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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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setzte.
    Powell starrte sie an. Er ließ die Schultern hängen. »Ich ver stehe nur eines nicht, nämlich wieso Sie Matt erschießen mußten«, flüsterte er. Er drehte sich um und verkündete, daß er keine weiteren Fragen habe.
    Die Geschworenen mußten zweimal abstimmen, berieten zwei Stunden und siebzehn Minuten lang. Das Abstim mungsergebnis war, wie es vom Gesetz vorgeschrieben war, einstimmig. Und es lautete auf die Todesstrafe.

Teil fünf

50
    Hardy wachte schweißgebadet auf, schnappte nach Luft, das grüne Zimmer wurde immer enger, als das nach Bit termandel riechende, ätzende Gas sich den Weg hinunter in seine Lungen suchte, sie nach innen implodieren ließ und ihn in stumme Agonie versetzte - im Traum erwachte er durch den Schrei. Im wirklichen Leben würde der Schrei bei dieser Todesart stumm sein, bereits in dem Augenblick erstickt, als er entstand.
    Alles war in Ordnung. Er befand sich im Schlafzimmer, Frannie lag schlafend neben ihm. Dem Wecker neben dem Bett zufolge war es kurz nach drei - er hatte fast zwei Stunden geschlafen.
    Er stand auf und ging nackt ins Badezimmer, um sich Was ser ins Gesicht zu spritzen. Er hatte geschwitzt - das Haar klebte ihm am Kopf. Er schluckte Aspirin mit Wasser und strich sich über die Haut um seine Augen - die schwarzen Ränder unter den Augen ließen sich nicht abwaschen.
    Er setzte sich, noch immer unbekleidet, im Wohnzimmer in seinen Sessel. Es war kalt, kälter als sonst um diese Jahreszeit. Nach einigen Minuten hörte er Schritte, und Frannie stand neben ihm.
    »Schlecht geträumt?« Sie setzte sich auf seinen Schoß und schlang ihm die Arme um den Hals. »Du fühlst dich ganz klebrig an«, sagte sie.
    Er war nicht in der Lage, etwas zu sagen. Ihre Hände strei chelten ihm über den Kopf, strichen sein Haar glatt. Er um armte sie und drückte sie fest an sich.
    »Ich hol dir eine Decke.«
    Als sie wiederkam, hatte er Schüttelfrost. Er konnte gar nicht mehr aufhören. Sie legte ihm die Decke um und ver schwand wieder, um noch eine zweite, dickere Decke zu holen. Als sie wiederkam, hatte er sich schon wieder bloß gedeckt und atmete schwer. Sie wickelte ihn in die zweite Decke, rieb mit der Hand über seine feuchte, heiße Stirn und legte sich auf dem Fenstersitz unter eine farbige Wolldecke, den Kopf auf einem Sitzkissen neben den Knien ihres Mannes.
    Er wachte erneut auf. Bis zur Dämmerung schien es noch weit zu sein.
    Vom Sessel aus lauschte er in die Dunkelheit, versuchte, irgend etwas jenseits der Geräusche in dem stillen Haus zu hören - der Atem Frannies neben ihm im Erker, das Gurgeln des Aquariums ganz hinten in ihrem Schlafzimmer.
    Irgend etwas - vielleicht ein Geräusch, glaubte er - war in sein Bewußtsein gedrungen.
    Ein Kälteschauer schüttelte ihn, gefolgt von einem plötzlichen Schrecken. Wenn er tatsächlich der Sache auf die Spur gekommen war, von der er überzeugt war - angenommen, irgendwer versuchte zu verhindern, daß er das, was er wußte, an die Öffentlichkeit brachte?
    Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie er ins Bett ge kommen war. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie er in diesen Sessel gekommen war oder warum Frannie hier neben ihm lag. Er warf die Decke ab und überlegte, daß er her eingekommen, die Schuhe ausgezogen und dann zusammengebrochen sein mußte. Seine Pistolen!
    Seine Waffen aus der Zeit als Polizist lagen im verschlossenen Safe. Als Rebecca das Zimmer bekommen hatte, das ihm vorher als Büro diente, hatte er den Safe herausgehievt und hinter der Küche auf dem obersten Regal über seiner Werkbank verstaut. Jetzt zwang er sich, benommen und unsicher auf den Beinen, wie er war, aufzustehen, ging quer durchs Haus und machte alle Lichter an.
    Der Safe war nicht angerührt worden. Er öffnete ihn. Die Waffen lagen noch dort. Er war tatsächlich kurz vorm Durchdrehen. Kein Mensch verfolgte ihn. Nicht hier. Nicht bei ihm zu Hause.
    Und dann kam ihm der Gedanke, daß Larry Witt vielleicht genau dasselbe gedacht hatte. Und ebenso Simpson Crane. Und beide waren mit ihren eigenen Waffen in ihren eigenen vier Wänden erschossen worden -
    Lächerlich.
    Mit der .38er in seiner Hand beschloß er zitternd, daß er, um sicherzugehen, auch den Rest des Hauses absuchen würde. Es blieb nicht mehr viel übrig. Vincents Zimmer, Rebeccas Zimmer, das Elternschlafzimmer. Er ging wieder zurück in die Küche, ins Eßzimmer, ins Wohnzimmer, ging den langen Flur entlang und machte alle Lichter an. Nichts. Er war verrückt

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