Das schoenste Geschenk
langweiliger Idiot zu sein.«
Obwohl die Verachtung in seinem Ton sie überraschte, lächelte Sharon. »Vielleicht. Aber er konnte auch lieb und nett sein. Dann vergaß ich, wie streng und unnachgiebig er war, bis er mich aufs Neue mit seinen Maßregelungen attackierte. Über den Plänen für unsere Hochzeitsreise haben wir uns dann endgültig zerstritten. Ich wollte auf die Fidschi-Inseln fahren.«
»Auf die Fidschi-Inseln?«, wiederholte Victor.
»Ja«, erwiderte Sharon trotzig. »Ich wünschte mir eine exotische, romantische Hochzeitsreise. Schließlich war ich gerade erst neunzehn geworden. Aber er hatte bereits Pläne gemacht. Er wollte in eines dieser Plastik-Hotels für Flitterwöchner fahren. In so ein Ding, wo alle Aktivitäten von der Hotelleitung geplant werden.« Sie setzte sich an den Tisch und trank in einem Zug ihren Tee aus.
Victor stand neben ihr und nippte an seinem Tee, während er sie beobachtete. »Und da haben Sie die Hochzeit abgeblasen?« Er war gespannt, ob sie die Gelegenheit wahrnehmen und auf diese Frage einfach mit Ja antworten oder ob sie ihm die Wahrheit sagen würde.
»Nein.« Sharon schob ihren leeren Becher beiseite. »Wir hatten einen fürchterlichen Streit. Ich lief davon und verbrachte den Abend mit ein paar Freunden in einer kleinen Studentenkneipe. Vorher hatte ich Carl gesagt, dass ich keine Lust hätte, meine erste Nacht als verheiratete Frau mit Bingospielen oder bei einer drittklassigen Hotelshow zu verbringen.«
Victor unterdrückte nur mit Mühe ein amüsiertes Lächeln. »Das leuchtet mir ein«, sagte er.
»Nachdem ich mich beruhigt hatte, gelangte ich zu der Einsicht, dass es völlig unwichtig war, wohin wir fuhren, wenn wir nur endlich zusammen waren. Ich redete mir ein, dass Carl recht hatte und ging zu ihm nach Hause, um mich zu entschuldigen. Da hat er mir sehr ruhig und mit sehr vernünftigen Worten den Laufpass gegeben.«
Victor schwieg eine Weile, bevor er langsam einen Stuhl heranzog, um sich neben sie zu setzen. »Sie haben mir doch gesagt, er hätte niemals einen Fehler gemacht.«
Sekundenlang schaute Sharon ihn überrascht an. Dann lachte sie. »Danke. Das habe ich gebraucht.« Impulsiv lehnte sie den Kopf an seine Schulter.
Jetzt, wo sie sich alles von der Seele geredet hatte, war ihre Wut auf einmal verflogen.
Die Zärtlichkeit, die er für sie empfand, veranlasste Victor zur Vorsicht. Trotzdem konnte er der Versuchung nicht widerstehen, ihr über die blonden Locken zu streichen. Ihr Haar fühlte sich dick und weich an. Er merkte gar nicht, dass er eine Strähne um seinen Finger gewickelt hatte.
»Lieben Sie ihn noch immer?«, hörte er sich fragen.
»Nein. Aber ich muss ihn nur sehen, und schon komme ich mir wieder wie eine unverantwortliche Romantikerin vor.«
»Sind Sie denn eine?«
Sie zuckte die Schultern. »Meistens.«
»Was Sie vorhin zu ihm gesagt haben, war völlig begründet.« Victor begehrte sie. Und weil er über seinem Verlangen seine Vorsicht vergaß, zog er sie an sich.
»Ich habe ihm eine Menge Dinge an den Kopf geworfen.«
»Dass er Ihnen einen Gefallen getan hat«, sagte Victor leise, während er mit den Fingern ihren Hals streichelte. Sharon seufzte. Er wusste nicht, ob es eine Antwort auf seine Bemerkung oder eine Reaktion auf seine Liebkosung war. »Und dass es Sie wahnsinnig gemacht hätte, seine Socken zu kleinen Bällen aufgerollt zu sehen.«
Lachend legte Sharon den Kopf zurück, um zu ihm aufzublicken. Aus reiner Dankbarkeit küsste sie ihn leicht auf die Wange.
Victor schaute auf sie hinab. Ihr Mund war sehr verlockend. Er begehrte ihre vollen Lippen. Sanft legte er die Hand in ihren Nacken, um sie festzuhalten. Sharon zeigte weder Schüchternheit noch Zurückhaltung. Einladend öffnete sie die Lippen.
Ihre Zungen trafen sich. Sein Kuss wurde heiß und drängend. Er brauchte ihre Süße, ihre unkomplizierte Freigiebigkeit. Er wollte die frische, klare Leidenschaft, die sie ihm so willig darbot, ganz auskosten. Er biss zart in ihre vollen weichen Lippen, und sie zog ihn noch enger an sich.
»Victor«, flüsterte sie benommen.
Sofort ließ er sie los und stand auf. »Ich habe eine Menge Arbeit vor mir«, sagte er knapp. »Ich werde Ihnen eine Liste der Materialien zusammenstellen, die ich für die Renovierung benötige. Sie werden von mir hören.« Und dann war er durch die Hintertür verschwunden, noch ehe Sharon ihm hatte antworten können.
Fassungslos starrte Sharon auf die Tür. Was hatte sie Victor
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