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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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stimmt's?«
    Poole nickte. »Sie war meine Sprechstundenhilfe bei der Anmeldung.«
    »Und trotzdem mußten Sie Distanz zu ihr halten?«
    »Ich ... wir hörten auf, miteinander intim zu sein.«
    Poole schien gleichzeitig in alle Richtungen zu schauen, zupfte an seinem Kragen. Er würgte den Satz murmelnd heraus, so daß er gerade noch zu hören war. »Es klappte einfach nicht mehr bei mir ... es mag merkwürdig klingen, aber ich hatte Angst vor ihr ...«
    Hardy sprang auf und erhob Einspruch, dem aber nicht stattgegeben wurde. Er fing an, mit Villars zu debattieren, und brachte vor, daß Poole nicht die Frage beantwortet hätte, ob die beiden nun aufgehört hätten, miteinander intim zu sein. Villars zeigte mit dem Finger auf Hardy und fragte, ob er schwerhörig sei - sie hatte ihre Entscheidung verkündet. Er mußte aufhören. Er riskierte eine Strafe wegen Mißachtung des Gerichts, aber was schlimmer war, er lief Gefahr, den Respekt der Geschworenen zu verlieren. Ersteres konnte er wegstecken, aber letzteres konnte Jennifers Untergang sein. Er setzte sich wieder hin.
    Powell wiederum war nicht gewillt, eine Urteilsaufhebung zu riskieren, indem er wiederholt hätte, warum Dr. Poole Angst gehabt hatte. Aber andererseits mußte er das natürlich nicht - die Geschworenen würden sich daran erinnern, was mit Ned geschehen war. Wie sich herausstellte, hatte Powell das ohnehin nicht nötig - die Richtung, die er einschlug, war katastrophal genug. »Und was passierte dann?«
    »Ich habe versucht, Jennifer zu sagen, daß es keinen Sinn mehr hat, daß es einfach nicht mehr funktioniert, aber sie, äh, sie ...« Er sah erneut Jennifer an.
    »Lassen Sie sich Zeit«, sagte Powell.
    Poole überlegte, wie er es formulieren sollte.
    »Schließlich kam ich zu dem Entschluß, daß ich die Affäre mit ihr beenden und sie gleichzeitig entlassen mußte.«
    Es gab einige Unruhe im Saal. Mehrere Geschworene rückten auf ihren Stühlen nach vorn. Hardy tat das ebenfalls. Wie der einmal hatte er nichts davon gewußt.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Naja, sie drehte ziemlich durch ...«
    »Was meinen Sie mit durchdrehen? Hat sie Sie bedroht? Wurde sie tätlich?«
    »Beides.« Er hielt inne und schluckte mehrmals. »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, Sir. Tut mir leid.«
    Powell war vorbereitet. »Hat sie Sie tätlich angegriffen?«
    »Ja.«
    »Mit einer Waffe?«
    »Nun ja, mit ein paar Sachen aus der Praxis, das ja.«
    »Scharfe Gegenstände? Medizinische Instrumente?«
    »Ja.«
    »Wurden Sie verletzt?«
    »Sie brachte mir ziemlich wüste Kratzwunden an den Armen und im Gesicht bei.« Er schüttelte den Kopf. »Sie war ziemlich durchgedreht.«
    Hardy erhob sich erneut. »Euer Ehren, das ist nun das zweite Mal, daß dieser Zeuge die Angeklagte als durchge dreht bezeichnet hat.«
    Villars sprach mit unbewegter Miene die Jury an: »Verges sen Sie diese Charakterisierung«, sagte sie. »Stattgegeben, Mr. Hardy.« Sie lächelte ihn kalt an.
    Powell machte unbeirrt weiter. »Sie hat Sie an den Armen und im Gesicht gekratzt?«
    Hardy erhob sich rein instinktiv wieder. »Gefragt und be reits beantwortet, Euer Ehren.«
    Powell drehte sich zu ihm um, dann zu den Geschworenen, hatte die Arme weit ausgestreckt. Villars verlor keine Zeit.
    »Lassen Sie den Ankläger diesen Zeugen befragen, Mr. Hardy. Ihre Chance kommt noch. Abgelehnt.«
    Zum zweiten Mal hatten die Geschworenen gehört, daß Jennifer Dr. Poole an den Armen und im Gesicht gekratzt hatte. Jetzt fragte Powell: »Sie haben ferner gesagt, daß die Angeklagte Sie bedroht hat. Wie lautete die Drohung?«
    Poole schluckte und bekam die Antwort nur mit Mühe her aus. »Sie hat gesagt, sie wird mich umbringen, wenn ich meine Entscheidung nicht rückgängig mache.«
    »Sie würde Sie umbringen«, wiederholte Powell.
    »Jawohl, Sir.«
    »Glaubten Sie denn, sie würde es tun?«
    Hardy, dem es mächtig gegen den Strich ging, der aber nicht anders konnte - Powell provozierte ihn -, stand auf, um Einspruch einzulegen, aber Powell lächelte großzügig. »Ich ziehe die Frage zurück. Ihr Zeuge.«
    Jetzt machte ihm die Müdigkeit zu schaffen. Wenn Powell seinen Rhythmus gefunden hatte, hatte Hardy den Eindruck, seinen verloren zu haben, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als vorwärtszumarschieren.
    »Dr. Poole«, begann er, »dieser tätliche Angriff, den Jennifer Witt auf Sie ausübte - war das, nachdem Sie sich von ihr ge trennt hatten oder nachdem Sie ihr gekündigt hatten?«
    »Na ja, das

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