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Das ueberirdische Licht - Rueckkehr nach New York

Das ueberirdische Licht - Rueckkehr nach New York

Titel: Das ueberirdische Licht - Rueckkehr nach New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Honigmann
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Nachschlagewerk, keine Zeitung oder Zeitschrift, die nur irgendeine Bedeutung in den USA hat, fehlt. Außerdem kann man sich in der Küche treffen, um sich einen Kaffee oder Tee zu kochen oder sein Lunchpaket auszupacken und ein bißchen mit den Kollegen zu quatschen. Aber leise. Zum Telefonieren gibt es einen Extraraum, dort wird gebeten, die Tür fest zu schließen, denn im eigentlichen Writers’ Room herrscht, wie gesagt, angeregte Stille. Öffnungszeiten kennt der Writers’ Room nicht, er ist sieben Tage in der Woche zu jeder Tages- und Nachtzeit geöffnet, niemand muß auf die Uhr sehen, wann immer er dichten gehen möchte oder muß. Meine neue Freundin erzählt mir, daß sie manchmal nachts oder am sehr frühen Morgen herkommt, um zu arbeiten, und wenn sie einmal sehr müde ist, legt sie halt ein Schläfchen auf einem der Sofas in der Bibliothek ein.
    Den Kollegen, von denen sie aber auch nicht alle kennt, stellt sie mich manchmal als German writer , manchmal als my friend from France vor und manchmal einfach als Barbara. Jetzt, mitten am Tag, schwirren viele Leute in denKommunikationsräumen herum, im eigentlichen Writers-Raum flüstern wir aber natürlich. Einmal sitze ich auch Probe in einer der Schreibnischen; ich frage mich, ob ich hier arbeiten könnte, und finde, eigentlich schon, ja, denn man kann hier ganz abgeschirmt und zugleich unter Menschen sein. Ich bin wirklich beeindruckt und begeistert, und wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir eine solche Einrichtung in meine Stadt wünschen.
     
    Nach der Chanukkawoche fährt mein Ruben wieder ab. Er kann nun schon den gerade vor wenigen Tagen eingeweihten Air Train zum JFK Airport nehmen, den es bei meiner Ankunft noch gar nicht gab. Die New York Times wußte allerdings zu berichten, daß sich bei der Jungfernfahrt die automatischen Türen nicht öffneten und alle Ehrengäste stundenlang eingeklemmt waren, was mich nach all den anderen Unfällen wegen mangelnder Sicherheit, von denen die Zeitung berichtet, auch nicht mehr wundert. Doch wir hoffen, daß die technischen Probleme inzwischen geregelt sind.
    Natürlich bringe ich meinen Sohn nicht zum Flughafen, schließlich ist er kein Kind mehr, sondern Student, aber beim Abschied steckt mir trotzdem ein Kloß im Hals, ein Stein liegt im Magen, und von dem Stich im Herzen rede ich erst gar nicht. Einen Moment, nachdem er aus der Tür ist, rutscht mein Blick wieder zur Türklinke hinunter.
    Natürlich sage ich es ihm nicht, aber er wird immer mein »Kleiner« bleiben.
    Sanda möchte mir offenbar etwas Tolles bieten und schlägt vor, zu Sylvester zum Times Square zu gehen, es soll ganz toll dort sein, und sie war auch noch nie da. Aber ich lehne ab, seit wann beteiligen wir uns denn an Massenveranstaltungen?, und behaupte, ich wolle schlafen gehen, so wie meine Mutter es auch ihr ganzes Leben getan hat, jedenfalls so lange ich sie kannte. Gojim Naches! sagte sie verächtlich zu jeder Art, Sylvester zu feiern. Sanda aber findet, es sei doch ein bißchen zu versnobt, Sylvester in New York im Bett zu verbringen, seit wann bist du denn so versnobt?, und schlägt als Kompromiß vor, sie zu einer Party im East Village zu begleiten. Gut, das mache ich mit und kaufe beim italienischen Bäcker sogar eine Galette des Rois , die ich zur Party mitbringe. Keiner kennt den romanischen Brauch, aber ganz wie beim Kindergeburtstag stürzen sich alle begeistert darauf, nachdem ich ihnen erklärt habe, daß nur einer von ihnen in einem Stück der Galette auf eine fève beißen wird, eine ganz kleine Figur, die Glück bringt und von manchen Leuten gesammelt wird. Doch dann ist gar keine fève dabei. Man kann sie nicht aus Versehen herunterschlucken, nein, dazu ist sie zu groß. Alle sind schrecklich enttäuscht. Am 2. Januar werde ich in die italienische Bäckerei gehen und eine Erklärung und mein Geld zurückfordern.
    Es ist eine Fête wie früher, jetzt mit Sandas New Yorker Freunden, Musikern und Theaterleuten, und mir ist, wie schon des öfteren während meiner Residenzzeit, als kehrte ich in mein Leben von gestern zurück. Zuerst gefällt es mir, dann langweilt es mich doch, obwohl ich mich blendend unterhalte. Vorbei ist vorbei. Es tut mir sogar weh.
    Punkt zwölf klettern wir alle hoch aufs Dach und sehen uns das Feuerwerk über Manhattan an, drehen uns nach Norden und Süden und Osten und Westen, wo sich die Stadt an allen vier Enden entzündet, hier feuerwerken die Leute nämlich nicht selbst wie in

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