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Das Traumcafé einer Pragerin - Erzaehlungen

Das Traumcafé einer Pragerin - Erzaehlungen

Titel: Das Traumcafé einer Pragerin - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenka Reinerová
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Bestätigung schien auf den Mann keinen Eindruck zu machen. »Da müssen Sie wahrscheinlich zur Tür Nr. 8.«
    Die fand sie am Ende des Korridors.
    »Also zeigen Sie«, sagte der Beamte im Zimmer Nr. 8, als er das Papier in ihren Händen erblickte. Dann las er den dürftigen Satz und wendete den Zettel unschlüssighin und her. »Viel haben die Ihnen nicht gerade mitgegeben.«
    »Ich war in Untersuchungshaft. Sie wurde mit positivem Ergebnis für mich abgeschlossen.«
    Über das, was hier war, dürfen Sie mit niemandem sprechen.
    Aber das ging nicht. Das war einfach nicht möglich. Die Menschen hatten doch ein Recht darauf zu wissen, wen sie vor sich haben.
    »Schon gut, ich frage Sie ja nichts. Sie wollen sich wohl anmelden, wie? Ihr Gatte hat sich auch bei mir angemeldet, als er kürzlich hierher übersiedelt ist. Das muß eben sein.«
    Er füllte mit schwerer Hand ein Ausweisformular für Sie aus. »Werden Sie Arbeit suchen?« fragte er dann noch und blickte sie über den Rand seiner Brille an. »Na, es wird sich schon etwas finden. Wo das Arbeitsamt ist, wissen Sie?« und da sie mechanisch nickte: »Also gut. Und von jetzt an weisen Sie sich nur mehr mit diesem Papier hier aus, das andere brauchen Sie nicht mehr. Ich meine als Ausweis. Na denn, auf Wiedersehen.«
    In einer Kleinstadt ist vielleicht alles ein bißchen anders als in einer großen. Die Menschen hier sind einfacher, manches könnte leichter sein. Die Erzieherin im Schulhort hatte zum Beispiel nur gesagt: »Ich bin froh, daß Petruschka ihre Mutti wieder zu Hause hat.« Sie sagte es herzlich, aber eine feine Spitze hat sie dennoch herauszuhören vermeint.
    Über das, was hier war, dürfen Sie mit niemandem sprechen.
    In die Schule ging sie vorläufig lieber noch nicht. Dem Lehrer begegnete sie übrigens auf der Straße. »Wir werden uns an der Hand halten, ja?« hatte Petruschkavorgeschlagen, als sie zum Einholen gingen. »Das ist meine Mutti«, verkündete sie im Bäckerladen, bei der Milchfrau und in der Fleischerei. »Guten Tag, Herr Lehrer, das ist, bitte, meine Mutti.« Der junge Mann blieb verlegen stehen, wußte nicht, wie er sich der Frau gegenüber verhalten sollte, über die man allerlei munkelte. Sie war ja auch einige Wochen später in die Stadt gekommen als ihr Mann und das Kind. Doktor Starek hatte allerdings bei jedem Besuch in der Schule betont: ». . . meine Frau und ich möchten gern . . . – Meiner Frau und mir liegt sehr daran . . .« Wer weiß, was in Prag wirklich los war, auch darüber hörte man ja allerhand.
    »Guten Tag«, sagte er schließlich, »freut mich sehr. Petruschka ist brav, nur ein wenig unruhig. Na, aber jetzt . . .«
    Na, aber jetzt. Was sich der junge Mann wohl dachte? Was kann ich ihm erklären?
    »Ich werde in der Schule vorbeikommen«, versprach sie leise.
    »Weißt du, er kannte dich nicht«, belehrte Petruschka sie, als sie weitergingen. »Jetzt kennt er dich. Die Frau Köchin im Hort hast du schon gesehen? Die ist streng, ich mußte immer alles aufessen. Aber ich zeig sie dir, ja? Und Frau Holá auch, das ist die Mutter von Dana, und Dana ist meine beste Freundin. Und du bis meine Mutti, gelt? Jetzt fährst du nirgends mehr hin, nein?« Die kleine Hand schloß sich fester um die ihre, die Augen bettelten.
    »Jetzt nicht mehr«, sagte sie und drückte die heiße Kinderhand. Nein, jetzt schon nicht mehr, das mußte einfach wahr sein.
    Im Arbeitsamt, das sie am nächsten Tag mit ihrem neuen Ausweis aufsuchte, empfing sie eine junge, auffallendfüllige Frau. Auf den ersten Blick wirkte sie faul, so wie sie da aus dem unbequemen Bürosessel aus hellem Holz hervorquoll, der von allen Seiten ihren mächtigen Körper zusammenpreßte. Aber aus dem runden Gesicht blickten zwei lebhafte Augen der unbekannten Besucherin entgegen.
    »Kommen Sie nur weiter. Setzen Sie sich, bitte, hierher. Gleich werde ich mich Ihnen widmen.« Sie langte nach dem klingelnden Telefon. »Verzeih, Genosse, ich habe Besuch. – Wie? – Weiß ich nicht, mein Guter, weiß ich wirklich nicht. Sowie ich ein Weilchen Zeit habe, komme ich, mir die Sache anschauen.«
    Sie legte den Hörer auf, faltete die kleinen, weich gepolsterten Hände vor sich auf dem Tisch und sagte aufmunternd:
    »Also bitte.«
    »Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie mir nicht behilflich sein könnten, eine Arbeit zu finden. Wenn es ginge, möchte ich so bald als möglich . . .«
    »Das ist ja unsere Aufgabe, wir sind doch das Arbeitsamt. Sie waren bisher im

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