Das Ultimatum
und wieder abflog – jeder Helikopter in eine andere Richtung. Die Absicht dahinter war, potenzielle Terroristen oder Attentäter zu verwirren, sodass sie unmöglich wissen konnten, in welcher Maschine der Präsident saß. Diese Taktik wurde oft mit nur zwei oder drei VH-3-Hubschraubern angewendet.
Wenn, so wie in diesem Fall, im Voraus bekannt war, wann der Präsident wohin fliegen würde, und erhöhte Terror-Alarmstufe bestand, forderte HMX-1 die CH-53-Hubschrauber zum Geleitschutz an. Die Super Stallions bildeten jedoch keine gewöhnliche Eskorte; ihre Piloten waren sich vollauf bewusst, dass ihr eigentlicher Job darin bestand, den Hubschrauber des Präsidenten vor einem Lenkwaffenangriff zu schützen. Zu diesem Zweck bildeten sie eine dichte Formation, in deren Mitte der Marine One flog, der von vier Super Stallions umgeben war. Es war keine leichte Sache, mit so großen Hubschraubern wie den VH-3 und den CH-53 in dichter Formation zu fliegen. Aus diesem Grund mussten die Piloten des Marine Corps die heutige Operation immer wieder üben. Das Letzte, was man erleben wollte, war, dass der Präsident bei einer Luftkollision der eigenen Maschinen ums Leben kam.
Nachdem die Piloten über die Wetterbedingungen unterrichtet worden waren, begann der Staffelkommandant, ein Colonel der Marines, mit der genauen Beschreibung der bevorstehenden Operation. Zehn VH-3-Maschinen würden heute zum Einsatz kommen, und sie wurden nach der Reihenfolge ihres Starts als Marine One, Marine Two und so weiter bis Marine Ten bezeichnet. Jeder einzelnen Division, die aus einem VH-3 und vier CH-53 bestand, wurde genau vorgegeben, in welcher Richtung sie das Weiße Haus verlassen sollte. Nachdem zwischen dem Start des ersten VH-3 von der South Lawn und dem Start des letzten Hubschraubers fast zwanzig Minuten lagen, teilte man den einzelnen Divisionen unterschiedliche Flugrouten zu. Wenn alle zehn Divisionen in der gleichen Richtung abgeflogen wären, hätten die Terroristen ohne weiteres in Position gehen und auf eine der letzten Gruppen feuern können.
Der blonde Killer trug Kontaktlinsen, die seine blauen Augen braun aussehen ließen. Auch diesmal war sein Gesicht, Hals und Hände braun geschminkt, und auf dem Kopf trug er eine Afro-Perücke. Er bog vom George Washington Memorial Parkway ab und lenkte den kastanienbraunen Van in das Glebe Nature Center. Dort fand er einen freien Parkplatz nahe am Fluss und stellte den Van bei einer kleinen Steinmauer ab. Etwa eineinhalb Kilometer südlich von ihm lag die Key Bridge und ein Stückchen nördlich von ihm die Chain Bridge. Er schaltete das Regiepult und die Monitore ein, die in dem Wagen installiert waren, den sie vor vier Monaten von einem bankrotten Fernsehsender in Cleveland gekauft hatten. Die kleine Satellitenschüssel auf dem Dach ermöglichte den Empfang der großen Sendeanstalten; der Killer war jedoch nur an den Programmen von CNN und ABC interessiert und legte sie auf die beiden oberen Monitore. CNN berichtete live von der South Lawn, während ABC immer noch sein normales Programm sendete. Schließlich stellte der Mann die Live-Sendefrequenz von ABC ein, worauf das Signal zuerst nur schwach hereinkam, ehe er mit etwas Feinabstimmung ein scharfes Bild bekam.
Die CNN-Korrespondentin für das Weiße Haus berichtete direkt von der South Lawn, und der Killer stellte den Ton etwas lauter. »Die Gäste des Präsidenten treffen seit einer Viertelstunde nach und nach ein.« Die Reporterin zeigte auf eine weitere Limousine, die auf das Gelände bog. »Es wurden die allerhöchsten Sicherheitsvorkehrungen getroffen, und die Anspannung ist deutlich zu spüren. Der Präsident wird sich in Kürze zu einem Light Lunch mit den Spitzen beider Parteien treffen. Gegen Mittag werden sie dann in die bereitstehenden Hubschrauber steigen und nach Camp David fliegen.« Der Moderator in Atlanta bedankte sich bei der Reporterin und unterbrach die Sendung für einige Werbespots. Der Killer blickte auf die Uhr und lehnte sich auf seinem Platz zurück. In einer Stunde würde die Operation beginnen.
Der Präsident und die Repräsentanten beider Parteien saßen an dem großen Konferenztisch im Roosevelt Room, während Navy-Stewards das Essen servierten und die Fotografen ihre Fotos machten. Die Sitzordnung war so festgelegt worden, dass Demokraten und Republikaner Seite an Seite saßen, um das gemeinsame Vorgehen zu demonstrieren. In einer Ecke waren mehrere Reporter versammelt, die den Politikern ihre
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