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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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einem Brief aus Heidelberg. Er ist von Eurem Vater«, sagte sie und legte ein dickes Kuvert, auf dem sich nun ihre rußigen Fingerabdrücke befanden, neben Jana auf die schmutzige Arbeitsplatte.
    Jana seufzte, manchmal hatte es den Anschein, als fehlte dem Mädchen eine ordentliche Portion gesunder Menschenverstand.
    »Pavlina, bitte geh dir das Gesicht waschen und die Hände gleich dazu.«
    »Warum das denn?«
    »Geh einfach. Ich komme mit.« Jana wischte sich die Hände in einem Tuch ab und folgte Pavlina in den Hof. Dort beugte sie sich über den Brunnen, pumpte frisches Wasser in einen Eimer und wusch sich selbst die Hände.
    »Wenn du fertig bist, bring bitte einen Eimer voll Wasser in die Küche, mach es heiß und gieß es in den Spülstein, damit wir die Töpfe abwaschen können.«
    Jana ließ das Mädchen stehen und kehrte zurück in die Küche. Sie griff nach dem Kuvert und setzte sich damit auf die Bank vor den Ofen. Hastig riss sie den Umschlag auf und überflog die ersten Zeilen, in denen ihr Vater von Heidelberg, dem schlechten Wetter und den desinteressierten und faulen Studenten erzählte. Wann würde endlich die Stelle kommen, in der Marek sie dazu aufforderte, zu ihm nach Heidelberg zu ziehen? Sie hatte ihn so eindringlich darum gebeten, er konnte einfach nicht ablehnen. Aber es kam nichts dergleichen. Ganz im Gegenteil: Marek schrieb von einem geheimnisvollen Reisetagebuch, das er einem alten Matrosen abgekauft hatte und das er gerade zu entschlüsseln versuchte.
    Jana liebte Geheimnisse. Schon als Kind hatte sie rätselhafte Geschichten verschlungen. Sie hätte Marek dabei helfen können, die verschlüsselte Botschaft aufzudröseln. Aber der Vater wollte ihre Hilfe nicht. Er schrieb, er plane eine Reise nach Frankreich, für die er seine gesamten Ersparnisse brauche.
    … Du wirst sicher verstehen, dass Du aus diesem Grund nicht zu mir nach Heidelberg kommen kannst, so leid es mir tut. Es zerreißt mir fast das Herz, dass Du so unglücklich bist. Aber als Wissenschaftler fühle ich mich verpflichtet, diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Es war kein Zufall, dass die Aufzeichnungen des Jesuitenpaters ausgerechnet in meine Hände gelangten. Was meine Entscheidung leichter macht, ist die Tatsache, dass Tomek Dir bestimmt ein guter Mann sein wird. Karel ist sehr angetan von dem Jungen. In einer Ehe mit ihm wird es Dir an nichts fehlen, und Du wirst weiter in der Apotheke arbeiten können. Eine Aufgabe, von der ich weiß, dass sie Dir gefällt.
    Ich melde mich bei Dir, sobald ich Neuigkeiten habe. Ich umarme Dich innig. Dein Dich über alles liebender Vater.
    Das durfte nicht wahr sein! Jana las den Brief noch einmal, aber der Inhalt änderte sich nicht. Salzige Tränen des Zorns tropften auf das Papier in ihren Händen und ließen die Buchstaben aus dunkler Tinte verschwimmen. Sie wollte einfach nicht glauben, was da stand. Wie konnte ihr Vater so grausam sein? Er wusste ganz genau, dass sie mit Tomek nicht glücklich werden würde. Radomilas Sohn war ein Soldat und ein Angeber, der noch dazu einfältig war. Ein Mann, der sie langweilte, sobald er den Mund aufmachte. Sollte das eine solide Basis für eine glückliche Ehe sein?
    Wütend zerknüllte Jana den Brief, öffnete mit einem Schürhaken die kleine Metalltür des Ofens und warf das Papier hinein. Es fing Feuer und löste sich knisternd in Asche auf. Verbittert beobachtete Jana den Vorgang. Die Wärme der Flammen röteten ihre Wangen.
    Ihr Vater war die Lösung des Rätsels der Wissenschaft schuldig! Ha, was sollte das bedeuten? War ihm die Wissenschaft etwa wichtiger als das Glück seiner einzigen Tochter? Unnötig laut knallte sie die Ofentür zu. Jana beneidete die Männer dieser Welt um ihre Freiheit. Wie gerne hätte sie an einer der großen Universitäten der Welt von all den spannenden Dingen gehört. Magnetismus, Planeten, die Entdeckung der Jupitermonde oder die Curiositas aus der Neuen Welt. Aber dieses Wissen war ausschließlich den Männern vorbehalten. Ihr Vater gab den gesamten Familienbesitz für eine Forschungsreise aus, und sie selbst musste Hühner füllen für einen Mann, den sie nicht heiraten wollte. Jana biss sich so fest auf die Unterlippe, bis sie Blut schmeckte. Es mischte sich mit den Tränen und hinterließ einen metallisch-salzigen Geschmack im Mund. Noch wollte sie sich nicht geschlagen geben.

3
    A LS R ADOMILA NACH H AUSE KAM , waren die Hühner fertig, der Tisch gedeckt und die Küche aufgeräumt. Die Apotheke

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