord eines regelmäßig verkehrenden Paketbootes, und die Pünktlichkeit der Mahlzeiten lag ihm da ganz besonders am Herzen. Obwohl der auf Schiffen herrschenden Gewohnheit nicht entsprechend, hatte er die von seinem Vorgänger dafür angenommenen Stunden beibehalten. Auf seine Anordnung läutete die Glocke wie

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