Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
wiederzufinden. Es war ein stiller, abgeschiedener Ort, zwischen dem kleinen Gotteshaus und der Außenmauer gelegen, teilweise beschattet von einer gewaltigen Sommerlinde. Gar nicht weit von ihrem Stamm entfernt sah Julian seine Mutter im Gras sitzen. Er schloss sich ihr an.
    »Ich habe mich gefragt, wann du kommst«, sagte sie zur Begrüßung. »Ich hatte damit gerechnet, dass du es länger vor dir herschiebst. Ich an deiner Stelle hätte das bestimmt getan.«
    Julian wusste nichts zu sagen. Er betrachtete das Grab seines Vaters. Es sah noch frisch aufgeschüttet aus, aber der Steinwar bereits gesetzt. Er stand im Baumschatten, doch noch war die gemeißelte Inschrift deutlich zu lesen: John of Waringham, fragilissimae rosae protector .
    Julian war keine Leuchte in Latein, aber dafür reichte es so gerade noch. »Der Beschützer der zerbrechlichsten Rose?« , fragte er ungläubig. »Eine so blumige Beschreibung für die Schwäche des Königs hab ich noch nie gehört. Blumig im wahrsten Sinne des Wortes.«
    »Es kann auch ›vergänglich‹ bedeuten«, erklärte seine Mutter – ganz die Tochter ihres gelehrten Vaters. »Jedenfalls hat der König selbst diese Inschrift gewählt.«
    »Das sieht ihm ähnlich. Er schämt sich noch nicht einmal für das, was er ist.«
    »Nein«, bestätigte Lady Juliana. »Dazu hat er auch keinen Grund.«
    »Ich würde sagen, darüber ließe sich trefflich streiten«, gab er angrifflustig zurück.
    »Ich stehe gern zu deiner Verfügung. Aber nicht hier und nicht jetzt. Setz dich zu mir, mein Sohn. Mir scheint, es wird Zeit, dass wir über deinen Vater sprechen.«
    Julian war keineswegs sicher, ob er das wollte, aber er folgte ihrer Bitte. Ein wenig nervös zog er die Schultern hoch, schaute sich um und entdeckte Roberts letzte Ruhestätte am Fuß der Burgmauer. »Nur zwei neue Gräber«, bemerkte er.
    »Hm. Roberts Raufbolde und die beiden Torwachen sind im Dorf begraben. Arthur Scrope wollte ich an die Hunde verfüttern lassen, aber Vater Michael ist mir zuvorgekommen, hat ihn in einen Sarg legen lassen und Scropes Ritter mitsamt ihrem toten Dienstherrn fortgeschickt.«
    »Du wolltest ihn an die Hunde verfüttern?«, wiederholte Julian schockiert.
    »Zumindest kam es mir so vor, als wollte ich das. Vermutlich hätte es mir später leid getan.« Sie dachte einen Moment nach. »Nein, ich glaube doch nicht.«
    Julians Lächeln verriet, dass er zwischen Hochachtung und Befremden schwankte. Seine Mutter hatte er noch nie begreifen,geschweige denn vorhersagen können. Er hob einen kleinen, gegabelten Ast auf, den wohl einer der Frühjahrsstürme aus der Linde gerissen hatte, zückte seinen Dolch und begann, die Rinde abzuschälen.
    »War deine Schwester nicht bei Hofe?«, erkundigte sich seine Mutter.
    »Blanche?«, fragte er verdutzt. »Natürlich.«
    »Ich meine Kate.«
    »Oh …« Er vergaß gelegentlich, dass er noch eine ältere Schwester hatte. Kate hatte kurz nach Julians und Blanches Geburt Simon Neville geheiratet – die Zwillinge kannten sie kaum. »Nein. Sie verbringt den Sommer mit den Kindern auf ihren Gütern in Lancashire, hat Simon mir erzählt. Er hat sie aufs Land geschickt, weil er offenbar befürchtet, Kate werde York bei erster Gelegenheit an die Gurgel gehen wegen Vater.«
    »Das würde mich nicht wundern«, erwiderte seine Mutter. »Ich nehme an, Simon ist jetzt Captain der königlichen Leibgarde?«
    Julian schüttelte den Kopf. »Seltsamerweise nicht. Obwohl er doch all die Jahre Vaters Stellvertreter war. Simon glaubt, die Königin hat es vereitelt. Weil er ein Neville ist. Warwicks Cousin.«
    Lady Juliana schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Was für ein Unsinn. Arme Marguerite. Für alles, was schiefläuft, machen die Männer bei Hof sie verantwortlich.«
    »Kennst du sie gut?«, fragte ihr Sohn neugierig. Er hatte die Enden der Astgabel gekürzt und begonnen, Hufe hineinzuschnitzen.
    »Ich bin nicht sicher, ob irgendwer Marguerite d’Anjou wirklich gut kennt. Man merkt es nicht sofort, aber sie hält alle Welt auf Distanz. Woraus du schließen darfst, dass sie eine kluge Frau ist. Außerdem ist sie einsam und hat kein leichtes Leben mit Henry. Aber sie ist eine wahre Königin und trägt ihr Los mit Würde.«
    »Na ja …« Julian klang skeptisch. »Sonntagnachmittag inWindsor hat sie eine ziemliche Szene gemacht. Sie ist regelrecht aus der Haut gefahren.«
    Seine Mutter schlang die Arme um die angezogenen Knie. »Aber ich merke, sie hat dir imponiert?«
    Er

Weitere Kostenlose Bücher