Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
mir in die Augen. »Sie waren es also.«
»Ich hatte Hilfe.«
»Lutz behauptet nun, er habe sich mit dem Bocksbeinigen selbst angelegt und ihn verjagt.«
»Ich freue mich, zu Lutz' vergrößertem Ansehen beigetragen zu haben.«
»Unterschätzen Sie ihn nicht. Er ist ein rachsüchtiger, durchtriebener Mistkerl. Er weiß genau, dass Sie ihm ein Schnippchen geschlagen haben.«
»Sie reden, als ob Sie ihn gut kennen würden.«
Sie schnaubte. »Jeder kennt Lutz.«
»Aber die anderen halten ihn für einen Helden.«
»Hüten Sie sich vor ihm.«
»Auch im Haus Hoechstetter? Er ist doch nur einer der Dienstboten von Ludwig Stinglhammer.«
»Lutz ist überall.«
Und noch an ein paar Orten dazu, dachte ich und erinnerte mich an den kahl geschorenen Mann, der in den Katakomben mit wiegendem Oberkörper der Predigt des Sektenpriesters gefolgt war.
Ich zeigte auf ihren Korb. »Schon wieder auf den Markt?«
»Heute sind die Vertreter der Zünfte einbestellt, die die Abschiedsfeier für den jungen Georg mit Lebensmitteln beliefern sollen. Ich habe erwartet, dass der Faktor ihm dieses Treffen ausredet, aber scheinbar ist Georg diesmal fest geblieben.«
»Vielleicht will er demonstrieren, dass trotz der beiden Morde das Leben in einer so bedeutenden Firma weitergehen muss.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Im Allgemeinen demonstriert der junge Herr nur seinen guten Geschmack für Kleidung und Kunst.« Sie lächelte und hob die Schultern ein zweites Mal. »Die Verhandlungen werden bis zur Vesper dauern, und die Gäste wollen bewirtet sein.«
Ich grinste. Einen besseren Zeitpunkt hätte Georg Hoechstetter nicht wählen können. Wer in der Familie Rang und Namen hatte, würde sich mit den Zunftvertretern befassen.
»Können Sie mich unauffällig ins Haus bringen?«
»Wozu?«
»Nachforschungen.«
»Haben Sie immer noch nicht genug?«
»Sie wissen doch, dass man alten Männern eine gewisse Sturheit nachsagt.«
Elisabeth sah mich herausfordernd an. »Sie brauchen nicht nach Komplimenten zu fischen. Ich halte Sie nicht für alt.«
»Sie würden sich wundern.«
»Ich kann Sie ins Haus bringen, kein Problem«, sagte sie und wurde ernst. »Aber was tun Sie, wenn Sie drin sind?«
»Das wollen Sie nicht wirklich wissen. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass ich niemandem schaden werde.«
»Immer noch die Morde.«
Ich nickte.
»Immer noch mehr Interesse an den Toten.«
»Glauben Sie mir, ein Mord zerstört mehr Menschenleben, nicht nur das des Opfers.«
»Ich kann Ihnen im Haus nicht helfen. Ich habe alle Hände voll zu tun.«
»Das Problem ist heute nur das Hineinkommen. Wenn ich erst mal drin bin, wird kaum jemand auf mich aufmerksam werden. Außerdem würde ich gar nicht wollen, dass Sie sich einmischen.«
»Also gut.« Sie lächelte. »Wenn mein Großvater wüsste, dassich Ihnen helfe, würde er vor Neid platzen. Und sich ärgern, dass Sie nicht ihn gefragt haben.«
Ich lächelte höflich zurück und hoffte, dass Albert unser Abenteuer in der vergangenen Nacht vergessen haben würde, bevor er das nächste Mal mit seiner Enkelin zusammentraf.
»Ich hoffe, Sie brauchen nichts aus Stinglhammers Räumen. Man hat sie versperrt und die Schreiber weggeschickt.«
»Ich denke, dass seine Unterlagen mittlerweile samt und sonders verbrannt sind.«
»Sein Haus hat man ebenfalls geschlossen. Es gehört Herrn Ulrich.«
»Die Dienstboten?«
»Weg, bis auf Lutz und zwei von den Mägden, die bis zur Feier in der Küche aushelfen.«
So schnell also waren Konrad Hurlochers Träume zerstört – mit dem kläglichen Geräusch, das ein Hammer macht, der eine Tür vernagelt.
Offenbar hatte die Firma Hoechstetter einen Mann von seinen besonderen Fähigkeiten doch nicht gebrauchen können; die Tagediebe jedoch, zumindest ihr Anführer, waren anderswo in der Firma untergekommen. Wenn Hurlochers Verabschiedung das Werk des jungen Georg war, verfügte er über mehr Menschenkenntnis, als ich ihm zugetraut hätte – ein Eindruck, den Lutz' Weiterbeschäftigung jedoch sofort wieder in Frage stellte.
»Ich möchte in Martin Dädalus' Räume.«
»Er hatte einen eigenen kleinen Schlafraum neben der Stube des Faktors. Die beiden haben sich die Stube geteilt.«
»Er und Karl Hoechstetter hatten zusammen ein Arbeitszimmer?«
»Herr Ulrich und seine Söhne benutzen den großen Saal.«
Ich machte ein missmutiges Gesicht. »Besser wäre gewesen, er hätte ein eigenes Zimmer gehabt, wo ich mich in Ruhe hätte umsehen können.«
»Wenn
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