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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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an.
    »Perverses Schwein«, sagte er, schloss die Augen und lehnte sich zurück.
    »Ja. Ich kann wirklich stolz auf meinen Vater sein.«
    Dave hockte neben mir auf dem Boden im Wohnzimmer und sortierte die Rechnungen, Briefe und Versicherungspoli c en. Er hatte darauf verzichtet, weiterzuschlafen. Nach diesen Malereien wäre das mit Sicherheit kein Vergnügen, meinte er. Ich konnte ihm das bestätigen.
    Nach und nach wurde das Parkett unter den Papieren wieder sichtbar und es war nur noch eine Frage von Stunden, bis wir das Chaos wieder in die Schränke verfrachtet hatten.
    »He!«, sagte Dave. »Du hast deine Wohnung gegen Brandschaden versichern lassen?«
    »Habe ich das?«
    »Hast du.« Er hielt eine Versicherungspoli c e in meine Richtung. »Finde ich irgendwie witzig. Der tollkühnste Firefighter von New York City – nach mir natürlich – lässt sein Appartement gegen Feuer versichern. Als ob sich das Luder in deine Nähe trauen würde.«
    Ich grinste. »War ein Schnäppchen. Erinnerst du dich an diesen Slater? Er war letztes Jahr im Department und hat uns diese Versicherungen andrehen wollen.«
    Dave lachte. » Ja! Du hast gesagt, du unterschreibst, wenn er dir verspricht, dass er auf der Stelle seinen fetten Versicherungsarsch aus der Wache entfernen würde. Hab ehrlich nicht geglaubt, dass du wirklich unterschrieben hast. «
    » Doch, hab ich. «
    Daves Lachen stoppte abrupt. Er starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Was ist?«, fragte ich ihn.
    »Du … erinnerst dich?«
    Jetzt erst wurde es mir bewusst. Ja, ich erinnerte mich. Ich sah diesen Slater vor mir. In seinem verschwitzten Hawaihemd, dazu eine Anzughose, die durch den riesigen Hintern zu platzen drohte. Er stand im Mannschaftsquartier und hatte uns eine geschlagene halbe Stunde lang mit seinem Versicherungskram vollgequatscht.
    »Und sonst? Erinnerst du dich auch an etwas anderes?«
    Ich versuchte es. Aber ich scheiterte an einer tiefen Leere. Als wäre im Schwarz meines Kopfes nur kurz ein Funke aufgeblitzt. Es blieb zu hoffen, dass die Funken mehr wurden, bis schließlich eine Flamme brannte, die diese Dunk elheit in meinem Kopf vertrieb. Ich erzählte Dave von meinen Erinnerungen im Pilgrim und von vorhin, als mir einfiel, wo ich die Bilder versteckt hatte. Dave klopfte mir auf die Schulter. »Si ehst du?«, sagte er grinsend, »D as wird wieder. Mein Gott bin ich froh!«
    Ich nickte. »Kommt darauf an, wie sehr durch den Alkoholmissbra uch das Gehirn geschädigt wurde « , hatte Doktor Overlook gesagt. Ich hoffte, dass ich dieses Monster rechtzeitig ausgetrocknet hatte und mein Gehirn diese Barriere endlich wieder auflöste.
    Wir scherzten noch eine Zeit lang über Slater. Dave fing immer wieder davon an, als würde er es genießen, sich mit mir über etwas zu unterhalten, an das ich mich tatsächlich erinnern konnte . Etwas anderes als ermordete Mädchen, meinen Vater, der mich ans Messer liefern wollte, Väter von Kindern, die mich umbringen wollten. Wir unterhielten uns über etwas Lustiges. Wir lachten. Und das tat verdammt gut.
    Wir hatten beinahe alles wieder eingeräumt, als mein Handy losspielte. Hearing. Er kam gleich zur Sache und fragte – wie erwartet – warum ich zwei Morde erwähnt hätte. Ich erzählte ihm von dem Zeitungsbericht und dem toten Mädchen in dem Sarg, zeigte ihm die Parallelen der Todesfälle auf und versuchte ihm meine Überzeugung zu vermitteln, dass hinter diesen Morden ein und derselbe Täter stecken musste. Mein Vater. Edward Reynolds, der seinen Tod nur vorgetäuscht hatte.
    Hearing wirkte skeptisch und fragte, was er mit dieser Information anfangen sollte. Er wäre Brandermittler. Morde wären immer noch Sache der Polizei . Ich erzählte ihm von meiner Absicht, mit seiner Hilfe die Polizei davon zu überzeugen, die Identität meines Vaters auf Hart Island überprüfen zu lassen.
    »Eine Exhumierung?«, fragte er mit hörbarem Entsetzen, als hätte ich ihn darum gebeten, meinen Vater mit eigenen Händen auszugraben.
    »Genau«, antwortete ich und versuchte zu klingen, als wäre die Exhumierung das Selbstverständlichste dieser Welt.
    Am anderen Ende der Leitung war es ein paar Sekunden still. Hearing schien nachzudenken. Entweder dachte er, dass ich nun vollständig jeden Bezug zur Realität verloren hatte, oder er versuchte tatsächlich eine Begründ ung zu finden, mir zu glauben, u nd zwar so sehr, dass er das NYPD davon überzeugen konnte, das Grab meines Vaters auf Hart Island zu

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