Das Ultimatum
gerichtet war. Wenn ihm das FBI auf der Spur war, hätten sich die Agenten bestimmt in einem dieser Häuser postiert. Er nahm nicht an, dass es so war, aber er rief sich immer wieder in Erinnerung, dass die Tatsache, dass er sich unbeobachtet fühlte, noch lange nicht hieß, dass es tatsächlich so war.
Nachdem er alle Fenster eingehend überprüft hatte, warf er die Zigarettenkippe auf die Straße und ging weg. Acht Blocks weiter drehte er sich kurz um und vergewisserte sich, dass ihm niemand folgte. Er fühlte sich weiterhin unbeobachtet und bog in eine enge Gasse ein, wo er hinter zwei Müllcontainer schlüpfte. Rasch setzte er die Perücke, die Baseballmütze und die Brille auf und zog die rote Jacke an.
Er kam als äußerlich anderer Mensch am anderen Ende der Gasse hervor. Er ging nun mit längeren, aber langsameren Schritten und wirkte insgesamt nicht mehr so athletisch und kraftvoll wie vorher. Drei Blocks weiter betrat er eine Telefonzelle und tippte eine Nummer ein. Das Telefon klingelte einmal, und er legte auf. Dann wartete er dreißig Sekunden und wählte dieselbe Nummer noch einmal. Diesmal ließ er es fünfmal klingeln, bevor er auflegte. Zwei Blocks weiter stieg er in einen beigefarbenen Ford Taurus ein und fuhr los.
Die beiden Männer standen auf ihre Billardstöcke gestützt und tranken Coors Light im Hinterzimmer von Al’s Bar in Annapolis. Das Bier schmeckte ihnen eigentlich nicht besonders; sie tranken es vor allem deshalb, weil es einen niedrigen Alkoholgehalt hatte. Als das digitale Telefon, das der größere der beiden an der Hüfte trug, ein einziges Mal klingelte, blickten sie auf ihre Uhren und zählten die Sekunden. Exakt eine halbe Minute später klingelte es fünfmal. Anstatt sofort die Bar zu verlassen, spielten sie noch zu Ende und tranken einen Kaffee. Sie hatten eine lange Nacht vor sich.
Ted Hopkinson stolzierte ins Oval Office, als schwebte er auf Wolken. Einer seiner Assistenten kümmerte sich um den Präsidenten und entfernte die Schminke von seinem Gesicht. »Sir, Sie haben Ihre Sache großartig gemacht«, stellte Hopkinson anerkennend fest. »Ich habe schon lange nicht mehr erlebt, dass sich die Medien in einer Sache so einig waren. Ihre Rede hat sie hundertprozentig überzeugt.«
»Ja«, antwortete Stevens mit einem angedeuteten Lächeln, »es scheint geklappt zu haben.« Der Präsident deutete auf die vier Fernseher, die alle eingeschaltet waren – doch nur eines der vier Programme, die zu sehen waren, nämlich jenes von ABC, lief mit Ton. Die Korrespondenten der großen Sendeanstalten berichteten direkt vom Weißen Haus und fassten die Ansprache des Präsidenten für ihr Publikum zusammen. Als sie fertig waren, sprachen die jeweiligen Moderatoren über das Ereignis, worauf auch noch die politischen Experten ihren Senf dazugaben. Die Medien überschlugen sich fast vor Begeisterung. Sie hatten eine spannende Geschichte zu verkaufen, und ihre Einschaltziffern kletterten immer höher. Das Fernsehpublikum konnte einfach nicht genug von dem Drama bekommen, das sich in diesen Tagen abspielte.
Als die Schminke aus seinem Gesicht entfernt war, knöpfte der Präsident den oberen Hemdknopf zu und zog die Krawatte wieder fest. Hopkinson wandte sich von den Fernsehschirmen ab und wieder dem Präsidenten zu. »Sir, ich bin fest davon überzeugt, dass Ihre Sympathiewerte bis morgen deutlich nach oben klettern werden.«
In diesem Augenblick traten auch Garret und Nance ein. Der Stabschef klopfte Hopkinson auf den Rücken und gratulierte ihm zu seiner guten Arbeit. Dann zeigte er mit einem Kopfnicken zur Tür, worauf der Kommunikationsdirektor und sein Assistent den Raum verließen. Garret wandte sich Stevens zu und grinste über das ganze Gesicht. »Gute Arbeit, Jim.«
»Danke«, sagte Stevens lächelnd.
»Ich kann’s nicht glauben, wie sich alles gefügt hat. Die Medien stehen voll hinter uns. Wenn wir jetzt noch ein Budget zustande bringen, dann bräuchte nächstes Jahr eigentlich gar nicht gewählt zu werden.« Garret war begeistert angesichts der Aussicht, dass die Wiederwahl schon so früh gesichert sein könnte. Wenn alles gut ging, würden sie sogar darauf verzichten können, drei Monate durchs Land zu ziehen und einen beinharten Wahlkampf zu führen. Gewiss würde man noch ein wenig daran arbeiten müssen, aber sicher nicht so hart wie beim ersten Mal. Diesmal würde es nicht nötig sein, jeden Tag drei Staaten zu bereisen und alle zwei Stunden eine Rede zu
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