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Das Schloß der Barmherzigkeit - Geschichte und Auftrag der Anstalt Stetten

Das Schloß der Barmherzigkeit - Geschichte und Auftrag der Anstalt Stetten

Titel: Das Schloß der Barmherzigkeit - Geschichte und Auftrag der Anstalt Stetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Teufel
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lieb hat.« — »Weil
er uns hilft.«
    »Woher wißt ihr denn das?«
    Schweigen.
    »Ich hab euch doch einmal eine
Geschichte von ihm erzählt; sie hieß: ›Der Sturm auf dem Meer‹. Wem hat er da
geholfen?«
    »Seinen Jüngern.« — »Die hatten
Angst vor dem Wasser.« — »Sie waren in einem Schiff bei Nacht.«
    »Ja. Und wie er seinen Jüngern geholfen
hat, so hilft er auch uns. Er hat seinen Jüngern die Geschichte erzählt, die
ich euch jetzt erzählen will. Wo stehen denn diese Geschichten?«
    »In der Bibel.«
    »Richtig. In der Bibel steht
auch diese Geschichte von dem Vater und dem Sohn. Und wenn ich euch die
Geschichte erzählt habe, dann müßt ihr mir sagen, wer der Vater und wer der
Sohn ist. Also paßt gut auf: Es war einmal ein reicher Bauer, der wohnte auf
einem schönen großen Hof. Wir sind neulich auf so einem Hof gewesen, wißt ihr
noch?«
    Sie nicken eifrig, sie
strecken, sie wollen erzählen, aber der Lehrer winkt ab.
    »Der Bauer hatte einen Sohn,
der hatte es sehr gut bei seinem Vater. Es gab genug zu essen und zu trinken.
Aber vor allem durfte er auch in die Schule gehen und viel lernen, und das tat
er gern, denn er war ein kluger Bub. Und als er dann aus der Schule kam, half
er seinem Vater bei der Arbeit. Das tat er auch gern. Auf dem Hof waren noch
viele Knechte und Mägde, die konnten ihn alle gut leiden, weil er so fleißig
war. Am Sonntag durfte er ausreiten auf seinem eigenen Pferd, das hatte ihm
sein Vater geschenkt. Der Vater dachte: Wenn ich einmal alt bin, dann gebe ich
meinem Sohn den Hof; dann habe ich’s gut und darf ausruhen. Aber eines Tages
kam der Sohn zu seinem Vater und sagte: ›Ich will fort!‹ Der Vater erschrak. ›Wohin
willst du denn?‹ — ›Ich will einfach fort, in die weite Welt, in die Stadt.‹ — ›Warum
denn?‹ fragte der Vater. ›Du hast es doch gut bei mir gehabt.‹ — ›Es ist mir zu
langweilig, es gefällt mir nicht mehr hier. Es ist jeden Tag das gleiche. Ich
will auch einmal etwas anderes sehen, ich will Kameraden haben, mit denen ich
lustig sein kann. Bitte, gib mir viel Geld, daß ich verreisen kann.‹
    »Was der Vater wohl getan hat?«
    »Er hat geschimpft.«
    »Warum?«
    »Weil er fort will.«
    »Warum will er nicht
dableiben?«
    »Er will nichts mehr arbeiten.«
— »Er will andere Leute sehen.« — »Er will lustig sein und Bier trinken.«
    »War das recht? Durfte er
einfach so fortlaufen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Schweigen. Endlich streckt die kleine
Marie. »Er soll bei seinem Vater bleiben!«
    »Warum denn?«
    »Er hat ihm einen Gaul
geschenkt.« — »Der Vater ist lieb zu ihm.«
    »Du hast recht. Der Vater hat
den Sohn lieb. Wenn er ihn lieb hat, wird er ihn dann schimpfen?«
    Schweigen. Einer stottert heraus:
»Er l… äßt ihn gehen!«
    »Richtig. Und was gibt er ihm
mit?«
    »Er gibt ihm viel Geld.«
    »Vielleicht denkt der Vater: Er
kommt bald wieder. Wenn er einmal fort ist, dann merkt er, wie schön er es
daheim gehabt hat. Er ging also fort in die Stadt. Dort wohnte er in einem
schönen Haus. Er fand bald Freunde, mit denen er aß und trank — oft bis in die
Nacht hinein. Aber dazu brauchte er Geld, viel Geld. Und auf einmal war sein
Geld aus. Was hätte er jetzt tun sollen?«
    »Heimgehen«. — »Er hatte
Angst.« — »Er wollte nicht.« — »Sie lachen ihn aus.« — »Da schämt er sich.«
    »So ist es, er schämte sich.
Und deshalb ging er nicht zu seinem Vater. Aber nun hatte er kein Geld mehr. Da
ging er zu einem Bauern. Der sagte zu ihm: ›Der Sommer war so trocken, viele
Wochen hat es nicht geregnet, alles ist verdorrt. Ich habe kein Mehl und kein
Brot und keine Kartoffeln. Wenn du willst, kannst du meine Schweine hüten. Aber
zu essen kann ich dir nichts geben.‹ Der Sohn dachte: Dann eß ich halt das, was
die Schweine zu fressen kriegen. Aber der Bauer paßte auf, daß er nichts aus
dem Schweinetrog nahm. Oh, er hatte Hunger, schrecklichen Hunger! Hätte er nur
ein Stücklein Brot gehabt! Wenn er abends die Schweine in den Stall getrieben
hatte, legte er sich auf den Boden; er konnte nicht mehr stehen, so schwach war
er.
    Jetzt endlich, als er so Hunger
hatte, dachte er wieder an daheim. ›Wie viele Knechte hat mein Vater‹, sagte er
ganz laut vor sich hin, ›die haben Brot genug. Wenn ich doch nur ein Riebele
(Stückchen) davon hätte! Hier muß ich vor Hunger sterben‹.«
    Einer schreit: »Er soll doch
machen, daß er heimkommt.«
    »Ja, denkt euch nur, das sagt
er jetzt selbst: ›Ich

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