Das Todeswrack
Kriege, Revolutionen, Missernten – all dies trug dazu bei. Aber die Invasion der Konquistadoren und der folgende Genozid setzten ihrer Zivilisation ein Ende. Während die Männer, die auf Kolumbus folgten, unser Volk töteten, ermordeten andere unsere Kultur.
Diego de Landawar ein Mönch, der mit den Konquistadoren herkam und zum Bischof von Yukatan ernannt wurde. Er verbrannte alle schriftlichen Maya-Überlieferungen, die ihm in die Finger fielen. ›Lügen des Teufels‹ nannte er sie. Können Sie sich eine vergleichbare Katastrophe in Europa vorstellen und welcher Schaden dadurch entstanden wäre? Sogar Hitlers Sturmtruppen waren nicht so gründlich. Soweit wir bislang wissen, sind nur drei Bücher der Vernichtung entronnen.«
»Wie traurig. Wäre es nicht herrlich, wenn man eines Tages weitere Aufzeichnungen finden würde?« Gamay ließ ihren Blick über die Ebene schweifen. »Was ist das hier für ein Ort?«
»Anfangs dachte ich, es handle sich um ein Zentrum reine r Wissenschaft, wo man abseits der blutigen Rituale der Priester Forschung betrieb. Aber je mehr ich freigelegt habe, desto mehr gelangte ich zu der Überzeugung, dass es vielmehr Teil eines weitaus größeren Plans war. Eine architektonische Maschine, wenn Sie so wollen.«
»Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstehe.«
»Ich bin mir selbst auch nicht ganz sicher.« Er holte eine krumme Zigarette aus seiner Hemdtasche hervor und zündete sie an.»Mit zunehmendem Alter sind kleine Laster gestattet«, sagte er und nahm einen Zug. »Lassen Sie mich mit den kleinen Dingen beginnen. Dem Fries und dem Observatorium.«
»Und was sind die großen Dinge?«
»Die Stätten, von denen ich gesprochen habe. Ich habe ähnliche Gebäude auch an anderen Orten entdeckt. Zusammen mit einigen weiteren Bauwerken erinnern sie mich an einen ziemlich großen elektrischen Schaltplan.«
Gamay konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Wollen Sie damit sagen, dass die Maya neben all ihren anderen Fertigkeiten auch die Informatik beherrscht haben?«
»Ja, in gewisser primitiver Weise. Wir reden hier nicht von einem IBM-Rechner mit endlosen Gigabytes. Denken Sie eher an eine Chiffriermaschine. Falls wir wüssten, wie man sie bedient, könnten wir die Geheimnisse dieser Steine entziffern.
Ihre Anordnung ist kein Zufall. Die Präzision ist ziemlich bemerkenswert, das lässt sich nicht leugnen.«
»Diese Abbildungen… so merkwürdig. Der Pferdekopf.
Erzählen die Hieroglyphen etwas über die Bilder?«
»Sie berichten von einer langen Reise vor vielen Jahren, an der Hunderte von Männern teilgenommen haben und die zu großem Wohlstand geführt hat.«
»Taucht diese Geschichte auch in anderen Teilen der Überlieferungen der Maya auf?«
»Nur an den anderen Stätten.«
»Aber warum hier, so weit von der Küste entfernt?«
»Das habe ich mich auch gefragt. Warum nicht bei den Monumenten von Tulum, direkt am Golf? Kommen Sie, ich kann Ihnen etwas zeigen, das vielleicht eine Erklärung bietet.«
Sie packten ihre Sachen zusammen und gingen zum entgegengesetzten Ende der Ebene, wo der Wald wieder anfing, dann zwischen den Bäumen entlang und einen sanften Abhang hinunter. Die Luft kühlte sich um ein paar Grad ab und nahm einen schlammigen Geruch an. Dann erreichten sie das Ufer eines träge fließenden Flusses. Chi deutete nach vorn. »Man kann sehen, wo die Ufer weiter oben ausgewaschen sind, was bedeutet, dass der Wasserlauf früher einmal breiter gewesen ist.«
»Jemand auf dem Forschungsschiff hat behauptet, es gäbe in Yukatan keine Flüsse oder Bäche.«
»Das stimmt. Yukatan besteht im Wesentlichen aus einer großen Kalksteinplatte. Dort, wo Löcher im Kalkstein sind, finden sich viele Höhlen und Kavernen. Wir befinden uns momentan weiter südlich in Campeche, und hier ist das Terrain ein wenig anders. Sobald man nach Guatemala vordringt, liegen die großen Maya-Städte allesamt an Wasserstraßen. Und das habe ich mir hier auch gedacht, dass nämlich das Boot eventuell eine Fähre zwischen den Ansiedlungen gewesen ist.«
»Sie haben Recht, es hat hier mal einen breiteren Fluss gegeben, aber ich glaube nicht, dass er groß genug für ein Schiff von diesen Ausmaßen war. Mit diesem steilen Bug, den hohen Flanken und dem starken Heck war das Schiff eindeutig für das offene Meer gebaut. Und dann ist da noch etwas. Was ich zunächst für Fische gehalten habe, sind Delfine.
Salzwassertiere.« Sie hielt inne. »Was ist das?«
In der Ferne war etwas
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