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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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legte Denise den Hörer auf und dachte an ihre trübe Stimmung vom vergangenen Abend. Sie staunte, was doch ein paar Stunden Schlaf bewirken konnten.
    Sie schob es auf das prämenstruelle Syndrom.
    Ein bisschen später, nach dem Frühstück, machte Denise die Fahrräder bereit. Kyles war startfertig, ihres musste sie erst von Spinnweben befreien. Sie würde die Reifen etwas aufpumpen müssen, aber für die Fahrt in die Stadt würde die Luft noch reichen.
    Nachdem sie Kyle geholfen hatte, sich den Helm aufzusetzen, machten sie sich auf den Weg. Der Himmel über ihnen war blau und wolkenlos und Kyle fuhr vor ihr her. Im letzten Dezember hatte sie einen Tag damit verbracht, auf dem Parkplatz ihres Mietshauses mit ihm zu üben; sie war hinter ihm hergelaufen und hatte ihn am Sattel aufrecht gehalten, bis er den Trick raushatte. Er hatte einige Stunden gebraucht und war ein paar Mal hingefallen, aber insgesamt begriff er schnell, worum es ging. Kyles motorisches Geschick war immer schon überdurchschnittlich gewesen, eine Tatsache, die jeden Arzt überraschte, wenn er Kyle testete. Kyle war, so hatte sie lernen müssen, ein Kind voller Widersprüche.
    Aber natürlich reichte seine Konzentration, wie bei jedem anderen Vierjährigen auch, nur dafür, das Gleichgewicht zu halten und Freude am Fahren zu haben. Für ihn war Fahrradfahren ein Abenteuer
(besonders, wenn Mom dabei war!)
und er fuhr mit vollem Risiko. Obwohl kaum andere Autos auf der Straße waren, konnte Denise nicht anders, als ihm alle paar Sekunden Anweisungen zuzubrüllen.
    »Bleib bei Mommy… «
    »Stopp!«
    »Nicht auf die Straße!«
    »Stopp!«
    »Fahr an die Seite, Schatz, es kommt ein Auto… «
    »Stopp!«
    »Pass auf, da ist ein Loch… «
    »Stopp!«
    »Nicht so schnell… «
    »Stopp!«
    »Stopp« war der einzige Befehl, den er richtig verstand, und wenn sie »Stopp!« rief, zog er die Bremse an, stellte die Füße auf den Boden und drehte sich mit einem strahlenden Lächeln, bei dem seine kleinen Zähne blitzten, zu ihr um, als wollte er sagen: Das
macht so viel Spaß. Warum hast du solche Angst?
    Als sie bei der Post ankamen, war Denise völlig geschafft.
    Ihr war jetzt schon klar, dass Fahrradfahren für sie keine Alternative war, und sie beschloss, Ray zu fragen, ob sie vorübergehend zweimal zusätzlich arbeiten könne. Sie würde die Selbstbeteiligung an den Krankenhauskosten bezahlen und jeden Penny zurücklegen und vielleicht würde sie sich in ein, zwei Monaten ein neues Auto leisten können.
    In ein, zwei Monaten?
    Bis dahin wäre sie bestimmt dem Wahnsinn verfallen.
    Sie stellte sich am Postschalter an – bei der Post gab es immer eine Schlange –, wischte sich den Schweiß von der Stirn und hoffte, dass ihr Deodorant sie nicht im Stich ließ. Auch daran hatte sie nicht gedacht, als sie von zu Hause aufgebrochen war: Fahrradfahren war nicht nur umständlich, es war auch Arbeit, besonders für jemanden, der eine Weile lang nicht gefahren war. Ihre Beine waren schlapp, am nächsten Morgen würde ihr, das wusste sie, der Po wehtun und sie spürte, wie ihr die Schweißperlen zwischen den Brüsten und am Rücken herunterliefen. Sie versuchte, zwischen sich und den anderen in der Schlange einen kleinen Abstand zu halten, damit keiner Anstoß nahm. Zum Glück schien niemand etwas zu bemerken.
    Kurz darauf stand sie am Schalter und nahm ihre Briefmarken entgegen. Sie stellte einen Scheck aus, verstaute ihr Scheckbuch und die Briefmarken in ihrer Handtasche und ging hinaus. Sie und Kyle schwangen sich auf ihre Fahrräder und machten sich auf den Weg zum Lebensmittelladen.
    Das Stadtzentrum von Edenton war nur klein, aber aus historischer Sicht war es ein Juwel. Viele der Häuser, von denen die meisten in den letzten dreißig Jahren prächtig restauriert worden waren, stammten vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Riesige Eichen säumten die Straßenränder und ihr Schatten bot einen angenehmen Schutz vor der Hitze der Sonne.
    Edenton hatte zwar einen Supermarkt, aber der war auf der anderen Seite der Stadt, deswegen beschloss Denise, bei Merchants einzukaufen, einem Laden, der seit den 40er-Jahren existierte. Er war in jeder Hinsicht altmodisch und eine wunderbare Fundgrube. In dem Laden gab es alles, von Esswaren über Köder bis hin zu Autozubehör, man konnte Videos ausleihen und an einer Seite gab es einen kleinen Grill, wo man sich einen Snack zubereiten lassen konnte. Eine besondere Atmosphäre bekam das Ganze durch vier Schaukelstühle und

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