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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Ihr habt ihm dafür nur eure Seelen zu verkaufen und
sonst gar nichts. Das ist Faschismus! Gebt doch dem Individuum die Chance sich
frei zu entwickeln. Es sollte sich ausschließlich einem unterwerfen - einer
demokratischen Gesetzgebung. Einer Gesetzgebung und Rechtsprechung, die
begründet ist auf Humanismus, auf die Liebe zum Nächsten, auf Brüderlichkeit
also, nicht auf Gleichheit, es sei denn die Gleichheit vor dem Gesetz. Für mich
ist die Unfreiheit des Einzelnen, die Führung einer Masse oder Gemeinschaft,
für mich ist das der reinste Faschismus. Es gibt in unserer 2000jährigen
Geschichte so viele Beispiele, an denen sich beweis. . .“
    Ich
war so in Redefluss geraten und damit beschäftigt mein nächstes Brötchen mit
Butter zu bestreichen, um es dann mit köstlichem Schwarzwälder Schinken zu
belegen, dass ich gar nicht bemerkte, wie die gläserne Terrassentür von einer
unserer Beschützerinnen aufgeschoben wurde. Deshalb schoss ich wie vom Teufel
besessen von meinem Stuhl hoch, als eine der alten Damen plötzlich an unserem
Korbtisch stand und Maria folgende Botschaft übermittelte: „Frau Doktor Hansen
wünscht, dass sie unverzüglich diese Form der Konversation beenden!
Anderenfalls müssen wir Herrn Wegner zu seinem eigenen Schutz in seine
Unterkunft zurückführen!“
    „Ja,
ja, auf jeden Fall“, erwiderte Maria ziemlich entgeistert, „wir sind sowieso
mit dem Frühstück fertig. Und verstanden habe ich von seinem ganzen Gerede erst
recht nichts.“
    „Der
Kaffee war sehr gut, Maria. Danke. Ich mag ihn so kräftig und schwarz“, sagte
ich, um irgendwas zu sagen. „Kann ich den noch austrinken?“ Ich lächelte sie an
und schlürfte den letzten Schluck aus der Tasse. Mit dem zugeklappten
Schinkenbrötchen in der Hand, schob ich umständlich meinen Stuhl beiseite und
tat so, als würde ich die ältere Frau neben mir, die scheinbar unter ihrem
leichten Sommermantel ein halbes Waffenarsenal verbarg, überhaupt nicht
bemerken. Unschlüssig wanderte ich auf der Terrasse auf und ab. „Wo habt ihr
denn die hervorragenden Brötchen her? Backt ihr die selber?“ Da mir niemand auf
meine Frage antwortete, lief ich weiterhin zwischen Korbtisch und Verandatür
hin und her. „Lass uns doch jetzt zum Meer runtergehen. Den Tisch werde ich
später abräumen“, erwiderte Maria um einiges lauter, damit alle anderen
verstehen konnten, wie es im Moment weitergehen sollte. Inzwischen hatte ich
Brötchen Numero Vier vertilgt. Sicherlich betone ich meine gegenwärtige
Fresssucht zu oft, aber ich war wirklich hungrig. Ich glaube, die frische Luft
trug erheblich zu meinem gesteigerten Appetit bei.
    Wir
schlenderten durch den Garten. Maria öffnete die kleine Tür hinten im Zaun.
Unser Ausflugsprogramm schien jedem bekannt zu sein, außer mir, weil die sechs
alten Mädels, die das Haus absicherten, bereits an Ort und Stelle waren, um uns
außerhalb des Gartens in Empfang zu nehmen. Gefolgt von den andern vier
Begleiterinnen, stand uns nun eine kleine Bergsteigepartie bevor, um über das
felsige Gestein zum Meer zu gelangen. Eine Windböe zerzauste uns die Haare.
Vorsichtig kletterten wir den Steilhang abwärts. Unten angelangt, verteilte
sich die weibliche Gefolgsarmee auf beiden Seiten des Strandes in einer Weise,
so dass sich Maria und ich genau im Schnittpunkt einer imaginären Schusslinie
befanden. Absichtlich fragte ich die ganze Zeit nicht nach Gaby, daher war ich
um so mehr überrascht, sie an der Hand von Frau Dr. Radtke zu sehen, meiner
persönlichen Psychologin, die uns, wie rein zufällig, lächelnd entgegen kam.
Mit einem leichten Klaps auf den Po schickte sie Gaby zu uns herüber. Mir
klopfte das Herz. Sie grüßte höflich, als wären wir irgendwelche
Sonntagsspaziergänger, die die letzten warmen Sonnenstrahlen des Jahres genießen
wollten. Was haben die nur mit ihr gemacht, ging es mir durch den Kopf. War es
noch möglich meinen Plan durchzuführen, ohne Gaby zu gefährden? Wir nahmen sie
in unsere Mitte und setzten uns auf einen übergroßen Gesteinsbrocken, der
direkt vor der schräg nach oben laufenden Felswand lag.
    „Gaby,
wie geht es dir? Geht es dir gut? Wie fühlst du dich? So, sag doch was!
Erkennst du mich denn nicht? Gaby, ich bin dein Vati!“ Sie sah auf das Meer
hinaus, ohne auf mich zu reagieren. Die hatten sie so weit gebracht, dass sie
ihre Umwelt nicht mehr erfassen konnte. Ich war verzweifelt, machtlos, hilflos.
Wieder stiegen diese Aggressionen in mir auf und suchten nach

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