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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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aus welchem Grunde Sergio Muscas Silvano Vargius nicht offen beschuldigte, sondern weiter dessen Bruder Flavio belastete.
    1985, als klar war, daß er nicht für die sechs seit 1974 verübten Doppelmorde verantwortlich war, wurde Sergio erneut zu Flavio Vargius vernommen.
    »Es stimmt, daß ich gelogen habe, als ich Flavio angeschwärzt habe. Es stimmt auch, daß Silvano von mir verlangt hat, Flavio zu beschuldigen, die beiden hatten nämlich Streit. Bei diesem Streit ging es aber nicht um Belinda, sondern um Amelio, Silvanos Sohn. Silvano hat immer gesagt, Flavio hätte ihn verdorben, hätte ihm das Stehlen beigebracht und Haß auf den eigenen Vater eingeflößt. Silvano nahm den Jungen mit, als er wieder heiratete, aber die Sache ging schlecht aus. Der Junge lief von zu Hause weg und arbeitete eine Weile für einen Hirten – einen üblen Gesellen, ich vergesse seinen Namen immer wieder, aber er war dauernd mal im Gefängnis und mal wieder draußen. Meiner Meinung war er es, der den Jungen zu Diebstählen angestiftet hat, nicht Flavio. Amelio hat dann jedenfalls eine Weile bei Flavio gewohnt, und da fing der Streit zwischen Silvano und Flavio an. Der Grund dafür war nicht, weil Silvano wieder etwas mit Belinda angefangen hatte – ich weiß, er hat zwar gesagt, das hätte er nicht, aber das ist nicht wahr. Jedenfalls ging es nicht um sie, sondern Silvano war wütend, weil sein Sohn weggelaufen war, und er ist sogar zu den Carabinieri gegangen und wollte ihn zurückholen lassen. Er hat behauptet, der Junge habe ihm einen Lastwagen und ein Moped gestohlen und seine Werkstatt angezündet. Silvano glaubte, an allem sei Flavio schuld. Ob das stimmt oder nicht, kann ich nicht sagen. Es stimmt zwar, daß Amelio geschnappt wurde, als er mit fünfzehn einen Alfa Romeo stehlen wollte, aber da er zu der Zeit noch nicht volljährig war, wurde nichts weiter aus der Sache. Er war nun mal vernarrt in rote Sportwagen. Ich glaube, er hat ein paarmal welche geklaut oder es zumindest versucht – bis er sich selber einen kaufte, als er wieder nach Hause kam. Bei Flavio ist er nach ein paar Monaten wieder abgehauen und ist irgendwohin in den Norden gegangen, zur Schwester seiner Mutter. Zwei Jahre blieb er weg. Mehr ist da aber nicht gewesen. Für Silvano hatte aber Flavio den Jungen verdorben, und das hat er ihm nie verziehen, und deshalb sollte ich ihn auch anschwärzen. Sie können mir glauben oder auch nicht, wie Sie wollen, aber ich schwöre, daß das alles mit Belinda nichts zu tun hatte. Jetzt habe ich Ihnen die Wahrheit gesagt. Flavio hat es jedenfalls getan, und wenn Sie ihn herholen, sage ich ihm das auch ins Gesicht.«
    Die widersprüchlichen Elemente dieser letzten Aussage wurden einzeln untersucht.
    6.4. Silvano Vargius im Jahre 1968 Silvanos Alibi für die Nacht des 22. August war vermutlich in der mündlichen Befragung überprüft worden, seine Angabe hierzu war jedoch schriftlich nicht festgehalten worden. Silvano hatte angegeben, in jener Nacht mit einem jungen Mann namens Salvatore Angius Billard gespielt zu haben. Angius, ein wohnsitzloser sardischer Arbeiter, war Silvano aus mehreren Gründen verpflichtet. Vargius hatte Angius bei mehreren Bauten beschäftigt und für ihn Wohngelegenheiten aufgetrieben. Die Mehrzahl der befragten Personen sagte aus, Vargius habe ihn behandelt wie einen Sohn. Angius lebte noch immer in der Toskana und war als Bauarbeiter beschäftigt. Bei seiner Vernehmung im Jahre 1984 gab er an, daß er oft mit Silvano Billard gespielt habe, sich aber nicht sicher sei, an welchem Tag der betreffenden Woche sie zusammengewesen seien. Niemand kam noch einmal auf diese Ungenauigkeit zurück, und später wurde Sergio verurteilt. Salvatore war immer noch mit Silvano in Kontakt, arbeitete nun aber nicht mehr für ihn. Silvano besitze inzwischen, sagte er, eine Firma für Notdienste an Häusern, die Art Firma, die man anrufe, wenn man sich selbst ausgesperrt oder im Haus einen Wasserrohrbruch habe.
    Die Angestellten der Firma »Blitzservice für dein Haus« wurden im Frühjahr 1984 befragt. Dabei ergaben sich zwei völlig neue Erkenntnisse über Silvanos Alibi für den Mordtag 1968: Erstens handelte es sich bei der Beziehung zwischen ihm und dem viel jüngeren Angius um eine homosexueller Art, und zweitens hatte Angius als seine eigene Adresse diejenige von Flavio genannt, als man ihn fragte, ob er Silvanos Alibi bestätigen könne. Diese Adresse hatte er jahrelang als seinen offiziellen Wohnsitz

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