Das Salz der Mörder
machen. Dann
hörte ich Stevens Stimme: „Soll das ein Witz sein? Du sitzt viel zu tief drin,
um jetzt auszusteigen. Also, lass den Quatsch. Wir machen weiter wie bisher.
Nun reiß dich mal zusammen, Mann!“
Ich
zog mich lautlos zum Fenster hoch, um einen kurzen Blick in den Abstellraum zu
erhaschen, in dem sie sich aufhielten. Steven stand gegen einen Stapel
Bierkästen gelehnt, der andere saß im Dunkeln und mit dem Rücken zu mir.
„Aber
ich sage es dir doch: Die haben was gemerkt. Die wissen bloß nicht wer dahinter
steckt. Es ist nur eine Frage der Zeit und die kriegen uns. Meinst du etwa, die
lassen vor lauter Freude diese Kontrollkommission aus London hier einfliegen?
Du scheinst gar nicht zu wissen, was überhaupt vor sich geht. Die kommen, um
den ganzen Laden zu übernehmen, weil die Republic of Ghana seine gesamten
Anteile an uns verkaufen will. Das bedeutet, unsere Company hat nach
Vertragsunterzeichnung das alleinige Sagen. Begreifst du nicht: Wir Briten sind
dann hundertprozentiger Eigentümer der Minen. Das Kontrollsystem wird drastisch
verschärft, die Schlampereien werden mit einem Mal aufhören und somit können
wir beide unsere Sachen packen, Steven.“
„Du
siehst das viel zu schwarz. Wer sitzt denn am richtigen Schreibtisch und kann
die richtigen Zahlen in den Büchern manipulieren? Das bist doch wohl du, oder?
Jetzt gib mir die verdammten zwanzig Kilo und du hast augenblicklich Ruhe vor
mir.“
„Nun
glaub mir endlich. Ich komme da momentan nicht heran. Das ist unmöglich. Warum
sollten wir so ein Risiko eingehen. Bist du unersättlich? Wir haben genug auf
der hohen Kante. Wir werden es für eine Weile bleiben lassen, bis Gras über die
Sache gewachsen ist. Weiß eigentlich Manfred etwas davon?“
„Manfred
weiß nichts von unseren Geschäften. Und den halten wir auch schön raus dabei.
Hast du das verstanden? Zu Manfred kein Wort. Na, schön. Wir lassen diese
Angelegenheit erst mal ruhen.“
Es
fing an zu regnen. Ich bemerkte die kühlen Tropfen auf meiner Haut kaum. Barfuß
und in Turnhosen hockte ich immer noch unter dem Fenster und begriff gar nichts.
Wer war Stevens Gesprächspartner? Seine Stimme kam mir zwar bekannt vor, ich
konnte sie aber leider niemandem zuordnen. Der Regen wurde stärker. Durch die
erfrischende Nässe, erwachte ich aus meiner Verwunderung. Ich sprang mit großen
Schritten über die aufgeweichte, morastige Straße und verschwand ungesehen in
meinem Haus. Von oben bis unten klitschnass und mit Schlamm verschmierten
Füßen, legte ich mich wieder neben Florence ins Bett.
Dummerweise
vergaß ich jene morgendliche Unterhaltung und ging zur Tagesordnung über, denn
ich hatte keine Zeit mich mit Hirngespinsten zu befassen. Später dachte ich
sogar, ich hätte den ganzen Vorfall geträumt.
Jedes
Mal, wenn Steven und ich gemeinsam nach Accra fuhren, was selten genug vorkam,
besuchten wir stets unseren alten Freund David in seiner Villa in North Ridge
und machten uns einen netten Abend. Schockiert erfuhren wir von ihm, dass er
vor kurzem erneut geheiratet hat. Ohne Vorwarnung und ohne uns zu
benachrichtigen, schleppte er nach seiner jüngsten Scheidung von neuem eine
Arbeitskollegin aus seinem Büro vor den Traualtar. Eine gewisse Peggy aus
Birmingham, zehn Jahre jünger als er, mit Milliarden von Sommersprossen und
fürchterlich roten Haaren. Er hatte es so eilig mit ihr, dass er nicht einmal
Zeit fand eine ordentliche Party zu organisieren. Oh, David, du wirst auch
nicht mehr klüger. Selbstverständlich holten wir die Hochzeitsfeier im Gold
House in Obuasi in einem angemessenen Rahmen nach.
Man
verhaftete Steven im September 1996. Sie sperrten ihn für eine Nacht in die
Obuasi Police Station ein. Am nächsten Morgen wurde er nach James Fort verlegt.
Ein ehemaliges Fort, das zu einem Gefängnis ausgebaut worden war. Der Knast
steht direkt neben dem Leuchtturm von Accra an der Highstreet. Ich fuhr
geradewegs zur British High Commission um David zu informieren. Er setzte
sofort alle Hebel in Bewegung, um herauszufinden worum es sich handelte und wie
die Anklage lautete. Plötzlich erinnerte ich mich wieder an dieses Gespräch mit
dem unbekannten Goldlands-Mitarbeiter. Hatte ich womöglich damals doch nicht
geträumt, wie ich es mir einzureden versuchte? Weil ich Steven sowieso nicht
helfen konnte, kehrte ich nach Obuasi zurück - einer musste sich ja schließlich
um den Laden kümmern.
Ich
fiel aus allen Wolken, als ich zuhause eintraf: unser Restaurant „The
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